WIESBADEN/BERLIN (dpa) — Wie keine andere Branche wurde das Gastge­wer­be von Corona getrof­fen. Jeder vierte Job ist weg, die Beschäf­tig­ten sind abgewan­dert und neue Azubis bleiben aus. Ein Neustart wird schwierig.

Im deutschen Gastge­wer­be ist während der Corona-Pande­mie nahezu jeder vierte Job verlo­ren gegangen.

Nach Zahlen des Statis­ti­schen Bundes­amts vom Freitag arbei­te­ten in den ersten zehn Monaten des vergan­ge­nen Jahres 23,4 Prozent weniger Menschen in der Branche als im gleichen Zeitraum des Vorkri­sen­jah­res 2019. Da auch die Zahl der Auszu­bil­den­den weiter schmilzt, erwar­ten die Gewerk­schaft Nahrung Genuss Gaststät­ten (NGG) und der Verband Dehoga einen überaus schwie­ri­gen Neustart.

Beson­ders hart hat es die Beschäf­tig­ten von Bars und Kneipen getrof­fen: Hier musste seit 2019 fast die Hälfte (44,7 Prozent) der Beleg­schaft gehen. Bei Betrie­ben mit Essens­an­ge­bot lief es bei einem Rückgang um 22,5 Prozent etwas besser. Am sichers­ten waren die Jobs noch bei den Caterern, die ledig­lich 17,1 Prozent weniger Leute hatten als vor der Krise. Kurzar­bei­ten­de wurden weiter­hin als Beschäf­tig­te gezählt.

Die Branche fordert weite­re staat­li­che Hilfen

Dehoga-Haupt­ge­schäfts­füh­re­rin Ingrid Hartges verlang­te weite­re staat­li­che Hilfen für das anste­hen­de dritte Jahr unter Pande­mie-Bedin­gun­gen. «Neun Monate Lockdown und seit März 2020 kein Monat auf Vorkri­sen­ni­veau haben tiefe Spuren hinter­las­sen. Die erneu­ten erheb­li­chen Umsatz­ver­lus­te seit Novem­ber, die sich im neuen Jahr nochmals deutlich erhöht haben, machen es erfor­der­lich, die Hilfen zu verbes­sern», sagt sie am Freitag. Das zielt vor allem auf die Sozial­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge bei Kurzar­beit, welche die Betrie­be weiter­hin vollstän­dig erstat­tet bekom­men wollen.

Doch das Instru­ment der Kurzar­beit hat einer großen Beschäf­tig­ten­grup­pe in Kneipen und Restau­rants überhaupt nichts gehol­fen. Laut Statis­tik mussten bereits im ersten Pande­mie­jahr 2020 mindes­tens 70 000 von vormals 450 000 Mini-Jobbern gehen, ohne Kurzar­beit oder Arbeits­lo­sen­geld. «Diese Menschen sind ohne jede Absiche­rung auf der Straße gelan­det», sagt NGG-Chef Guido Zeitler. Das bewei­se erneut, dass Minijobs keiner­lei Sicher­heit bieten. Es gehe daher komplett in die falsche Richtung, wenn die Bundes­re­gie­rung die Verdienst­gren­ze nun auf 520 Euro anheben wolle.

Auch die Ausbil­dung hat stark gelitten

Noch aus einem anderen Grund lehnt der Gewerk­schaf­ter die in Küchen und Kneipen weit verbrei­te­ten Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis­se ab: «Minijobs sind auch der Türöff­ner für Schwarz­ar­beit, weil viele deutlich mehr arbei­ten und dafür dann schwarz bezahlt werden. Wenn dann Kontrol­len kommen, heißt es, dass sie doch angemel­det sind.»

2000 unbesetz­te Lehrstel­len für Köche und Köchin­nen, 1600 bei den Hotel­fach­leu­ten und 1500 bei den Restau­rant­fach­kräf­ten: Die Zahlen aus dem Arbeits­markt­be­richt 2021 der Bundes­agen­tur für Arbeit zeigen deutlich, dass in der Gastro­no­mie auch die Ausbil­dung in der Pande­mie gelit­ten hat. Das Statis­tik­amt berich­tet zusätz­lich, dass schon 2020 knapp 20 Prozent weniger junge Leute eine Kochleh­re begon­nen haben als im Jahr zuvor. Ausbil­dun­gen zum System­gas­tro­nom (minus 16,1 Prozent) oder zur Restau­rant­fach­kraft (minus 21,9 Prozent) waren ebenfalls deutlich weniger gefragt.

Die fehlen­den Auszu­bil­den­den drohen zum Fachkräf­te­man­gel von morgen zu werden. Die NGG verlangt eine Ausbil­dungs­of­fen­si­ve und allge­mein besse­re Arbeits­be­din­gun­gen mit deutlich höheren Gehäl­tern für Fachkräf­te. Zudem will sie unbezahl­te Überstun­den bekämp­fen und verläss­li­che­re Arbeits­zei­ten durch­set­zen. Dies sei während der Pande­mie in einigen Tarif­ge­bie­ten wie Berlin oder Hessen gelun­gen, während sich andere Landes­ver­bän­de weiter­hin sperrten.

Von Chris­ti­an Ebner, dpa