BERLIN (dpa) — Die vom Gesund­heits­mi­nis­ter angekün­dig­ten Maßnah­men helfen auf den in Notla­ge gerate­nen Kinder­sta­tio­nen erst mal wenig, bekla­gen Ärzte. Zu lange schon werde das Gesund­heits­sys­tem «gegen die Wand gefahren».

Der aktuel­le Notstand in der Kinder­me­di­zin infol­ge einer Welle an Atemwegs­in­fek­tio­nen hat nach Ansicht des Berufs­ver­ban­des der Kinder- und Jugend­ärz­te gravie­ren­de Risiken für die jungen Patien­ten. «Es ist tatsäch­lich so, dass im Moment die Gesund­heit von Kindern und Jugend­li­chen und auch das Leben ordent­lich gefähr­det sind», sagte Bundes­spre­cher Jakob Maske am Montag dem Deutschlandfunk.

Maske übte massi­ve Kritik an der Gesund­heits­po­li­tik der vergan­ge­nen Jahre, auch unter Gesund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach (SPD). Das Gesund­heits­sys­tem werde seit Jahren «gegen die Wand gefah­ren». Bei den Kinder- und Jugend­ärz­ten sei extra stark gespart worden. Es seien sehr viele Betten abgebaut worden, weil sich Kinder- und Jugend­me­di­zin nicht lohne. Seit der Übernah­me des Ressorts durch Lauter­bach werde die Versor­gung weiter­hin immer schlech­ter. Das drücke sich genau in diesen Krisen­zei­ten aus, sagte Maske.

Die grund­sätz­li­che Krise des Systems sei durch Corona kaschiert worden. Das sei nun aber vorbei. «Wir haben jetzt einen ganz norma­len Anstieg, wie wir ihn jeden Winter sehen von Infekt­krank­hei­ten — und die Syste­me brechen zusam­men», sagte Maske. Schwerst­kran­ke Kinder müssten über Hunder­te Kilome­ter aus Berlin verlegt werden, weil es keine Betten gebe. Die Behaup­tung, dass derar­ti­ge Aussa­gen Panik­ma­che seien, wollte er nicht gelten lassen. «Das ist nicht Panik­ma­che, das ist unser tägli­ches Leben.»

Kritik an Verle­gung von Personal

Lauter­bach hat bereits Hilfs­maß­nah­men angekün­digt. So soll Pflege­per­so­nal aus Erwach­se­nen- in Kinder­sta­tio­nen verlegt werden. Er forder­te die Kranken­kas­sen auf, Vorga­ben zur Perso­nal­be­set­zung vorerst nicht zu prüfen und Sanktio­nen auszu­set­zen. Zudem appel­lier­te er an Eltern und Kinder­ärz­te, nicht unmit­tel­bar nötige Vorsor­ge­un­ter­su­chun­gen zu verschieben.

Der Vorschlag der Verle­gung von Perso­nal in die Kinder­sta­tio­nen hilft laut Maske «überhaupt» nicht. Ein Erwach­se­nen-Pfleger könne kein Frühge­bo­re­nes mit 600 Gramm Körper­ge­wicht pflegen. «Das ist völli­ger Humbug und wird auch keine Entlas­tung bringen.»

Am Freitag hatte der Bundes­tag ein Geset­zes­pa­ket zu Kranken­häu­sern beschlos­sen, das mehr Geld für Kinder­kli­ni­ken und Entlas­tun­gen bei dringend benötig­ten Pflege­kräf­ten bringen soll. Für Kinder­kli­ni­ken soll es 2023 und 2024 jeweils 300 Millio­nen Euro zusätz­lich geben.

Diese Pläne hält Maske erst einmal für in Ordnung. Insge­samt seien 300 Millio­nen Euro aber «nicht so wahnsin­nig viel Geld». In den Plänen werde aber auch nur die klini­sche Medizin bedacht und nicht die ambulan­te. Die ambulan­ten Kinder- und Jugend­me­di­zi­ner behan­del­ten aber 85 bis 90 Prozent der Erkrankten.