BERLIN (dpa) — Den Kranken­kas­sen droht ein Rekord­de­fi­zit. Der Ökonom Raffel­hü­schen wirbt deshalb für eine höhere Selbst­be­tei­li­gung. Doch davon will Gesund­heits­mi­nis­ter Lauter­bach nichts hören.

Zur Finan­zie­rung des Gesund­heits­we­sens plädiert der Wirtschafts­wis­sen­schaft­ler Bernd Raffel­hü­schen dafür, dass gesetz­lich Kranken­ver­si­cher­te jährlich bis zu 2000 Euro Selbst­be­tei­li­gung zahlen.

«Wir können uns das System nicht mehr leisten», sagte der Freibur­ger Ökono­mie-Profes­sor der «Bild»-Zeitung. «Patien­ten müssen künftig mehr aus eigener Tasche dazu bezah­len.» Gesund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach (SPD) erteil­te dem Vorstoß jedoch eine klare Absage. «Für Unipro­fes­so­ren wie Herrn Raffel­hü­schen oder mich wären diese Vorschlä­ge bezahl­bar», twitter­te Lauter­bach. «Für die große Mehrheit der Bevöl­ke­rung geht das nicht.»

Der Ökonom Raffel­hü­schen, der neben seiner wissen­schaft­li­chen Tätig­keit an der Univer­si­tät Freiburg früher im Aufsichts­rat des Versi­che­rungs­kon­zerns Ergo saß, will eine gestaf­fel­te Selbst­be­tei­li­gung mit staat­li­chem Sozial­aus­gleich. Ohne ein Gegen­steu­ern werde der Beitrags­satz bis zum Jahr 2035 auf bis zu 22 Prozent vom Brutto­lohn steigen, warnte Raffel­hü­schen. Zurzeit liegt er — inklu­si­ve Zusatz­bei­trag — im Schnitt bei knapp 16 Prozent.

Bis zu 2000 Euro Selbstbeteiligung

Nach den Plänen des Wirtschafts­wis­sen­schaft­lers sollen Patien­ten nach dem Arztbe­such künftig eine Rechnung erhal­ten und diese an die Kranken­kas­se weiter­rei­chen, «die dann einen Großteil der Kosten übernimmt». Für die Eigen­be­tei­li­gung der Patien­ten soll es mehre­re Stufen geben, die «insge­samt bei 1500 oder 2000 Euro pro Jahr» gedeckelt werden. Gleich­zei­tig ist ein Sozial­aus­gleich vorge­se­hen. «Die Zuschüs­se zum Beispiel für Gering­ver­die­ner müssen aus dem Bundes­haus­halt kommen.»

In Deutsch­land werden rund 73 Millio­nen Versi­cher­te von einer der 96 Kranken­kas­sen versorgt — das entspricht etwa 90 Prozent der Bevöl­ke­rung. Für das laufen­de Jahr wird in der Gesetz­li­chen Kranken­ver­si­che­rung ein Defizit von 17 Milli­ar­den Euro erwar­tet — nach den Worten von Lauter­bach ist das ein histo­ri­sches Ausmaß. Raffel­hü­schens Pläne sind für den Minis­ter trotz­dem keine Option: «Der Vorschlag wird nicht kommen.»