Berlin – Die Entschei­dung des Berli­ner Verwal­tungs­ge­richts über das Verbot der geplan­ten Demons­tra­ti­on gegen die Corona-Politik ist gefal­len: Die Demo darf stattfinden

Die von der Initia­ti­ve „Querden­ken 711“ für den 29. August 2020 geplan­te Versamm­lung gegen die Corona-Politik von Bund und Ländern kann nach einem Eilbe­schluss des Verwal­tungs­ge­richts Berlin statt­fin­den; aller­dings muss der Veran­stal­ter bei deren Abhal­tung Aufla­gen einhalten.

Wie der Tages­spie­gel schreibt, sagte der Einsatz­lei­ter der Berli­ner Polizei, dass mehr als 3000 Beamte im Einsatz sein werden, auch Kräfte aus mehre­ren Bundes­län­dern und dem Bund.

Gegner der Corona-Maßnah­men hatten unter anderem eine größe­re Demons­tra­ti­on auf der Straße des 17. Juni am Samstag in der Haupt­stadt angemel­det. Die Polizei unter­sag­te diese. Die Polizei nannte als Grund für das Verbot, dass durch die Ansamm­lung Zehntau­sen­der Menschen – oft ohne Maske und Abstand – ein zu hohes Gesund­heits­ri­si­ko für die Bevöl­ke­rung entste­he. Gegen dieses Verbot hatten sich die Gegner der Corona-Maßnah­men vor dem Verwal­tungs­ge­richt Berlin gewehrt, dass die Versamm­lung jetzt erlaubte.

Demons­tra­ti­ons-Initia­tor Micha­el Ballweg hatte dagegen in einer Erklä­rung von einem «feind­li­chen Angriff auf das Grund­ge­setz» gespro­chen und . Zur größten Kundge­bung am Wochen­en­de hatte die Initia­ti­ve Querden­ken 711 aus Stutt­gart für Samstag­nach­mit­tag 22.000 Teilneh­mer angemeldet.

 

Presse­mit­tei­lung des Berli­ner Verwaltungsgerichts:

Der Polizei­prä­si­dent in Berlin hatte die als „Fest für Frieden und Freiheit“ angemel­de­te Versamm­lung, zu der 22.500 Teilneh­mer erwar­tet werden, mit Bescheid vom 26. August 2020 sofort vollzieh­bar verbo­ten. Zur Begrün­dung berief sich die Versamm­lungs­be­hör­de auf die Gefah­ren, die mit der Durch­füh­rung der Veran­stal­tung für die körper­li­che Unver­sehrt­heit anderer einher­gin­gen. Es sei aufgrund der Erfah­run­gen mit einer gleich­ge­la­ger­ten Versamm­lung am 1. August 2020 zu erwar­ten, dass die Teilneh­mer die Vorga­ben zum Infek­ti­ons­schutz – insbe­son­de­re zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung und zur Einhal­tung eines Mindest­ab­stands unter­ein­an­der – nicht beach­ten würden. Daher gehe mit der Abhal­tung der Versamm­lung ein deutlich erhöh­tes Infek­ti­ons­ri­si­ko der Bevöl­ke­rung mit COVID-19 einher. Vor diesem Hinter­grund seien milde­re Mittel als ein Verbot zur Abwehr der Gefahr nicht ersichtlich.

Der hierge­gen gerich­te­te Eilan­trag hatte überwie­gend Erfolg. Die 1. Kammer vernein­te das Vorlie­gen einer nach dem Versamm­lungs­ge­setz für ein Versamm­lungs­ver­bot zu fordern­den unmit­tel­ba­ren Gefahr für die öffent­li­che Sicher­heit bei der geplan­ten Versamm­lung. Die von der Versamm­lungs­be­hör­de angestell­te Gefah­ren­pro­gno­se genüge nicht den verfas­sungs­recht­li­chen Vorga­ben. Nach der SARS-CoV-2-Infek­ti­ons­schutz­ver­ord­nung des Landes Berlin seien Versamm­lun­gen grund­sätz­lich zuläs­sig; hierbei nehme der Verord­nungs­ge­ber– wie die fehlen­de Obergren­ze der Teilneh­mer­zahl zeige — aber ein erhöh­tes Infek­ti­ons­ri­si­ko in gewis­sem Umfang in Kauf. Zwar müsse der Veran­stal­ter einer Versamm­lung ein indivi­du­el­les Schutz- und Hygie­ne­kon­zept erstel­len, das Tragen einer Nase-Mund-Bedeckung sei indes nur „erfor­der­li­chen­falls“ Teil eines solchen Konzepts.

Vorlie­gend habe der Anmel­der ein solches Konzept vorge­legt, und es sei nicht zu erken­nen, dass er das Abstands­ge­bot bewusst missach­ten werde. Eine solche Progno­se lasse sich weder aus dem Verlauf der Versamm­lung am 1. August 2020 noch aus der kriti­schen Haltung der Teilneh­mer zur Corona-Politik ablei­ten. Vielmehr habe der Anmel­der u.a. durch die Bereit­stel­lung von 900 Ordnern und 100 Deeska­la­ti­ons­teams hinrei­chen­de Vorkeh­run­gen dafür getrof­fen, entspre­chend auf die Teilneh­mer einzu­wir­ken. Unabhän­gig hiervon habe die Versamm­lungs­be­hör­de Alter­na­ti­ven zum Versamm­lungs­ver­bot nur unzurei­chend geprüft (etwa die Änderung der Örtlich­keit oder eine Begren­zung der Teilnehmerzahl).

Das Gericht hat dem Veran­stal­ter aller­dings Aufla­gen zur Einhal­tung des Mindest­ab­stan­des gemacht: So muss dieser im Bühnen­be­reich Gitter zur Vermei­dung einer Perso­nen­bal­lung aufstel­len, und er muss mittels bestän­dig wieder­hol­ter Durch­sa­gen und unter Einsatz seiner Ordner sicher­stel­len, dass auch die übrigen Teilneh­mer die Mindest­ab­stän­de einhal­ten. Das Gericht hat abschlie­ßend ausdrück­lich darauf hinge­wie­sen, dass es der Versamm­lungs­be­hör­de frei stehe, ggf. weite­re Aufla­gen zur Einhal­tung des Mindest­ab­stan­des zu erlassen.

Gegen den Beschluss kann Beschwer­de beim Oberver­wal­tungs­ge­richt Berlin-Branden­burg einge­legt werden.