BERLIN (dpa) — Deutscher oder Deutsche zu werden, soll künftig einfa­cher werden. Bundes­in­nen­mi­nis­te­rin Faeser will einige der Hürden im Einbür­ge­rungs­pro­zess aus dem Weg räumen.

Wer sich in Deutsch­land einbür­gern lassen will, soll dafür künftig grund­sätz­lich nicht mehr die Staats­an­ge­hö­rig­keit des Herkunfts­lan­des seiner Familie aufge­ben müssen. Das geht aus einem Entwurf des Bundes­in­nen­mi­nis­te­ri­ums für ein neues Staats­an­ge­hö­rig­keits­recht hervor, der den anderen Ressorts der Bundes­re­gie­rung zur Abstim­mung zugelei­tet wurde.

Das im Koali­ti­ons­ver­trag verein­bar­te Vorha­ben für ein «moder­nes Staats­an­ge­hö­rig­keits­recht» lockert zudem für bestimm­te Gruppen die Anfor­de­run­gen an den Erwerb der deutschen Sprache. Dieser ist im Regel­fall Voraus­set­zung für die Einbür­ge­rung. Außer­dem wird die Mindest­auf­ent­halts­zeit bis zur Antrag­stel­lung verkürzt.

In dem Entwurf, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, heißt es, dass es Erleich­te­run­gen beim Sprach­nach­weis geben sollte und die Verpflich­tung zu einem Einbür­ge­rungs­test für alle Auslän­der wegfal­len sollte, die mindes­tens 67 Jahre alt sind. Damit solle die Lebens­leis­tung der sogenann­ten Gastar­bei­ter-Genera­ti­on gewür­digt werden, denen in den ersten Jahren ihres Aufent­halts in Deutsch­land weder Sprach­kur­se noch andere Integra­ti­ons­an­ge­bo­te offen standen. Profi­tie­ren sollen von den Erleich­te­run­gen aber nicht nur ältere Menschen, die über ein Anwer­be­ab­kom­men nach Deutsch­land gekom­men sind, sondern alle Angehö­ri­gen dieser Altersklasse.

Außer­dem soll es, was den Sprach­nach­weis angeht, auch für jünge­re Einbür­ge­rungs­wil­li­ge eine Härte­fall­re­ge­lung geben. In begrün­de­ten Ausnah­me­fäl­len — etwa wegen der Pflege­be­dürf­tig­keit eines Famili­en­mit­glieds — soll es ausrei­chen, dass sich der Betref­fen­de ohne nennens­wer­te Proble­me im Alltag in deutscher Sprache mündlich verstän­di­gen kann.

Einbür­ge­rung nach fünf statt acht Jahren

Das Vorha­ben ist Teil einer von SPD, Grünen und FDP angekün­dig­ten umfas­sen­den Reform der Migra­ti­ons- und Integra­ti­ons­po­li­tik. Getra­gen wird es von dem Verständ­nis, dass die Verlei­hung der Staats­an­ge­hö­rig­keit den Weg zu einer umfas­sen­den Teilha­be und Mitwir­kung öffne, wovon sowohl die Einge­bür­ger­ten als auch die Gesell­schaft profi­tie­ren sollten.

Der Entwurf sieht generell die Möglich­keit zur Einbür­ge­rung nach fünf Jahren recht­mä­ßi­gen gewöhn­li­chen Aufent­halts in Deutsch­land vor — bisher waren es acht Jahre. Bei beson­de­ren Integra­ti­ons­leis­tun­gen — etwa heraus­ra­gen­den Leistun­gen in Schule und Beruf, ehren­amt­li­chem Engage­ment oder beson­ders guten Sprach­kennt­nis­sen — sollen drei Jahre Aufent­halt ausreichen.

Die durch frühe­re Refor­men bereits einge­schränk­te sogenann­te Options­pflicht für in Deutsch­land gebore­ne Kinder von Auslän­dern soll komplett abgeschafft werden. Das bedeu­tet, dass sie sich als junge Erwach­se­ne nicht mehr zwischen der deutschen Staats­bür­ger­schaft und der Staats­bür­ger­schaft der Eltern entschei­den müssen.

Die für den Erwerb der deutschen Staats­an­ge­hö­rig­keit eines Kindes auslän­di­scher Eltern durch Geburt im Inland erfor­der­li­che Dauer des recht­mä­ßi­gen gewöhn­li­chen Aufent­halts eines Eltern­teils wird zudem von acht auf fünf Jahre verkürzt. «Durch die erheb­li­che Verkür­zung der Aufent­halts­dau­er eines Eltern­teils wird sich die Zahl der Kinder auslän­di­scher Eltern, die bereits durch Geburt in Deutsch­land die deutsche Staats­an­ge­hö­rig­keit erwer­ben, erhöhen», heißt es in dem Entwurf.

Union kriti­siert die geplan­te Reform

Die 2019 einge­führ­te Einbür­ge­rungs­vor­aus­set­zung der «Einord­nung in die deutschen Lebens­ver­hält­nis­se» soll aus dem Staats­an­ge­hö­rig­keits­ge­setz gestri­chen werden. Eine Einbür­ge­rung kommt aller­dings dem Entwurf zufol­ge nicht infra­ge, wenn «der Auslän­der gleich­zei­tig mit mehre­ren Ehegat­ten verhei­ra­tet ist oder er durch sein Verhal­ten zeigt, dass er die im Grund­ge­setz festge­leg­te Gleich­be­rech­ti­gung von Mann und Frau nicht akzeptiert».

Die Union war bereits als die ersten Ideen der Ampel-Regie­rung für die geplan­te Reform des Staats­an­ge­hö­rig­keits­rechts bekannt wurden, Sturm gelau­fen gegen diese Pläne. CSU-Landes­grup­pen­chef Alexan­der Dobrindt hatte gesagt: «Die deutsche Staats­bür­ger­schaft zu verram­schen, fördert nicht die Integra­ti­on, sondern bezweckt gerade­zu das Gegen­teil und wird zusätz­li­che Pullef­fek­te bei der illega­len Migra­ti­on auslö­sen.» Der Parla­men­ta­ri­sche Geschäfts­füh­rer der Unions­frak­ti­on, Thors­ten Frei (CDU) hatte zwar einge­räumt, Deutsch­land sei ein Einwan­de­rungs­land und auf Migra­ti­on für den Arbeits­markt angewie­sen. Gleich­zei­tig beton­te er: «Das bedeu­tet aber nicht, dass man flächen­de­ckend mit dem deutschen Pass um sich wirft.»