Spani­en und Japan sind in einem Thril­ler zum Gruppen­fi­na­le gemein­sam ins Achtel­fi­na­le einge­zo­gen — und haben den deutschen WM-Traum beendet. Die Japaner feier­ten nach dem Sieg zum Auftakt gegen Deutsch­land gegen den Weltmeis­ter von 2010 den nächs­ten 2:1 (0:1)-Coup und konnten ihr Glück kaum fassen.

Der Außen­sei­ter spielt nun in der ersten K.o.-Runde am Montag gegen den amtie­ren­den WM-Zweiten Kroati­en. Das spani­sche Team von Trainer Luis Enrique wird einen Tag später von Marok­ko gefordert.

Alvaro Morata mit seinem bereits dritten Turnier­tref­fer (11. Minute) hatte das zunächst souve­rä­ne Spani­en vor 44.851 Zuschau­ern im Chali­fa Inter­na­tio­nal Stadi­on von Al-Rajjan in Führung gebracht. Joker Ritsu Doan vom SC Freiburg gelang wie schon gegen die DFB-Auswahl der Ausgleich (48.). Kurz darauf kannte der Jubel kaum Grenzen, als der Düssel­dor­fer Profi Ao Tanaka das 2:1 machte (51.).

Japan erreich­te damit wie vor vier Jahren die Runde der letzten 16, als sie dann gegen Belgi­en ausschie­den. Die Spani­er zeigten nur in der ersten Halbzeit eine souve­rä­ne Leistung und wurden dann völlig überrascht. 2018 waren sie im Achtel­fi­na­le in Russland am Gastge­ber-Team gescheitert.

Führung nach elf Minuten

Luis Enrique rotier­te angesichts der komfor­ta­blen Ausgangs­la­ge mächtig und wechsel­te sein Team gleich auf fünf Positio­nen durch. Unter anderem brach­te der 52-Jähri­ge die Jungpro­fis Alejan­dro Balde (19) für den bisher so starken Links­ver­tei­di­ger Jordi Alba und Nico Williams (20) im Angriff. Dani Olmo von RB Leipzig stürm­te zum dritten Mal bei diesem Turnier von Anfang an, dieses Mal neben Morata. Der Angrei­fer von Atléti­co Madrid recht­fer­tig­te seinen ersten Start­elf-Einsatz in Katar nach nur elf Minuten — als er einen Flanken­ball von Cesar Azpili­cue­ta zur Führung einköpfte.

Im Mittel­feld der Spani­er zog wieder Gavi emsig die Fäden: Der 18-Jähri­ge vom FC Barce­lo­na spiel­te von Anfang an, obwohl er nach dem 1:1 gegen Deutsch­land angeschla­gen war. Die Japaner hetzten in der ersten Halbzeit oft nur hinter­her. Von der Bank dabei zusehen mussten der Stutt­gar­ter Profi Wataru Endo und Freiburgs Doan, der beim 2:1 gegen Deutsch­land als Joker getrof­fen hatte.

Zu ungenau, zu hektisch

Das Bemühen der Japaner, deren Trainer Hajime Moriya­su sich für die so folgen­schwe­re Nieder­la­ge gegen Costa Rica entschul­digt hatte, es dieses Mal besser zu machen, war ihnen nicht abzuspre­chen: Aber die wenigen Offen­siv­ak­tio­nen gerie­ten einfach zu ungenau und hektisch. Bis zur Halbzeit, dann wurde mit zwei Wechseln plötz­lich alles anders: Joker Doan brach­te wie gegen Deutsch­land Schwung rein und vollende­te direkt in seiner ersten Szene wuchtig zum Ausgleich. Spani­ens Schluss­mann Unai Simon wirkte überrascht und reagier­te zu spät.

Doch damit nicht genug, denn die Japaner stürm­ten unent­wegt weiter. Kaoru Mitoma kratz­te als zweiter Joker einen Ball von links in die Mitte, wo Zweit­li­ga-Profi Tanaka vollende­te. Referee Victor Gomes aus Südafri­ka ließ minuten­lang überprü­fen, ob der Ball mit vollem Umfang die Toraus­li­nie überquert hatte — dann erfolg­te der Pfiff: Tor! Im Lager der Blue Samurai brach riesi­ger Jubel aus, die Asiaten waren nun plötz­lich Gruppen­sie­ger, was auf der Stadi­on­anz­ei­ge groß einge­blen­det wurde.

Spani­en kommt mit einem Schre­cken davon

Enrique hatte genug gesehen und wechsel­te seinen Top-Sturm ein: Marco Asensio und Ferran Torres sollten nun das schaf­fen, was Morata und dem enttäu­schen­den Youngs­ter Nico Williams nicht gelang: ein zweites Tor, denn plötz­lich musste Spani­en angesichts der dynami­schen Konstel­la­ti­on selbst um das Weiter­kom­men bangen. Was nach einer Viertel­stun­de nach dem erwart­ba­ren Gang der Dinge aussah, wurde plötz­lich zu einem Fußball-Thril­ler mit Betei­li­gung zweier Ex-Weltmeister.

Spani­en brach­te immer mehr Quali­tät von der Bank, doch die Japaner wirkten nach der Pause bestens organi­siert — vieles erinner­te an das Auftakt­spiel, als das Moriya­su-Team ebenfalls lange unter­le­gen war und die Partie dann plötz­lich kippte. Als Costa Rica das Spiel gegen Deutsch­land ebenfalls gedreht hatte, war Spani­en kurzzei­tig von eins auf drei gerutscht. Doch auch das änder­te sich schnell wieder. Spani­en kam noch einmal mit dem Schre­cken davon.

von Ulrike John und Patrick Reichardt, dpa