STUTTGART — Nach dem Beschluss von Bund und Ländern, den Corona-Lockdown zu verlän­gern, bezeich­ne­te die Haupt­ge­schäfts­füh­re­rin des Handels­ver­bands Baden-Württem­berg (HBW), Sabine Hagmann, die wirtschaft­li­che Lage der Handels­bran­che in Baden-Württem­berg als „wirklich katastrophal“.

Als große Erleich­te­rung für den mittel­stän­di­schen Einzel­han­del bezeich­net sie die Locke­rung des Verbo­tes von „Click & Collect“ in Baden-Württem­berg. „Endlich ist unseren massi­ven Forde­run­gen an dieser Stelle nachge­ge­ben worden“, so Hagmann.

„Je länger der Lockdown dauert, desto mehr Unter­neh­men kommen an die Grenzen ihrer Möglich­kei­ten und desto mehr werden pleite­ge­hen“, sagte Hagmann zu dem Beschluss. Im Hinblick auf drohen­de Insol­ven­zen im Handel in Baden-Württem­berg sagte sie: „Im schlimms­ten Fall muss man mit einer Verdopp­lung der von uns prognos­ti­zier­ten 6.000 Schlie­ßun­gen auf rund 12.000 Schlie­ßun­gen und Insol­ven­zen in den nächs­ten zwei Jahren rechnen.“

Kurzfris­tig stünden dadurch 100.000 Arbeits­plät­ze im Handel im Südwes­ten auf der Kippe, langfris­tig seien bis zu 200.000.

Die Branche fühle sich in dieser Krise allei­ne gelassen.

„Es werden zwar immer Milli­ar­den­hil­fen von Seiten der Politik angekün­digt, tatsäch­lich kommen die Hilfen aber im Einzel­han­del nicht zur Auszah­lung, weil die Zugangs­hür­den viel zu hoch sind“, so Hagmann.

Die Wirtschafts­hil­fen, die ledig­lich auf der Basis von Betriebs­kos­ten­er­stat­tun­gen berech­net würden, gingen zudem an den tatsäch­li­chen Bedürf­nis­sen vor allem des Modeein­zel­han­dels vorbei.

„Im Modeein­zel­han­del beispiels­wei­se müssen die Händler ihre Ware bereits ein Jahr im Voraus ordern, diese wird dann bereits mehre­re Wochen vor Beginn der Saison gelie­fert, zu diesem Zeitpunkt muss auch gezahlt werden“, sagte Hagmann.

Sie plädier­te deshalb erneut dringend für adäqua­te Finanz­hil­fen: „Viele Unter­neh­men, die von der Lockdown-Verlän­ge­rung betrof­fen sind, haben ihr Eigen­ka­pi­tal weitge­hend aufge­zehrt und benöti­gen wirtschaft­li­che Unterstützung.“

Die Branche benöti­ge zudem Planbar­keit, auch, wenn dies in dieser schwie­ri­gen Zeit schwer machbar sei.

„Wir brauchen schnell ausrei­chend staat­li­che Hilfen. Wir fordern für die Betrie­be unserer Branche Zuschüs­se nach dem Vorbild der außer­or­dent­li­chen Novem­ber- und Dezem­ber­hil­fen, von denen beispiels­wei­se das bereits seit länge­rem weitge­hend geschlos­se­ne Gastge­wer­be profitiert.“

In diesem Zusam­men­hang begrüßt der HBW die Aufhe­bung des in Baden-Württem­berg herrschen­den Verbots von Click & Collect. Dies hatte es dem mittel­stän­di­schen Einzel­han­del im Weihnachts­ge­schäft seit 16. Dezem­ber verbo­ten, dass Kunden, Waren online bestel­len und dann im statio­nä­ren Geschäft vor Ort abholen.

„Wir sind bereits vor Beginn des zweiten Lockdowns Mitte Dezem­ber davon ausge­gan­gen, dass Click & Collect im Handel möglich sein wird. Dass es dann doch nicht so gekom­men ist, war eine Vollka­ta­stro­phe für die Händler“, so Hagmann.

Insofern sei die Aufhe­bung des Click & Collect-Verbots überle­bens­not­wen­dig für die Händler.

„Viele Händler haben in den vergan­ge­nen Monaten entspre­chen­de Click & Collect-Angebo­te unter Einhal­tung aller Hygie­ne­maß­ga­ben entwi­ckelt, die müssen sie nun auch nutzen dürfen.“

„Zu wünschen“ wäre in jedem Fall ein baldi­ges Ende des Lockdowns, so Hagmann. Dabei müsse berück­sich­tigt werden, dass der Handel nach einem Ende des Lockdown dann dauer­haft und planbar geöff­net bleibe. Die Branche könne sich nicht von einem Lockdown zum nächs­ten hangeln. Der Einzel­han­del sei kein Corona-Hotspot. Die Erkran­kungs­zah­len bei den Mitar­bei­tern im Handel beweg­ten sich auf unauf­fäl­li­gem Niveau. Daraus folgt: „Es ist nicht gerecht­fer­tigt, den Einzel­han­del zu schlie­ßen, während die wirkli­chen Hotspots unbehel­ligt bleiben. Das ist nur dann akzep­ta­bel, wenn der Einzel­han­del adäqua­te Wirtschafts­hil­fen bekommt. Alles andere ist inakzep­ta­bel“, so Hagmann.

Dies hatten der Bundes­ver­band der Händler, der Handels­ver­band Deutsch­land (HDE), in einem Schrei­ben an die Bundes­kanz­le­rin, den baden-württem­ber­gi­schen Minis­ter­prä­si­den­ten sowie die Wirtschafts­mi­nis­te­rin des Landes verdeutlicht.

Darüber hinaus hatte der HBW mit einem Schrei­ben an den Minis­ter­prä­si­den­ten sowie alle betrof­fe­nen Kabinetts­mit­glie­der und Frakti­ons­vor­sit­zen­den im baden-württem­ber­gi­schen Landtag Druck gemacht.