KOPENHAGEN (dpa) — Wie steht es um die Luftqua­li­tät in Städten Europas? Diese Frage beant­wor­tet die EU-Umwelt­agen­tur mit einer Liste von mehr als 320 Städten. Wo landen die deutschen Vertreter?

Frisch durch­at­men in Finnland und Schwe­den, Luft anhal­ten in Polen: Bei der EU-Umwelt­agen­tur EEA kann man sich nun anschau­en, wie es langfris­tig um die Luftqua­li­tät in Hunder­ten der größten Städte Europas bestellt ist.

Spitzen­rei­ter bei der saube­ren Luft unter den mehr als 320 unter­such­ten Städten sind das schwe­di­sche Umeå, Tampe­re in Finnland sowie Funchal auf der portu­gie­si­schen Insel Madei­ra und Estlands Haupt­stadt Tallinn. Die Schluss­lich­ter finden sich dagegen überwie­gend in Polen und im Norden Itali­ens. Das geht aus einer neuen Luftqua­li­täts-Ranglis­te hervor, die die in Kopen­ha­gen ansäs­si­ge Umwelt­agen­tur am Donners­tag veröffentlichte.

Für die von nun an jährlich aktua­li­sier­te Übersicht bewer­te­te die EEA die Feinstaub­be­las­tung in 323 Städten in 26 EU-Ländern sowie Island, Norwe­gen und der Schweiz. 127 Städten wird eine gute Luftqua­li­tät beschei­nigt. Bei 123 gilt die Belas­tung als moderat, in den restli­chen 73 als schlecht oder sehr schlecht.

Diese Einord­nung bezieht sich auf die durch­schnitt­li­che Luftbe­las­tung mit Feinstaub (PM2.5) in den Jahren 2019 und 2020. Ein «gut» erhält, wer unter dem empfoh­le­nen Wert der Weltge­sund­heits­or­ga­ni­sa­ti­on (WHO) liegt: Die WHO empfiehlt, dass die Langzeit­be­las­tung 10 Mikro­gramm Feinstaub (PM2.5) pro Kubik­me­ter Luft nicht überschrei­ten sollte, das ist stren­ger als der EU-Wert. Wer auch das jährli­che EU-Limit von 25 Mikro­gramm reißt — das gilt für fünf Städte in Polen, Kroati­en und Itali­en — bekommt ein «sehr schlecht».

Laut der Analy­se überschrei­ten 61 Prozent der Städte den Richt­wert der WHO, wie die Leite­rin der EEA-Fachgrup­pe für Luftver­schmut­zung, Umwelt und Gesund­heit, Cathe­ri­ne Ganzle­ben, sagte. Nur 2 Prozent liegen demnach auch über dem jährli­chen EU-Limit.

Über die saubers­te Luft aller 52 gelis­te­ten deutschen Städte verfügt Göttin­gen: Die nieder­säch­si­sche Univer­si­täts­stadt landet auf Rang 29, gefolgt von Freiburg (45), Darmstadt (46), Lübeck (50) und Hanno­ver (56). Ihnen und 25 weite­ren Städten in der Bundes­re­pu­blik wird eine gute Luftqua­li­tät attes­tiert, die 22 anderen werden als moderat einge­stuft, mit Berlin als deutsches Schluss­licht auf Rang 219. Keine deutsche Stadt lande­te in den Katego­rien «schlecht» oder «sehr schlecht». Mehre­re deutsche Großstäd­te wie etwa Köln wurden aller­dings — wie auch weite­re in anderen Ländern — nicht einge­ord­net. Das kann laut EEA daran liegen, dass Messsta­tio­nen oder bestimm­te Daten fehlten.

Wie bereits Ende 2020 aus einem EEA-Bericht hervor­ge­gan­gen war, hat sich die Luftqua­li­tät in Europa im Laufe des vergan­ge­nen Jahrzehnts unter anderem wegen Emissi­ons­ver­rin­ge­run­gen in Verkehr und Energie­ver­sor­gung spürbar verbes­sert. Das hat dazu geführt, dass im Vergleich von 2009 zu 2018 knapp 60.000 weniger Menschen pro Jahr vorzei­tig durch die Belas­tung mit Feinstaub gestor­ben sind.

Dennoch leiden demnach weiter­hin nahezu alle Europä­er unter Luftver­schmut­zung etwa durch Feinstaub, Stick­stoff­di­oxid und boden­na­hes Ozon, vor allem in Städten. Mehr als 400.000 Menschen starben EEA-Schät­zun­gen zufol­ge 2018 in 41 europäi­schen Ländern vorzei­tig an den Folgen der Belas­tung durch diese Schad­stof­fe, darun­ter auch Zehntau­sen­de in Deutschland.

Auch diesmal wies die EEA darauf hin, dass Luftver­schmut­zung weiter ein ernst­haf­tes Problem und ein reales Gesund­heits­ri­si­ko in vielen europäi­schen Städten sei. Feinstaub bleibe dabei der Luftschad­stoff Nummer eins, der den größten Einfluss auf vorzei­ti­ge Todes­fäl­le und Erkran­kun­gen habe, sagte Exper­tin Ganzle­ben. EEA-Exeku­tiv­di­rek­tor Hans Bruynin­ckx resümier­te: «Während sich die Luftqua­li­tät im Laufe der vergan­ge­nen Jahren markant verbes­sert hat, bleibt die Luftver­schmut­zung in vielen Städten Europas hartnä­ckig hoch.» Die Übersicht erlau­be es Bürgern nun, auf einfa­che Weise zu verglei­chen, wo ihre Stadt bei der Luftver­schmut­zung lande.

Gemäß der neuen Auflis­tung sieht es unter den Millio­nen­städ­ten beson­ders gut in Stock­holm aus: Die schwe­di­sche Haupt­stadt landet auf Rang neun und schnei­det somit besser ab als jede weite­re Stadt mit mehr als einer Milli­on Einwoh­ner. Dicht dahin­ter folgt Helsin­ki (11), während sich etwa Bukarest (263), Barce­lo­na (264), Warschau (269) und Mailand (303) auf der anderen Seite der Tabel­le wiederfinden.

Von Steffen Trumpf, dpa