Weil sie ihren pflege­be­dürf­ti­gen Vater vergif­tet haben soll, ist eine Frau am Mittwoch vom Landge­richt Traun­stein zu lebens­lan­ger Haft wegen Mordes verur­teilt worden. Die 55-Jähri­ge soll dem Mann eine Überdo­sis an Medika­men­ten unter sein Lieblings­ge­richt — saures Lüngerl — gemischt und ihn dadurch getötet haben. Die Tochter der Frau und Enkelin des 75 Jahre alten Opfers wurde zu vier Jahren Haft verur­teilt. Die Anwäl­te der beiden Frauen kündig­ten an, das Urteil anfech­ten zu wollen.

Auslö­ser sei ein Streit um die Immobi­lie des 75-Jähri­gen gewesen, meinte der Vorsit­zen­de Richter. Anders als die Staats­an­walt­schaft sah er aber nicht Habgier als Motiv für den Mord. «Ihr Ziel war der Schutz der Familie.» Die 30-jähri­ge Tochter der Haupt­be­schul­dig­ten habe zu dem Zeitpunkt in der Wohnung über ihrem Großva­ter gelebt und sei für dessen Pflege und Versor­gung verant­wort­lich gewesen. Das enge Zusam­men­le­ben habe aber zu immer mehr Spannun­gen geführt, sagte der Richter. Der Großva­ter habe gewollt, dass die Tochter und ihr Mann auszie­hen. Dagegen wollte die Mutter nach Einschät­zung des Gerichts vorgehen.

So soll sie vor mehr als einem Jahr seine Leibspei­se vergif­tet haben. Ihre Tochter habe das mitbe­kom­men, sei ihrem Großva­ter aller­dings nicht zu Hilfe gekom­men. Die beiden Frauen hätten ein enges Verhält­nis zuein­an­der gehabt, sagte der Richter. Für die Tochter sei es eine schwie­ri­ge Situa­ti­on gewesen, sie habe aber «wissent­lich die falsche Entschei­dung getrof­fen» und keine Hilfe geholt.

Nach dem Tod des 75-Jähri­gen habe die Jünge­re das Gesche­he­ne nicht mit ihrem Gewis­sen verein­ba­ren können. Sie habe sich anderen Angehö­ri­gen teils anver­traut. Dieses «mensch­li­che Verhal­ten» habe schließ­lich zu dem Straf­ver­fah­ren geführt. Die Angehö­ri­gen des Opfers erstat­te­ten Anzei­ge, die Leiche wurde exhumiert.

In seinem Schluss­plä­doy­er am Montag hatte der Staats­an­walt von einem «fast perfek­ten Mord» gespro­chen. Der angeklag­ten Mutter warf er niedri­ge Beweg­grün­de und Heimtü­cke vor. Der Tochter hielt die Staats­an­walt­schaft ein Teilge­ständ­nis zugute und forder­te eine Freiheits­stra­fe von sieben Jahren.

Die Anwäl­te der zwei Frauen kündig­ten nach der Urteils­ver­kün­dung an, Rechts­mit­tel einle­gen zu wollen. Sie hatten Freispruch für die Mutter und eine sechs­mo­na­ti­ge Bewäh­rungs­stra­fe für die Tochter gefordert.