Depres­si­on, Angst, Aggres­si­vi­tät — etliche Menschen in Deutsch­land leiden unter psychi­schen Proble­men, weil sie als Kind belas­ten­de Erfah­run­gen gemacht haben. Misshand­lun­gen sind bei weitem nicht das einzi­ge Problem.

Insge­samt sind es fast 44 Prozent, die zum Beispiel elter­li­che Schei­dung oder Trennung, Alkohol- oder Drogen­miss­brauch in der Familie, emotio­na­le Vernach­läs­si­gung oder emotio­na­le Misshand­lung mitge­macht haben. Das zeigt eine aktuel­le Studie, die die Bundes­psy­cho­the­ra­peu­ten­kam­mer am Freitag in Berlin in einer neuen Übersicht zu dem Thema anführte.

Ein Fünftel hatte nach eigenen Angaben demnach eine der belas­ten­den Kindheits­er­fah­run­gen, rund 9 Prozent zwei und rund 5 Prozent drei. Bei rund 9 Prozent gab es demnach sogar mindes­tens vier belas­ten­de Kindheits­er­fah­run­gen — vor allem diese Betrof­fe­nen leiden laut der Studie beson­ders häufig unter Depres­si­vi­tät, Ängst­lich­keit, sind aggres­siv oder haben insge­samt eine einge­schränk­te Lebens­zu­frie­den­heit. Am häufigs­ten wurde von den über 2500 Befrag­ten demnach elter­li­che Schei­dung oder Trennung als Belas­tung genannt, danach folgten Alkohol­kon­sum oder Drogen­miss­brauch in der Familie.

Anhand weite­rer, bereits etwas älterer Studi­en unter­streicht die Kammer zudem, dass schon fast 20 Prozent der Kinder und Jugend­li­chen selbst inner­halb eines Jahres an einer psychi­schen Störung erkran­ken. Angst­stö­run­gen, depres­si­ve Störun­gen oder dauer­haft aufsäs­si­ges sowie aggres­si­ves Verhal­ten kämen am häufigs­ten vor.

Kammer­prä­si­dent Dietrich Munz sagte laut einer Mittei­lung, nur ein Bruch­teil der Betrof­fe­nen sei in Behand­lung. «Dieses Missver­hält­nis ist für ihre Zukunft gravie­rend, da nicht behan­del­te Ängste und Depres­sio­nen im Kindes- und Jugend­al­ter deutlich das Risiko erhöhen, im Erwach­se­nen­al­ter erneut psychisch zu erkran­ken», sagte Munz. Er bezieht sich auf Behand­lun­gen in psycho­the­ra­peu­ti­schen Praxen.

Die Autoren der Studie über belas­ten­de Proble­me in der Kindheit betonen, dass die meisten Betrof­fe­nen Proble­me im Eltern­haus erfah­ren mussten. Daher sei es wichtig, auf belas­ten­de Erleb­nis­se über Kindes­miss­hand­lung hinaus zu achten, etwa den Alkohol­miss­brauch im Eltern­haus. Erforscht hatte dies ein Team an Kinder- und Jugend­psych­ia­tern und ‑thera­peu­ten aus Ulm, Wien und Leipzig.

Überpro­por­tio­nal häufig träten psychi­sche Erkran­kun­gen von Kindern und Jugend­li­chen bei ärmeren Famili­en und Eltern mit niedri­ge­ren Bildungs­ab­schlüs­sen auf, so die Psycho­the­ra­peu­ten­kam­mer weiter unter Berufung auf andere Erhebun­gen. «Aufgrund niedri­ger Einkom­men kommt es häufi­ger zu engen Wohnsi­tua­tio­nen und Konflik­ten in den Famili­en.» Bei gerin­ge­ren wirtschaft­li­chen Ressour­cen bekämen Kinder und Jugend­li­che auch weniger emotio­na­len Rückhalt.