BERLIN (dpa) — Funkeln­de Lichter und süßer Duft: Viele verbin­den die anste­hen­den Feier­ta­ge mit einer guten Zeit mit Familie und Freun­den. Doch auch Weihnachts­muf­fel haben gute Argumen­te — typische Festtags­bräu­che sind oft wenig gesund oder schaden Natur und Umwelt.

Der schön geschmück­te Weihnachts­baum, die lecke­re Gans auf dem Teller, farben­fro­he Funken am Silves­ter­him­mel: Viele lieben die Bräuche der anste­hen­den Festta­ge. Aller­dings gilt auch: Kaum einen Brauch­tum hat keine poten­zi­el­len negati­ven Auswir­kun­gen. Eine Auswahl:

Vorweih­nachts­stress

Alle Jahre wieder warnen Medizi­ner vor einem erhöh­ten Herzin­farkt­ri­si­ko im Zuge der Weihnachts­ta­ge. Ein Grund dafür sind Stress­hor­mo­ne, die bei der Vorbe­rei­tung des Festessens, beim Famili­en­streit unterm Christ­baum aber auch bei großer Freude vermehrt ausge­schüt­tet werden. Zudem sorgen unter anderem wenig Bewegung und das üppige, oft fetti­ge Essen in Kombi­na­ti­on mit Alkohol­kon­sum und zucker­sü­ßen Lecke­rei­en für Probleme.

2018 etwa hatte eine im «British Medical Journal» veröf­fent­lich­te Studie schwe­di­scher Forscher einen Zusam­men­hang zwischen den Tagen um Weihnach­ten und einem erhöh­ten Infarkt­ri­si­ko festge­stellt. Am meisten erhöht war das Risiko laut den analy­sier­ten Daten des schwe­di­schen Gesund­heits­re­gis­ters demnach an Heiligabend.

Völle­rei und ungesun­des Essen

Glühwein, Enten­bra­ten, Speku­la­ti­us: Die Weihnachts­zeit ist für viele Menschen ein Fest der Pfunde. Dass die Zeit zum Jahres­en­de eine Heraus­for­de­rung für die schlan­ke Linie ist, ist keine neue Erkennt­nis: Die Deutschen sind zehn Tage nach Weihnach­ten am dicks­ten, fanden schon 2016 Forscher der Cornell Univer­si­tät in den USA heraus.

Typische Weihnachts- und Silves­ter­ge­rich­te können zudem auch aus anderen Gründen ungesund sein: Wissen­schaft­lern des Robert Koch-Insti­tuts (RKI) zufol­ge gibt es einen Zusam­men­hang zwischen anste­cken­den Durch­fall­erkran­kun­gen und Fleisch­fon­due sowie Raclette. Rohes Fleisch werde dabei oft mit bloßen Fingern angefasst. Dadurch steige die Gefahr, dass Keime vom Fleisch auf die Hände, andere Lebens­mit­tel oder Utensi­li­en gelan­gen, aufge­nom­men werden und zu Infek­tio­nen führen.

Zu viel Geschen­ke schaden Kindern

Was schen­ke ich? Und wie viel, wenn der Wunsch­zet­tel endlos ist? Vor Weihnach­ten kennen gerade Eltern diese Fragen. Der Entwick­lungs­for­scher Gerald Hüther appel­liert schon länger dafür, Kindern Zeit und gemein­sa­me Erfah­run­gen anstel­le von materi­el­len Dingen zu schen­ken. Es wäre gut, «Kindern etwas zu schen­ken, was sie nicht nur für einen Moment, sondern tief in ihrem Herzen glück­lich macht», sagte er einmal. Das seien nicht materi­el­le Geschen­ke, sondern gemein­sam verbrach­te Zeit, Zunei­gung, Anerken­nung — also Gelegen­hei­ten für wirkli­che Begeg­nung und gemein­sa­mes Erleben.

Wer nicht auf materi­el­le Geschen­ke verzich­ten möchte, könne etwas auswäh­len, das Kinder möglichst vielsei­tig nutzen könnten und das ihrer Fanta­sie viel Freiraum biete. Auch Psycho­the­ra­peut und Buchau­tor Wolfgang Krüger stimmt dem zu: «Wenn Kinder nur Sachen bekom­men, bei denen die Kreati­vi­tät nicht angeregt wird, dann ist es im Grunde nicht gut für sie.» Wenn Kinder außer­dem alles bekom­men, was sie sich wünschen, ist das Hüther zufol­ge schlecht für ihre Hirnent­wick­lung. Wichtig sei dafür eine Diskre­panz zwischen Wünschen und Realität.

Mehr Bezie­hungs­stress und Scheidungen

Es soll das Fest der Liebe und Harmo­nie sein. Gleich­zei­tig ist es aber auch eine Achter­bahn­fahrt der Emotio­nen. «Wir wissen, dass bei jeder sechs­ten Familie es zumin­dest eine angespann­te Stimmung gibt und bei fünf Prozent gibt es einen handfes­ten Krach», sagt Psycho­the­ra­peut Wolfgang Krüger mit Blick auf die Weihnachts­fei­er­ta­ge. Ein Drittel aller Trennun­gen im Jahr passier­ten nach Weihnachten.

