Angelo Kelly war selbst ein Kinder­star. Mit blonden Engels­lo­cken und glocken­hel­ler Stimme verhalf er seiner Kelly Family in den 1990er Jahren zu riesi­gen Chart-Erfol­gen. Jetzt hat er wegen seines kleinen Sohnes Ärger mit der Justiz. Es geht um angeb­li­che Kinderarbeit.

HASSFURT (dpa) — Ex-Kinder­star Angelo Kelly hat Ärger mit der Justiz. Es geht um den Vorwurf der Kinder­ar­beit. Weil sein kleiner Sohn William abends mit ihm auf der Bühne stand, muss der 39 Jahre alte Sänger sich vor Gericht verantworten.

Das Gewer­be­auf­sichts­amt der Regie­rung von Unter­fran­ken hat ein Bußgeld von 5000 Euro gegen den einst jüngs­ten Spross der in den 1990er Jahren erfolg­rei­chen Kelly Family verhängt. Weil er Einspruch gegen den Bescheid einleg­te, kam es zur Verhand­lung vor dem Amtsge­richt Haßfurt, wie ein Gerichts­spre­cher am Donners­tag bestä­tig­te. Zuvor hatten mehre­re lokale Medien über den Fall berichtet.

Hinter­grund der gericht­li­chen Ausein­an­der­set­zung ist ein Auftritt von Angelo Kelly & Family im Rahmen der «Irish Summer-Tour 2019» am 26. Juli 2019 auf Schloss Eyrichs­hof bei Ebern in Unter­fran­ken. Sohn William war damals vier Jahre alt und soll von 20 Uhr bis 20.20 Uhr auf der Bühne gestan­den haben, was aus Sicht der Behör­den einen Verstoß gegen das Jugend­ar­beits­schutz­ge­setz bedeutet.

Laut Medien­be­rich­ten soll es kein Einzel­fall gewesen und Angelo Kelly wegen der Auftrit­te seines kleinen Sohnes schon öfter ins Visier der Behör­den geraten sein. Daher auch die mit 5000 Euro sehr hoch angesetz­te Summe. Ein Sprecher des Amtsge­richts Haßfurt bestä­tig­te, dass es auch andern­orts Verfah­ren gab, nannte aber keine Details.

«Ich würde nie etwas tun, was das Wohl meines Kindes gefähr­den würde», sagte Angelo Kelly der «Bild»-Zeitung. Seine Familie habe in den vergan­ge­nen Jahren stets gut mit den Jugend­be­hör­den bezüg­lich der Auftrit­te der Kinder zusam­men­ge­ar­bei­tet, beton­te er. Auf Anfra­ge der Deutschen Presse-Agentur wollten er und seine Spreche­rin sich zunächst nicht weiter dazu äußern.

Kellys Anwalt Julian Acker­mann sagte der «Bild»: «Es geht um kurze Bühnen­be­su­che von William während der Konzer­te seines Vaters im Beisein seiner Mutter und seiner Geschwis­ter. William konnte stets selbst entschei­den, ob er auf die Bühne möchte und ob er mitsin­gen oder auf seiner Kinder­gi­tar­re mitklim­pern möchte.»

Die recht­li­che Grund­la­ge für den Streit ist das Jugend­ar­beits­schutz­ge­setz. Das bestimmt, «dass die Beschäf­ti­gung von Kindern (also Perso­nen unter 15 Jahren) verbo­ten ist (…) und dass behörd­li­che Ausnah­men für Kinder bis sechs Jahren bis zu zwei Stunden täglich in der Zeit von 8 bis 17 Uhr möglich sind», wie das Amtsge­richt mitteilte.

Aus Sicht des Deutschen Kinder­hilfs­wer­kes ist diese Regelung auch durch­aus sinnvoll: «Bildungs- und Freizeit­in­ter­es­sen des Kindes dürfen nicht einge­schränkt werden», sagt Geschäfts­füh­rer Holger Hofmann.

Angelo Kelly war selbst ein Kinder­star, feier­te in den 1990er Jahren mit der Origi­nal-Kelly-Family riesi­ge Erfol­ge. Mit blonden Engels­lo­cken und glocken­hel­ler Stimme schmet­ter­te er den größten Erfolg der Band: «An Angel».

Inzwi­schen ist der einst jüngs­te Kelly-Spross selbst Großfa­mi­li­en-Vater und führt die musika­li­sche Famili­en­tra­di­ti­on fort. Mit seiner Frau Kira, für die er mit 13 Jahren den Hit «I can’t help myself» schrieb, und den fünf gemein­sa­men Kindern hat er 2018 das erste gemein­sa­me Album aufge­nom­men, Vox beglei­te­te das Leben der Familie in der Auswan­de­rer-Sendung «Goodbye Deutschland».

Er selbst erinner­te sich an seine Zeit als Kinder­star in einem Inter­view der Deutschen Presse-Agentur von 2017 so: «Ich habe es selber nicht als negativ empfun­den und auch nicht als Jackson Five oder so. Im Großen und Ganzen war ich sehr glück­lich. Und als es Mitte der 90er zu viel wurde, da hat das auch unseren Vater überfor­dert. Das war ein Tornado.»

Sein älterer Bruder Micha­el Patrick («Paddy») Kelly sagte der dpa einmal: «Ich bin in einem Camping­wa­gen geboren, habe gelernt zu singen und zu musizie­ren. Wir haben keine Schule besucht, sondern die Welt bereist — und dann kamen die musika­li­schen Erfol­ge, anfangs auf der Straße, später in Stadi­en. Ein norma­les Leben war das nicht.»

Im Streit um den Auftritt seines Sohnes musste Angelo Kelly vor Gericht selbst nicht erschei­nen, wie ein Sprecher mitteil­te. Ein Urteil erging am ersten Verhand­lungs­tag nicht, weil sein Anwalt nach Gerichts­an­ga­ben einen Befan­gen­heits­an­trag gegen den Richter stell­te, der dem Wunsch nach einer Verle­gung des Termins zuvor nicht entspro­chen hatte. Über den Befan­gen­heits­an­trag soll Anfang kommen­der Woche entschie­den werden, ein Urteil ist dann für den 12. Febru­ar geplant.

«Es gibt leider viel Kinder­ar­beit in unserem Land und es gibt sehr wenig Kontrol­len», sagt der Präsi­dent des Kinder­schutz­bun­des, Heinz Hilgers. «Das Phäno­men gibt es massen­haft — auch in Deutsch­land.» In der Regel werde das Thema aber missach­tet, weil die Gewer­be­auf­sicht zu wenig Perso­nal habe. «Insofern ist es schon mal gut, dass hier wenigs­tens genau hinge­schaut wird.»
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