KONSTANZ (dpa/lsw) — Offizi­ell sind Segnun­gen von homose­xu­el­len Paaren in der katho­li­schen Kirche nach wie vor verbo­ten. Dennoch bieten einige Gemein­den im Südwes­ten erneut Segen expli­zit auch für queere Menschen und Paare an — in der Hoffnung, dass die eigene Kirche bald nachzieht.

Konstanz (dpa/lsw) — Trotz eines offizi­el­len Verbots der katho­li­schen Kirche bieten einige Gemein­den im Südwes­ten rund um den 10. Mai wieder Segnun­gen auch für homose­xu­el­le Paare an. Nach Angaben der bundes­wei­ten Initia­ti­ve #liebe­ge­winnt finden entspre­chen­de Gottes­diens­te in Freiburg, Heidel­berg, Baden-Baden und Markdorf statt. In Konstanz feier­ten die katho­li­schen Bodan­rück­ge­mein­den am Montag­abend einen Segnungs­got­tes­dienst «für alle Liebenden».

Homose­xu­el­le Paare seien zwar nicht gekom­men, sagte Pfarrer Armin Nagel. Queere Einzel­per­so­nen habe er aber geseg­net. Als queer bezeich­nen sich nicht-hetero­se­xu­el­le Menschen bezie­hungs­wei­se Menschen, die sich nicht mit dem tradi­tio­nel­len Rollen­bild von Mann und Frau oder anderen gesell­schaft­li­chen Normen rund um Geschlecht und Sexua­li­tät identi­fi­zie­ren. Offizi­ell sind Segnun­gen gleich­ge­schlecht­li­cher Paare in der katho­li­schen Kirche verbo­ten. Unter vielen Katho­li­ken gibt es aber Wider­stand gegen diese Haltung.

«Einen Segen zu verwei­gern, heißt, Menschen auszu­gren­zen», begrün­de­te Pfarrer Nagel sein Engage­ment als Mitin­itia­tor von #liebe­ge­winnt. «Ich träume von einer Kirche, in der alle Menschen willkom­men sind.» Das sei inzwi­schen auch bei den Bischö­fen angekom­men. «Das Ziel ist, dass das nicht mehr im stillen Kämmer­chen passiert», sagte Nagel. «Es soll irgend­wann der Punkt kommen, wo das selbst­ver­ständ­lich ist.»

Im vergan­ge­nen Jahr hatte es im Rahmen der Initia­ti­ve #liebe­ge­winnt in Deutsch­land etwa 100 Segnungs­got­tes­diens­te gegeben, die für große Aufmerk­sam­keit sorgten. In Konstanz seien damals sechs homose­xu­el­le Paare zum Gottes­dienst gekom­men, «aber auch viele hetero­se­xu­el­le Paare, die aus Solida­ri­tät kamen und die Aktion unter­stüt­zen wollten», sagte Nagel. Die Reaktio­nen aus der Kirchen­ge­mein­de darauf seien «zum aller­größ­ten Teil positiv» gewesen.

Ähnli­che Erfah­run­gen hat Ulrich Hund, Pfarrer der katho­li­schen Seelsor­ge­ein­heit Markdorf im Boden­see­kreis, mit der Aktion gemacht. «Oft sind wir angespro­chen worden, ermutigt worden», sagte Hund. «Wir stellen seither einen Raum für eine Gruppe lesbi­scher Frauen für ihre Treffen zur Verfügung.»

Trotz­dem bewege sich die katho­li­sche Kirche bei dem Thema nur «sehr zaghaft», sagte der Baden-Badener Dekanats­re­fe­rent Patrick Krieg, der für das Segens­an­ge­bot an der dorti­gen Autobahn­kir­che verant­wort­lich ist. «Es könnte schnel­ler gehen und klarer.» Dabei müsse die Perspek­ti­ve sein: «Trauung für alle Paare, die sich vor Gott verbind­lich die Treue verspre­chen wollen.»

In den beiden baden-württem­ber­gi­schen Bistü­mern, Freiburg und dem Bistum Rotten­burg-Stutt­gart, fielen die Reaktio­nen auf die erneu­ten Segnungs­got­tes­diens­te zurück­hal­tend aus. In beiden Fällen verwie­sen Presse­spre­cher auf State­ments aus dem vergan­ge­nen Jahr zum Thema.

«Homose­xu­el­len Menschen soll in Kirche und Gesell­schaft mit Toleranz, Achtung und Respekt begeg­net werden, damit sie ihren Platz in den Gemein­den, Gruppen und Verbän­den einneh­men können», hieß es damals aus Freiburg. Gleich­zei­tig teile die Bistums­lei­tung den Willen der Glaubens­kon­gre­ga­ti­on im Vatikan, «eine schein­ba­re Gleich­set­zung von kirch­li­cher Trauung und Segnung gleich­ge­schlecht­li­cher Paare zu vermei­den». Der Rotten­bur­ger Bischof Gebhard Fürst sagte damals, er setze sich für «eine versöhn­li­che Lösung» in der Diskus­si­on ein.

«Wünschen würde ich mir, dass aus den zustim­men­den Bekun­dun­gen verbind­li­che Taten folgen», sagte der Markdor­fer Pfarrer Ulrich Hund, «dass sich die Kirche als lernen­de Gemein­schaft begreift und — auch gesamt­kirch­lich — bishe­ri­ge Lehrmei­nun­gen revidiert».

Bis dahin werden Segnungs­got­tes­diens­te «für alle Lieben­den» wohl auch in Baden-Württem­berg eine Ausnah­me­erschei­nung in der katho­li­schen Kirche bleiben. Pfarrer Armin Nagel in Konstanz plant schon fürs kommen­de Jahr. «Ich könnte mir vorstel­len, dass ich das Ganze nächs­tes Jahr am Valen­tins­tag mache. Ich habe da schon Ideen.»