BERLIN (dpa) — Die Impfkam­pa­gne in Deutsch­land nimmt deutlich Fahrt auf. Und auch die Impfbe­reit­schaft der Menschen steigt. Doch der zweite Piks wird nicht der letzte im Kampf gegen das Virus sein.

Spätes­tens im kommen­den Jahr müssen sich die Bürger in Deutsch­land wohl erneut gegen das Corona­vi­rus impfen lassen. «Das Virus wird uns nicht wieder verlassen.

Die aktuel­len Corona-Impfun­gen werden deswe­gen nicht die letzten sein», sagte der Vorsit­zen­de der Ständi­gen Impfkom­mis­si­on (Stiko), Thomas Mertens, den Zeitun­gen der Funke Medien­grup­pe. «Grund­sätz­lich müssen wir uns darauf einstel­len, dass mögli­cher­wei­se im nächs­ten Jahr alle ihren Impfschutz auffri­schen müssen.» Die generel­le Impfbe­reit­schaft in Deutsch­land hat laut einer aktuel­len Umfra­ge deutlich zugenommen.

Mertens wies darauf hin, dass die Herstel­ler nach eigener Aussa­ge bereits an modifi­zier­ten Impfstof­fen arbei­ten, die gegen relevan­te derzeit bekann­te Mutan­ten wirksam sein sollen. Nach Angaben des Stiko-Chefs ist es zudem denkbar, dass der Impfschutz bei einzel­nen Gruppen bereits wieder nachlässt oder generell zu schwach ist. Das könne einzel­ne Alters­grup­pen betref­fen oder auch Menschen mit bestimm­ten Vorer­kran­kun­gen. Bei Patien­ten, deren Immun­ab­wehr medika­men­tös gesteu­ert werde, könnte es sein, dass bereits kurzfris­tig eine dritte Dosis nötig sei, so Mertens.

SPD-Gesund­heits­exper­te Karl Lauter­bach rechnet damit, dass die Immuni­tät nach einer Impfung rund sechs Monate hält. Die erste Auffri­schung werde deshalb für einige bereits im Herbst fällig sein, sagte er den Funke-Zeitun­gen. Sollten sich in Deutsch­land Mutatio­nen verbrei­ten, gegen die die aktuel­len Impfstof­fe nicht so stark wirksam seien, müsse man mögli­cher­wei­se auch schon früher mit einem angepass­ten Impfstoff begin­nen. Gegen die südafri­ka­ni­sche Varian­te etwa wirkten die Vakzi­ne von Astra­ze­ne­ca und Johnson & Johnson nicht so gut. «Sollte sich diese Varian­te bei uns stark verbrei­ten, sollten die betrof­fe­nen Perso­nen dann als erste besser immuni­siert werden.»

Nach offizi­el­len Angaben hatten bis zum Samstag 30,4 Millio­nen Menschen in Deutsch­land mindes­tens eine Corona-Impfung erhal­ten. Das sind 36,5 Prozent der Gesamt­be­völ­ke­rung. Mehr als neun Millio­nen Menschen (10,9 Prozent) haben bereits den vollen Impfschutz.

Seit dem Start der Impfkam­pa­gne in Deutsch­land vor fast fünf Monaten ist die Impfbe­reit­schaft deutlich gestie­gen. Das geht aus einer YouGov-Umfra­ge im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur hervor. Danach wollen sich fast drei Viertel der Deutschen über 18 Jahre gegen das Corona­vi­rus immuni­sie­ren lassen. 36 Prozent der Befrag­ten haben sich schon mindes­tens einmal impfen lassen, weite­re 38 Prozent haben vor, das noch zu tun. Zusam­men sind das 74 Prozent.

Kurz vor Beginn der Impfkam­pa­gne am 27. Dezem­ber hatten sich erst 65 Prozent für eine Impfung entschie­den. 19 Prozent lehnten die Immuni­sie­rung damals ab, jetzt sind es nur noch 15 Prozent. Der Anteil der Unent­schlos­se­nen ist seit Ende Dezem­ber von 16 auf 11 Prozent gesunken.

Mehre­re Bundes­län­der haben für die an diesem Montag begin­nen­de Woche eine Aufhe­bung der Impfprio­ri­sie­rung in Arztpra­xen angekün­digt. In Bayern und Baden-Württem­berg dürfen alle bisher verfüg­ba­ren Corona-Impfstof­fe ohne Rücksicht auf die staat­lich vorge­ge­be­ne Priori­sie­rung beim Arzt verimpft werden. Auch Berlin hebt ab diesem Montag die Priori­sie­rung für alle verfüg­ba­ren Corona-Impfstof­fe bei Haus- und Betriebs­ärz­ten auf. Sachsen folgt zum 24. Mai. Aller­dings dürfte vieler­orts noch nicht ausrei­chend Impfstoff zur Verfü­gung stehen, dass alle Impfwil­li­gen auch schnell einen Impfter­min erhalten.

Unter­des­sen gehen auch die Corona-Zahlen weiter zurück. Die Gesund­heits­äm­ter in Deutsch­land melde­ten dem Robert Koch-Insti­tut (RKI) binnen eines Tages 8500 Corona-Neuin­fek­tio­nen. Vor einer Woche hatte der Wert bei 12.656 gelegen. Die Zahl der binnen sieben Tagen gemel­de­ten Neuin­fek­tio­nen pro 100.000 Einwoh­ner lag laut RKI am Sonntag­mor­gen bundes­weit bei 83,1 (Vortag: 87,3; Vorwo­che: 118,6). Am Sonntag sind die vom RKI gemel­de­ten Fallzah­len meist niedri­ger, unter anderem weil am Wochen­en­de weniger getes­tet wird. Auch aufgrund des Feier­tags Chris­ti Himmel­fahrt kann es zu weniger Meldun­gen gekom­men sein.

Angesichts der sinken­den Zahlen lockern immer mehr Bundes­län­der ihre Corona-Regeln zum Beispiel für die Gastro­no­mie, den Touris­mus und den Freizeit­be­reich. So sind in mehre­ren Regio­nen von Baden-Württem­berg seit Samstag wieder Gastro­no­mie und Beher­ber­gungs­be­trie­be offen. Anders als in anderen Bundes­län­dern dürfen Wirte ihre Gäste dort auch in Innen­räu­men zwischen 6.00 und 21.00 Uhr empfan­gen. Auch in Schles­wig-Holstein gibt es an diesem Montag weite­re Öffnun­gen in Touris­mus und Gastronomie.