DRESDEN (dpa) — In das vorweih­nacht­li­che Dresden platzt am Samstag­vor­mit­tag die Meldung einer Geisel­nah­me in einem Einkaufs­zen­trum in der Innen­stadt. Ein Mann hatte zuvor seine Mutter getötet. Bei einem Radio­sen­der fallen Schüsse.

Riesen­auf­re­gung im vorweih­nacht­li­chen Dresden: Ein Mann hat am Samstag­vor­mit­tag in einem Einkaufs­zen­trum zwei Geiseln genom­men. Gegen Mittag überwäl­ti­gen Einsatz­kräf­te den offen­bar psychisch Kranken, der dabei schwer verletzt wird und später stirbt. Zuvor hatte er nach Erkennt­nis­sen der Polizei seine Mutter getötet, auch in einem Büroge­bäu­de, wo unter anderem ein Radio­sen­der seinen Sitz hat, fallen Schüsse.

Gegen 7.20 Uhr fand die Polizei am Samstag­mor­gen die leblo­se Mutter des Mannes in einem Mehrfa­mi­li­en­haus im Dresd­ner Stadt­teil Prohlis. Ein hinzu­ge­ru­fe­ner Notarzt konnte nur noch deren Tod feststellen.

Angriff auf Radio­sen­der — Schüs­se durch die Tür

Im Anschluss soll der Mann zu einem Büroge­bäu­de gegan­gen sein, in dem auch der Sender «Radio Dresden» seinen Sitz hat. Der Mann habe versucht, eine Tür zu zerstö­ren und einzu­drin­gen, sagte der Geschäfts­füh­rer des Senders, Tino Utassy, der Deutschen Presse-Agentur. Nachdem es ihm nicht gelun­gen sei, in die Räume zu gelan­gen, habe er durch ein Loch in der Tür geschos­sen. «Die Mitar­bei­ter waren glück­li­cher­wei­se so geistes­ge­gen­wär­tig und sind dann durch einen zweiten Ausgang ausge­ris­sen und geflo­hen», sagte Utassy. Alle blieben nach Angaben des Senders unver­letzt. Der Täter habe das Gebäu­de nach den Schüs­sen verlassen.

Betrof­fen gewesen seien die Teams der Morning­shows für Hitra­dio RTL und Radio Dresden. Der Mann habe am Samstag­mor­gen gegen 8.30 Uhr versucht, in die Studi­os einzu­drin­gen. Es sei schwer­lich zu beschrei­ben, wie es den Mitar­bei­tern gehe. «Sie sagen, es geht ihnen gut, aber genau wissen wir es natür­lich auch nicht. Wir werden natür­lich alles machen, damit sie da die entspre­chen­de Hilfe bekom­men», sagte Utassy.

Zwei Geiseln in dem Einkaufscenter

Dritter Tatort war dann die Dresd­ner Altmarkt-Galerie. Dort nahm der Mann nach Angaben der Polizei eine Angestell­te und ein Kind als Geiseln. Die Polizei evaku­ier­te das Einkaufs­zen­trum und angren­zen­de Berei­che. Mehre­re Menschen kamen in einem Bus der Dresd­ner Verkehrs­be­trie­be unter und wurden dort betreut. Auch der berühm­te Strie­zel­markt blieb vorerst geschlos­sen — erst am frühen Nachmit­tag wurde er wieder geöff­net. Die Polizei bat wegen der Geisel­nah­me, die Dresd­ner Innen­stadt zu meiden. Der Bereich rund um die Altmarkt-Galerie sei abgesperrt. Aufgrund des Polizei­ein­sat­zes kam es in Dresden den ganzen Tag über zu Verkehrseinschränkungen.

Zum Motiv des mutmaß­li­chen Täters erklär­te ein Polizei­spre­cher, dass der Mann in seinem psychi­schen Verhal­ten sehr auffäl­lig gewesen sei. «Wir gehen am ehesten von einer psychi­schen Erkran­kung aus.» Der Polizei sei ansons­ten nichts offen­kun­dig bekannt.

Etliche Fragen sind aber noch offen: Woher hatte der Täter Waffen? Was war der Hinter­grund der Tat? Wie genau lief die Festnah­me ab, bei der der Mann tödli­che Verlet­zun­gen erlitt? Wie geht es den beiden Geiseln, die zumin­dest körper­lich wohl unver­sehrt blieben?

Dank an die Einsatzkräfte

Sachsens Minis­ter­prä­si­dent Micha­el Kretschmer (CDU) sprach den Opfern sein Mitge­fühl aus. «Ich bin erleich­tert, dass diese bedroh­li­che Situa­ti­on beendet werden konnte. Ich danke allen betei­lig­ten Einsatz­kräf­ten der sächsi­schen Polizei für ihr entschlos­se­nes und umsich­ti­ges Handeln», schrieb Kretschmer am Samstag bei Twitter.

Sachsens Innen­mi­nis­ter Armin Schus­ter (CDU) bedank­te sich bei den Einsatz­kräf­ten. «Den Einsatz­kräf­ten danke ich für ihr schnel­les und beson­ne­nes Handeln, wodurch womög­lich Schlim­me­res verhin­dert werden konnte», sagte er laut einer Mittei­lung am Samstag. Er sei entsetzt über die Tat eines vermut­lich psychisch verwirr­ten Einzel­tä­ters und erleich­tert darüber, dass die Polizei die beiden in der Gewalt des Täters befind­li­chen Perso­nen angesichts der schwie­ri­gen Lage unver­letzt befrei­en konnte. Dresdens Oberbür­ger­meis­ter Dirk Hilbert zeigte sich betrof­fen und dankte ebenfalls den Einsatz­kräf­ten. «Diese Tat zeigt, wie zerbrech­lich die vorweih­nacht­li­che Besinn­lich­keit und Unbeschwert­heit sein kann», sagte der FDP-Politiker.

Von Jörg Schurig, Birgit Zimmer­mann und Micha­el Zehen­der, dpa