BERLIN (dpa) — Die Corona-Sommer­wel­le rollt, viele Menschen sind zudem erkäl­tet. Eine Möglich­keit zur telefo­ni­schen Krank­schrei­bung gibt es aber nicht mehr — das sorgt in Teilen der Ärzte­schaft für Ärger.

Deutsch­lands Hausärz­te fordern eine Rückkehr zur Möglich­keit telefo­ni­scher Krank­schrei­bun­gen. Angesichts zahlrei­cher Fälle von Erkäl­tungs- und Corona-Erkran­kun­gen nannte es der Vorsit­zen­de des Deutschen Hausärz­te­ver­bands, Ulrich Weigeldt, «ein echtes Ärger­nis», dass die Möglich­keit zur telefo­ni­schen Feststel­lung der Arbeits­un­fä­hig­keit (AU) nicht in die Regel­ver­sor­gung übernom­men worden sei. «Die Telefon-AU würde für eine echte Entlas­tung sorgen», sagte Weigeldt der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Seit dem 1. Juni müssen Patien­tin­nen und Patien­ten für eine Krank­schrei­bung wieder in die Praxis oder in eine Video­sprech­stun­de gehen. Bei leich­ten Erkran­kun­gen der oberen Atemwe­ge hatte während der Corona-Pande­mie bis 31. Mai gegol­ten, dass dies für sieben Tage auch nach nur telefo­ni­scher Rückspra­che möglich war.

Weigeldt sagte: «Nicht immer ist eine persön­li­che Konsul­ta­ti­on mit der Hausärz­tin oder dem Hausarzt zwingend erfor­der­lich, beispiels­wei­se bei einem einfa­chen grippa­len Infekt oder auch bei einem milden Corona-Verlauf.» In diesen Fällen würde es sich aus Sicht des Verbands­chefs anbie­ten, wenn die Hausärz­tin­nen und Hausärz­te die Betrof­fe­nen nach telefo­ni­scher Konsul­ta­ti­on für einige Tage krank schrei­ben könnten.

Patien­ten krank in der Praxis

Beide Seiten würden sich in der Regel seit Langem kennen, sagte Weigeldt. Missbrauch sei sehr selten. «Statt­des­sen werden die Patien­tin­nen und Patien­ten nun wieder gezwun­gen, sich krank in die Praxen zu schlep­pen, ohne dass das medizi­nisch zwingend notwen­dig ist.»

Nach Angaben des Gemein­sa­men Bundes­aus­schus­ses (G‑BA) ist eine Rückkehr zur Möglich­keit der telefo­ni­schen Krank­schrei­bung möglich. Der Ausschuss ist das Gremi­um mit Vertre­te­rin­nen und Vertre­tern der Ärzte­schaft, der Kranken­kas­sen und der Kranken­häu­ser, das über die Leistun­gen der gesetz­li­chen Kassen und Regeln wie bei der Krank­schrei­bung entscheidet.

In diesem Gremi­um sei im Frühjahr 2022 inten­siv disku­tiert worden, «ob es richtig ist, die bishe­ri­gen Sonder­reg­lun­gen zur telefo­ni­schen Krank­schrei­bung Ende Mai 2022 vorerst auslau­fen zu lassen», sagte eine Spreche­rin der dpa. Alle Träger des G‑BA und damit auch die Kassen­ärzt­li­che Verei­ni­gung als Vertre­tung der Ärzte­schaft seien sich damals einig gewesen, dass solche Sonder­re­geln wegen des damals ruhige­ren Pande­mie-Gesche­hens zurück­ge­nom­men werden konnten. Dies sei im Einklang mit Alltags­lo­cke­run­gen erfolgt.

Wieder Sonder­re­ge­lun­gen aktivieren?

«Sollte die Corona-Pande­mie erneut stark an Fahrt gewin­nen, kann der Gemein­sa­me Bundes­aus­schuss seine Sonder­re­ge­lun­gen (…) wieder aktivie­ren», sagte die Spreche­rin. Dies könne in bestimm­ten Regio­nen oder bei Bedarf auch bundes­weit gesche­hen. Dafür müsste unter anderem ein Antrag beim Ausschuss gestellt werden. Dieser könnte laut der G‑BA-Spreche­rin unter anderem von den Trägern des Ausschus­ses kommen, etwa der Kassen­ärzt­li­chen Vereinigung.

Derzeit ist laut Robert Koch-Insti­tut eine starke Zunah­me an Corona-Infek­ti­ons­fäl­len zu beobach­ten. Es dominiert die Omikron-Subli­nie BA.5. Zudem zeigen Daten und Einschät­zun­gen aus der Ärzte- und Apothe­ker­schaft, dass es für die Jahres­zeit ungewöhn­lich viele Atemwegs­in­fek­te in Deutsch­land gibt.