PFORZHEIM/KARLSRUHE (dpa) — Auch vor der Schmuck- und Uhren­bran­che macht die Infla­ti­on nicht Halt. Die Herstel­ler reagie­ren auf steigen­de Metall­prei­se und passen ihre Model­le an. Ein Trend zeigt sich auch am Traualtar.

Auf der Suche nach Schmuck und Uhren müssen sich Kunden und Kundin­nen auf steigen­de Preise einstel­len. «Insge­samt erwar­ten wir Kosten­druck in 2023», sagte Guido Grohmann, Haupt­ge­schäfts­füh­rer vom Bundes­ver­band Schmuck, Uhren, Silber­wa­ren und verwand­te Indus­trien in Pforz­heim der Deutschen Presse-Agentur. Unklar sei, wie sich die Energie­kri­se entwi­cke­le. Zudem stiegen die Perso­nal­kos­ten. «Da wird es sicher Preis­re­ak­tio­nen geben müssen.» Mit Liefer­eng­päs­sen relevan­ten Ausma­ßes rechnet Grohmann hinge­gen nicht.

Die Infla­ti­on komme der Branche entge­gen, sagte er. Verbrau­cher schau­ten nach langan­hal­ten­den Werten. Davon profi­tie­re vor allem der Bereich Echtschmuck, der im Gegen­satz zum Modeschmuck aus hochwer­ti­gen Edelme­tal­len und Edelstei­nen herge­stellt wird. «Da läuft es wie geschmiert», sagte Grohmann. Gefragt sei alles, was echt sei und Wert habe — «egal ob mit oder ohne Marke drauf».

Gerade Uhren sind bei manchen als Geldan­la­ge gefragt. «Im ersten Halbjahr hatten wir Wachs­tums­ra­ten von fast 50 Prozent», sagte Tim Stracke, Mitgrün­der und Geschäfts­füh­rer des Inter­net­markt­plat­zes Chrono24 mit Sitz in Karls­ru­he. Viele begehr­te Exempla­re seien deutlich über dem Handels­wert angebo­ten und verkauft worden. Hätten Herstel­ler wie Rolex oder Patek Philip­pe früher ein Mal im Jahr die Preise angezo­gen, gesche­he dies nun öfter. Die Entwick­lung sieht man den Angaben zufol­ge dann bei gebrauch­ten Uhren etwas später.

In der Popkul­tur und sozia­len Medien seien Luxus­uh­ren in diesem Jahr sehr präsent gewesen, sagte er. «Vor allem in der Rapper­sze­ne waren viele ikoni­sche Luxus­uh­ren zu sehen.» Das habe die Nachfra­ge angekur­belt. Ende März brach­ten die Marken «Omega» und «Swatch» der Swatch Group zudem eine Plastik­ver­si­on der begehr­ten «Omega Speed­mas­ter Moonwatch» — die «MoonS­watch» — auf den Markt. Für 250 Euro angebo­ten sei sie in den ersten Wochen für das Zehnfa­che gehan­delt worden, berich­te­te Stracke. «Das sehen viele als Genie­streich an.» Inzwi­schen seien die Verkaufs­prei­se deutlich gesun­ken und das Angebot stark angestiegen.

Die gesam­te Schmuck- und Uhren­bran­che bekommt dennoch auch ganz unmit­tel­bar die Folgen des russi­schen Angriffs­kriegs auf die Ukrai­ne zu spüren: Im Bereich Modeschmuck kämen viele Teile aus Asien, die Verbands­funk­tio­när Grohmann zufol­ge früher zum Beispiel per Zug durch die Ukrai­ne nach Europa gebracht wurden. Wieder­um habe Russland bei Platin­me­tal­len wie Rhodi­um einen recht hohen Markt­an­teil, sagte der Haupt­ge­schäfts­füh­rer. In Deutsch­land könne die Nachfra­ge jedoch weitge­hend mittels Recycling bedient werden.

Steigen­de Metall­prei­se wirken sich Grohmann zufol­ge auch aufs Design aus. «Wir hatten lange den Trend zu üppige­ren Stücken.» Nun werde es häufi­ger filigra­ner, um weniger Metall zu benöti­gen. Uhren, selbst im Luxus­be­reich, würden kleiner. «Jetzt geht es eher um Under­state­ment.» Bei Traurin­gen entschie­den Paare sich häufi­ger für Platin, weil Weißgold ähnlich teuer gewor­den sei. Hinter­grund seien hier steigen­de Preise für Palla­di­um, das für das Entfär­ben von Gold gebraucht wird.

Anders­her­um gucken gerade Kunden im Luxus­seg­ment trotz steigen­der Preise nicht auf jeden Cent, wie Stracke von Chrono24 weiß: «Wer 5000 Euro für eine mecha­ni­sche Uhr ausgibt, hat in der Regel weniger Proble­me damit, wenn Energie und Lebens­mit­tel teurer werden.»

Als spannend bezeich­ne­te er, dass der Schwei­zer Herstel­ler Rolex vor wenigen Wochen in den Markt für gebrauch­te Uhren einge­stie­gen ist und bei seinen offizi­el­len Händlern Second-Hand-Model­le zerti­fi­zie­ren sowie mit neuer Garan­tie ausstat­ten will. Stracke geht davon aus, dass das die Nachfra­ge weiter anfacht und Preise um bis zu 25 Prozent steigen. Fast die Hälfte der 18- bis 34-jähri­gen Nutzer von Chrono24 etwa inter­es­sie­re sich für Rolex-Uhren. «Und wir sind sehr gespannt, wie die anderen Genfer Luxus­mar­ken darauf reagie­ren werden.»