Im Streit um die Landes­erst­auf­nah­me (LEA) für Flücht­lin­ge in Ellwan­gen ist weiter keine Einigung in Sicht. Der Gemein­de­rat hat dem Weiter­be­trieb der Unter­kunft am Mittwoch erneut eine Absage erteilt. Die Fraktio­nen von CDU und Freien Bürgern lehnten eine Verlän­ge­rung über das Jahr 2022 hinaus einhel­lig ab, wie ein Sprecher der Stadt am Abend sagte. Die beiden Fraktio­nen stellen die Mehrheit im Gemein­de­rat und verwei­sen auf den Bedarf des Gelän­des etwa für Wohnraum und zur Stadtentwicklung.

Die Fraktio­nen von Grünen und SPD sprachen sich dagegen für einen Weiter­be­trieb aus. Die Grünen könnten sich den Angaben zufol­ge auch einen dauer­haf­ten Betrieb der LEA vorstel­len. Es habe eine durch­aus hart geführ­te Diskus­si­on gegeben, sagte der Sprecher.

Das Minis­te­ri­um beton­te nach der Sitzung, dass kein Beschluss gefasst worden sei. Das Land habe nachdrück­lich auf die aktuell drama­ti­sche Zugangs­la­ge hinge­wie­sen, teilte eine Spreche­rin am Abend mit. Das Minis­te­ri­um ist den Angaben nach weiter­hin zuver­sicht­lich, eine Lösung mit der Stadt für einen vorüber­ge­hen­den Weiter­be­trieb der LEA zu finden.

Anders als vom Gemein­de­rat erhofft, hat das Minis­te­ri­um laut der Stadt kein mögli­ches Endda­tum für den Betrieb der Unter­kunft genannt. Das wäre aus Sicht der beiden Fraktio­nen mit ableh­nen­der Haltung demnach aber die Grund­la­ge für weite­re Gesprä­che. Diese sollen laut Minis­te­ri­um noch in dieser Woche fortge­setzt werden. Am nächs­ten Donners­tag (8.12.) wolle der Gemein­de­rat dagegen auch über mögli­che recht­li­che Schrit­te im Streit mit dem Land beraten, sagte der Sprecher.

Zuvor hatten Vertre­ter des Migra­ti­ons­mi­nis­te­ri­ums beim Gemein­de­rat erneut um Verständ­nis für einen Weiter­be­trieb der Einrich­tung gewor­ben. Eine Verein­ba­rung mit der Kommu­ne zum Betrieb der LEA läuft zum Jahres­en­de aus. Das für Migra­ti­on zustän­di­ge Justiz­mi­nis­te­ri­um von Marion Gentges (CDU) verweist in der Sache auf den dringen­den Bedarf für die LEA angesichts des starken Zuzugs von Flücht­lin­gen vor allem aus der Ukrai­ne. Ein leistungs­fä­hi­ges und flexi­bles Erstauf­nah­me­sys­tem sei in dieser Lage unverzichtbar.

Die Landes­re­gie­rung ringt damit weiter um einen mögli­chen Kompro­miss in Ellwan­gen. Eine Schlie­ßung zum Jahres­en­de scheint mittler­wei­le ausge­schlos­sen. Ellwan­gens Oberbür­ger­meis­ter Micha­el Damba­cher (CDU) sagte demnach am Mittwoch, er gehe davon aus, dass der Betrieb im nächs­ten Jahr zunächst weiter­ge­he. Minis­ter­prä­si­dent Winfried Kretsch­mann (Grüne) sagte vor der Sitzung am Mittwoch, der Zwang der Verhält­nis­se sei enorm und spreche für eine Einigung. Es sei faktisch nicht möglich, die Einrich­tung zu verlas­sen, angesichts der Zahl geflüch­te­ter Menschen.

Die LEA besteht seit dem Jahr 2015. Sie sollte zunächst für fünf Jahre betrie­ben werden. 2019 wurde die Verein­ba­rung zwischen dem Land und der Kommu­ne bis Ende 2022 verlän­gert. Die Unter­kunft ist für rund 1000 Flücht­lin­ge ausge­legt. Derzeit sind dort rund 1100 Menschen unter­ge­bracht. In diesem Jahr sind bereits mehr als 140.000 Menschen aus der Ukrai­ne nach Baden-Württem­berg geflüch­tet. Weite­re 27.000 Menschen stell­ten einen Asylan­trag oder wurden aus humani­tä­ren Gründen aufgenommen.

Als eine mögli­che Perspek­ti­ve in den Gesprä­chen mit der Stadt gilt der Stand­ort Böblin­gen. Dort könnte demnach eine alter­na­ti­ve Unter­kunft entste­hen, die Ellwan­gens Erstauf­nah­me­ein­rich­tung erset­zen würde. Dabei handelt es sich aber keines­wegs um eine kurzfris­ti­ge Lösung, wie auch Kretsch­mann jüngst betonte.