Corona setzt dem deutschen Spitzensport weiter zu. Eine generelle Rückkehr der Fans in die Stadien und Hallen soll es mindestens bis Ende Oktober nicht geben. Dem Profifußball drohen aber noch weitere gravierendere Probleme.
Berlin (dpa) — Keine Zuschauer bis mindestens Ende Oktober und schärfere Corona-Regeln für Reiserückkehrer aus Risikogebieten: Für die Fußball-Bundesliga und den deutschen Spitzensport gab es keine guten Nachrichten vom Polit-Gipfel mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidenten.
Wegen der angespannten Pandemie-Lage in Deutschland wird der Bundesliga-Saisonstart Mitte September definitiv ohne größeres Publikum stattfinden. «Corona ist wieder voll da in Deutschland, deswegen müssen wir uns dieser Situation stellen», sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder nach der mehr als fünfstündigen Sitzung in Berlin. Es sei «nicht sinnvoll, im September mit Zuschauern zu starten. Es wäre mit einer steigenden Infektionszahl ein falsches Signal.»
Merkel und die Länderchefs einigten sich bei der Videokonferenz daher darauf, dass eine Arbeitsgruppe auf Ebene der Chefs der Staatskanzleien in den kommenden beiden Monaten einen Vorschlag für den Umgang mit Fans bei bundesweiten Sportveranstaltungen erarbeiten soll. CSU-Chef Söder stellte zumindest in Aussicht, dass durch die Arbeitsgruppe «kleine, schrittweise Möglichkeiten» vereinbart werden könnten, und zwar «noch vor Weihnachten».
Großveranstaltungen, bei denen eine Kontaktverfolgung und die Einhaltung von Hygieneregelungen nicht möglich ist, sollen indes mindestens bis Ende Dezember 2020 nicht stattfinden.
Die Einschränkungen treffen neben den Fußballclubs von der Bundesliga bis zur Regionalliga auch die Spitzenvereine im Handball, Basketball und Eishockey sowie weitere stark von Zuschauer-Einnahmen abhängige Sportarten empfindlich. Die Bundesligasaison im Handball soll am 1. Oktober beginnen, die Basketballer und die Kufen-Cracks in der Deutschen Eishockey-Liga wollen im November in die Spielzeit 2020/21 starten — jeweils mit Zuschauern.
Inwieweit schon vor dem 31. Oktober zumindest einige Hundert Fans zugelassen werden, blieb zunächst offen. Die Beschränkungen für Teilnehmer an solchen Veranstaltungen unterscheiden sich derzeit in den Bundesländern stark.
Dem Profifußball droht aber ein weiteres Problem von möglicherweise noch viel größerer Tragweite. Ab dem 1. Oktober sollen Reiserückkehrer aus Risikogebieten eine Corona-Quarantäne frühestens durch einen Test ab dem fünften Tag nach der Einreise in Deutschland beenden können. Das könnte massive Auswirkungen auf den Spielbetrieb in der Bundesliga und 2. Bundesliga haben, denn die Vereine stellen zahlreiche in- und ausländische Nationalspieler für die internationalen Partien ab.
Nach derzeitigem Stand wäre auch die DFB-Auswahl davon betroffen, die am 10. Oktober in der Ukraine spielt. Die Ukraine gehört zu einer Vielzahl von Ländern, die vom Robert Koch-Institut derzeit als Risikogebiet eingestuft worden sind. Im weiteren Saisonverlauf könnten auch Spiele in der Champions League und Europa League in Risikogebieten stattfinden, was dann Auswirkungen auf die Bundesligavereine hätte.
In Sachen Fans gibt es vorerst auch in Regionen mit sehr geringen Infektionszahlen vorerst keine Ausnahmeregeln, wie noch in der Beschlussvorlage angedacht worden war. Dies hätte zu einem Flickenteppich geführt. Während Vereine aus Regionen mit hohen Infektionszahlen weiter vor leeren Rängen hätten spielen müssen, hätten Clubs aus Gegenden mit nur wenigen Corona-Erkrankungen vielleicht vor einem größeren Publikum spielen können.
Die Hoffnungen der Branche auf ein Stück Normalität erfüllen sich damit zunächst nicht, obwohl es durchaus prominente Unterstützung für die Pläne einer Fan-Rückkehr gibt. So sprach sich Bundesinnenminister Horst Seehofer dafür aus, Zuschauer zumindest in begrenztem Umfang wieder in die Bundesliga-Stadien zu lassen. «Die Bevölkerung versteht es nicht, wenn im Nahverkehr viele Menschen auf engem Raum unterwegs sein dürfen, aber ein Fußballspiel mit wenigen Zuschauern und großen Abständen nicht möglich sein soll», sagte der CSU-Politiker der «Augsburger Allgemeinen».