Handwerks­prä­si­dent Jörg Dittrich hat die Politik vor zusätz­li­chen Belas­tun­gen der Wirtschaft in der Krise gewarnt. «Wir brauchen eine Entlas­tung von Steuern und Abgaben und vor allem von Bürokra­tiel­as­ten», sagte Dittrich am Mittwoch zum Auftakt der Inter­na­tio­na­len Handwerks­mes­se in München: «Die Bürokra­tie erwürgt uns inzwi­schen.» Das Handwerk könne mit Krisen umgehen. Aber die Politik dürfe «nicht nur schnell verbie­ten, wir müssen auch schnell ermög­li­chen». Sonst seien auch die Ziele der Energie­wen­de nicht umsetzbar.

Bundes­wirt­schafts­mi­nis­ter Robert Habeck (Grüne) sagte, das Handwerk werde «zur tragen­den Kraft der Trans­for­ma­ti­on in Deutsch­land» werden: «Ich weiß, viele Betrie­be ächzen und stöhnen unter den hohen Preisen», aber «ich glaube, dass das Handwerk zu einem Konjunk­tur­mo­tor wird». Das geplan­te Verbot neuer Gas- und Ölhei­zun­gen ab 2024 vertei­dig­te er. Die Bundes­re­gie­rung plane, nächs­tes Jahr 2024 auf 500.000 Wärme­pum­pen zu kommen. Die Proble­me müssten angegan­gen werden: «Zu der alten Bequem­lich­keit zurück­zu­keh­ren, das kann sich Deutsch­land nicht leisten.» Wer die Kosten der Umstel­lung nicht stemmen könne, für den werde es Förder­pro­gram­me geben.

Vikto­ria Krastel, Gewin­ne­rin des Hessi­schen Gründer­prei­ses in der Katego­rie «Zukunfts­fä­hi­ge Nachfol­ge» wies darauf hin, dass sowohl Materi­al als auch Fachkräf­te knapp seien. «Und wer bezahlt das letzt­end­lich?» Der bayeri­sche Minis­ter­prä­si­dent Markus Söder (CSU) forder­te mehr pragma­ti­sche Lösun­gen. Die Bundes­netz­agen­tur befürch­te bereits eine Ratio­nie­rung von Strom. Von den rund 41 Millio­nen Haushal­ten in Deutsch­land heizt die Hälfte mit Erdgas, ein Viertel mit Heizöl. Im vergan­ge­nen Jahr sind 600.000 neue Öl- und Gashei­zun­gen einge­baut worden.

Die teure Energie und die Infla­ti­on machen dem Handwerk nach Einschät­zung der Wirtschafts­aus­kunf­tei Credit­re­form enorm zu schaf­fen. Zwei Drittel der Betrie­be beurteil­ten ihre Geschäfts­la­ge im Moment noch als positiv. Aber die Ertrags­er­war­tun­gen seien einge­bro­chen, die Inves­ti­ti­ons­be­reit­schaft sei am Boden. «In Verbin­dung mit rückläu­fi­gen Auftrags­ein­gän­gen und der Zinswen­de stehen die Zeichen im Handwerk auf Abschwung», sagte der Leiter der Credit­re­form-Wirtschafts­for­schung, Patrik-Ludwig Hantzsch.

Credit­re­form hatte im Januar und Febru­ar mehr als 1300 Handwerks­be­trie­be in Deutsch­land befragt. Niedri­ge Eigen­ka­pi­tal­quo­ten und schmel­zen­de Rückla­gen hätten bereits Spuren hinter­las­sen. Die Zahl der Insol­ven­zen im Handwerk sei im vergan­ge­nen Jahr um 12 Prozent auf 3270 gestie­gen. «Die deutlich verschlech­ter­ten Geschäfts­aus­sich­ten zeigen sich beson­ders in den Ertrags­er­war­tun­gen, die im Vergleich zum Vorjahr einge­bro­chen sind», sagte Hantzsch. Maximal rechne­ten die Betrie­be mit einer stabi­len Ertrags­la­ge, fast jeder vierte Befrag­te erwar­te sinken­de Gewinne.

Nur noch 47 Prozent der Betrie­be wollten in naher Zukunft inves­tie­ren. Steigen­de Finan­zie­rungs­kos­ten und die schwa­che Auftrags­ent­wick­lung führten dazu, dass selbst auf dringend notwen­di­ge Ersatz­in­ves­ti­tio­nen zum Teil verzich­tet werde.

Zudem hätten 83 Prozent der befrag­ten Betrie­be Schwie­rig­kei­ten, Arbeits­kräf­te und Azubis zu finden. «Der Fachkräf­te­man­gel im Handwerk ist fatal», sagte Hantzsch. Zum deutschen Handwerk zählen eine Milli­on Betrie­be mit fast 5,6 Millio­nen Selbst­stän­di­gen und Beschäf­tig­ten sowie 360.000 Lehrlin­gen. Laut Zentral­ver­band des Deutschen Handwerks fehlen heute schon 250.000 Handwer­ker, 19.000 Lehrstel­len blieben unbesetzt.

Am Freitag wird Bundes­kanz­ler Olaf Scholz (SPD) zum «Spitzen­ge­spräch der deutschen Wirtschaft» mit den großen Wirtschafts­ver­bän­den BDI, BDA, DIHK und ZDH auf der Handwerks­mes­se erwartet.