SIGMARINGEN — Geflüch­te­te aus der Gemein­schafts­un­ter­kunft des Landkrei­ses Sigma­rin­gen in Mengen haben in den vergan­ge­nen Tagen ein zuletzt vernach­läs­sig­tes Feucht­bio­top an der Ablach im Ortsteil Enneta­ch freige­räumt – und damit wieder hochwer­ti­gen Lebens­raum und Nahrung für Amphi­bi­en, Insek­ten und eine Vielzahl an Vogel­ar­ten geschaffen.

Weil eine Befah­rung mit schwe­rem Gerät nicht möglich ist, war Handar­beit gefragt: Unter der Anlei­tung von Heinz Brandt, der in Pfullen­dorf das Landschafts­pfle­ge-Unter­neh­men „Die Grünwerk­statt“ betreibt, und seinem Team brach­ten die Männer kleins­te Weiden und dicks­te Äste auf eine angren­zen­de Wiese, um das Materi­al dort zum Abtrans­port bereit­zu­le­gen. Unter­stützt wurden die Helfer von Josef Warnke aus Herdwan­gen-Schönach, der für das Projekt einen Traktor mit Seilwin­de zur Verfü­gung stell­te. Nachdem der Bioland­wirt ihnen Anwen­dung und Funkti­ons­wei­se erklärt hatte, konnten diese das Großge­rät auch selbst­stän­dig bedienen.

1998 war die Fläche noch als vielfäl­ti­ges Feucht­bio­top mit Sauer­grä­sern, Schilf, Grauwei­den und typischen, feuch­te­lie­ben­den Hochstau­den wie Mädesüß und Blutwei­de­rich in der Biotop­kar­tie­rung hervor­ge­ho­ben. Infol­ge mangeln­der Pflege übernah­men jedoch dichte Weiden­ge­bü­sche die Fläche, die ihre ökolo­gi­sche Funkti­on dadurch stark einbüß­te: Wegen der starken Beschat­tung konnten sich Amphi­bi­en­lar­ven und Wasser­in­sek­ten nicht mehr entwi­ckeln und der Wuchs blüten­rei­cher Stauden war stark eingeschränkt.

Um eine solche Verbu­schung in Zukunft zu verhin­dern, soll das Feucht­bio­top nun wieder regel­mä­ßig gepflegt werden. Je nachdem, wie sich Flora und Fauna entwi­ckeln, entschei­det sich, ob die Fläche gemäht oder bewei­det wird. Für Amphi­bi­en, Insek­ten und Vögel ist die Ausgleichs­maß­nah­me aber bereits jetzt ein großer Zugewinn: Die vielen kleine­ren und größe­ren Wasser­flä­chen bieten ihnen wieder hochwer­ti­gen Lebens­raum und Nahrung.

Die Geflüch­te­ten gingen vom ersten Tag an motiviert ans Werk. Heinz Brandt erkann­te schnell, dass er Unter­stüt­zer hat, die „arbei­ten können, sehen, was zu tun ist und nicht rumste­hen“, wie er sagt. In den Pausen ergab sich zudem immer wieder die Gelegen­heit, mitein­an­der ins Gespräch zu kommen. So berich­te­te Sayed, der 2023 aus Afgha­ni­stan nach Deutsch­land geflo­hen ist, von seinem Jurastu­di­um in Afgha­ni­stan und seiner Tätig­keit als jungem Rechts­an­walt. Er lehnt die Herrschaft der Taliban in seiner alten Heimat ab, bemän­gelt, dass seine Schwes­ter nicht zur Schule darf und sieht Deutsch­land als seine neue Heimat. Aktuell lernt er mittels Inter­net­vi­de­os Deutsch und hofft, bald einen Platz in einem Deutsch­kurs zu bekom­men. Neben­bei würde er gerne arbei­ten. „Ich bin jung, ich kann arbei­ten“, sagt er. Große Hoffnun­gen, dass sein Studi­en­ab­schluss in Deutsch­land anerkannt wird, macht er sich jedoch nicht.

Die Biotop­pfle­ge ist Bestand­teil des Natur­schutz­kon­zepts, das als Ausgleich für die Errich­tung der Unter­kunft in Mengen erarbei­tet wurde. Organi­siert wurde die Aktion vom Fachbe­reich Migra­ti­on und Integra­ti­on des Landrats­amts Sigma­rin­gen. Sanja Mühlhau­ser, Integra­ti­ons­be­auf­trag­te des Landkrei­ses, rekru­tier­te die freiwil­li­gen Helfer und statte­te sie mit Arbeits­schu­hen und Handschu­hen aus. Gerne würden die Geflüch­te­ten als Minijob­ber oder sozial­ver­si­che­rungs­pflich­tig Beschäf­tig­te arbei­ten. Arbeit­ge­ber, die bereit sind, einen zupacken­den Geflüch­te­ten auch ohne Deutsch­kennt­nis­se nach den Vorga­ben des Mindest­lohns zu beschäf­ti­gen, können sich per E‑Mail an sanja.muehlhauser@lrasig.de an die Integra­ti­ons­be­auf­trag­te des Landkrei­ses wenden.