Dies hänge zum einen mit den inten­si­ven Vorbe­rei­tun­gen zusam­men. «Man ist schon relativ erschöpft, bevor überhaupt das Fest begon­nen hat», sagt Krüger. Dadurch sei man noch reizan­fäl­li­ger. Hinzu kämen hohe Erwar­tun­gen — an andere und an sich selbst. «Wenn ich ganz teuren Schmuck gekauft habe und schen­ke den meiner Frau, die reagiert verhal­ten, dann bin ich unend­lich gekränkt.»

Krüger empfiehlt, von vornher­ein mit Konflik­ten zu rechnen und diese zum Beispiel mit einem Spazier­gang zu deeska­lie­ren. Weniger sei oft auch mehr, also weniger Alkohol, weniger Stress für eine Person durch gerech­te Aufga­ben­ver­tei­lung. Auch eine abgemach­te Preis­ober­gren­ze für Geschen­ke könne helfen, Erwar­tun­gen nicht unnötig zu überladen.

Gänse aus Qualzucht

Viele Menschen verbin­den das Festmahl mit einer knusp­ri­gen Weihnachts­gans. Doch oft haben diese Gänse der Umwelt­or­ga­ni­sa­ti­on BUND zufol­ge in ihrem Leben nie eine Wiese gesehen, sondern leben einge­sperrt und werden inner­halb einer schnel­len Mast von rund zwei bis vier Monaten zur Schlacht­rei­fe gebracht. Dabei würden sie meist mit energie­rei­chem, impor­tier­tem, auch gentech­nisch verän­der­tem Eiweiß­fut­ter gemästet.

Wer eine Weihnachts­gans kaufen möchte, solle auf artge­rech­te Tierhal­tung mit viel Bewegung und gesun­der Fütte­rung achten, so der BUND.

Weihnachts­bäu­me: hoher Flächen­be­darf und mit Pesti­zi­den belastet

Er ist meist mit bunten Kugeln, kleinen Figuren oder funkeln­den Sternen geschmückt: der Weihnachts­baum. Doch viele der verkauf­ten Bäume stammen laut BUND aus Inten­siv-Planta­gen. Dort werde stark gespritzt und gedüngt – zum Schaden von Tieren, Pflan­zen, Gewäs­sern und Böden. Es sei auch nicht auszu­schlie­ßen, «dass Pesti­zi­de in der warmen Innen­luft ausdüns­ten und über den Atemweg aufge­nom­men werden», sagt eine Spreche­rin. Die Umwelt­or­ga­ni­sa­ti­on rät, Bio-Weihnachts­bäu­me oder einen Baum aus heimi­schen, FSC-zerti­fi­zier­ten Wäldern zu kaufen. Diese dürften nicht mit Pesti­zi­den behan­delt werden.

Zu der hohen Pesti­zid­be­las­tung komme noch der hohe Flächen­ver­brauch hinzu: Allein in Deutsch­land nehmen der Umwelt­or­ga­ni­sa­ti­on zufol­ge die Weihnachts­baum-Planta­gen bis zu 50 000 Hektar ein. Eine Fläche, die aus Sicht von Umwelt­schüt­zern besser für echte Wälder einge­setzt werden sollte.

Feuer­werk-Folgen

Ein buntes Feuer­werk ist schön anzuse­hen, hat aber negati­ve Seiten: Das Umwelt­bun­des­amt (Uba) spricht etwa von Verbren­nun­gen und Verlet­zun­gen, Sachschä­den an Fahrzeu­gen und Gebäu­den, enormen Müllmen­gen sowie verängs­tig­ten Haus- und Wildtie­ren. Jährlich werden laut Uba rund 2000 Tonnen Feinstaub durch das Abbren­nen von Feuer­werks­kör­pern freige­setzt, der größte Teil davon in der Silves­ter­nacht. Diese Menge entspre­che in etwa einem Prozent der insge­samt freige­setz­ten Feinstaub­men­ge in Deutschland.

Feinstaub kann auf Dauer tödlich krank machen. Die winzi­gen Staub­teil­chen können Entzün­dun­gen verur­sa­chen und unter anderem die Lunge schädi­gen. Kürzlich vorge­stell­ten Daten der EU-Umwelt­agen­tur EEA zufol­ge starben allein im Jahr 2020 rund 240.000 Menschen in der EU durch die Belas­tung der Luft in ihrer Umgebung mit Feinstaub vorzei­tig. In Deutsch­land waren den Schät­zun­gen zufol­ge etwa 28.900 frühzei­ti­ge Todes­fäl­le darauf zurückzuführen.

Von Philipp Znidar, dpa