Liebe Wochenblatt-Leserinnen und –Leser,
mein fünfjähriger Sohn ist der langsamste Anzieher der Welt! Das ist seltsam, weil er sonst immer in allem der Beste sein will. Er möchte am schnellsten rennen, am weitesten hüpfen, am lautesten singen und die schönsten Bilder malen. Wenn ihm das nicht gelingt, ärgert er sich. Nur die Sache mit dem Anziehen, die ist ihm völlig wurscht.
Morgens dauert es ewig, bis er überhaupt den Schlafanzug aus hat. Dann will er einmal nackig durchs Haus rennen. Dann zieht er Unterwäsche an und plötzlich fällt ihm ein, dass er dringend erst sein Bett ordentlich machen muss.
Wenn ich dann denke: Jetzt haben wir es gleich, hört er seinen kleinen Bruder spannende Geräusche machen und schaut erst einmal nach. Ohne Hose und ohne Pulli. Irgendwann haben wir es tatsächlich geschafft und das Kind ist angezogen.
Wisst ihr was? Ich finde, er hat völlig recht! Das dürft Ihr ihm nur bitte nicht verraten. Wann bitte kann man jemals wieder so schön ohne schlechtes Gewissen Zeit vertrödeln wie als Kind? Nie mehr! Wie gerne würde ich manchmal mit ihm tauschen. Also seufze ich, wenn er sich mal wieder im Zeitlupentempo anzieht und drängle ihn. Eigentlich empfinde ich aber puren Neid!
Bis bald,
eure Julia