FREIBURG/STUTTGART (dpa/lsw) — Essen retten mit Staus? Eine Blocka­de von Klima­ak­ti­vis­ten an einer Abfahrt der A5 bei Freiburg sorgt für Kopfschüt­teln bei Landes­va­ter Kretsch­mann. Es gäbe andere Wege, belehrt der Ur-Grüne die Aktivisten.

Aus Protest gegen Klima­not­stand und Lebens­mit­tel­ver­schwen­dung haben fünf Aktivis­ten eine Autobahn­ab­fahrt bei Freiburg blockiert — und damit für lange Staus auf der A5 gesorgt. Die Aktion am Diens­tag­mor­gen löste zugleich einen großen Polizei­ein­satz aus. Um Gefah­ren für die Demons­tran­ten und Autofah­rer abzuwen­den, sei man mit zahlrei­chen Kräften vor Ort gewesen, sagte ein Polizei­spre­cher. Baden-Württem­bergs grüner Minis­ter­prä­si­dent Winfried Kretsch­mann kriti­sier­te den Protest. Von Autobahn-Blocka­den halte er nichts. «Ich finde, dass das nicht geht. Das sind schwe­re Rechts­ver­let­zun­gen, die man nicht recht­fer­ti­gen kann», sagte er in Stuttgart.

Das Demons­tra­ti­ons­recht gehört für den Grünen-Politi­ker zu den elemen­ta­ren Rechten einer freiheit­li­chen Verfas­sung. Ziviler Ungehor­sam sei jedoch erst angebracht, wenn alle anderen Möglich­kei­ten erschöpft seien. «Das ist ja jetzt überhaupt nicht der Fall», erklär­te der Minis­ter­prä­si­dent. Die Aktivis­ten könnten sich etwa mit Petitio­nen an die neue Bundes­re­gie­rung wenden. Zuvor hatte Grünen-Partei­che­fin Ricar­da Lang vor einigen Tagen Verständ­nis für zivilen Ungehor­sam geäußert. Sie beton­te aber auch, es dürfe niemand gefähr­det werden.

Baden-Württem­bergs Justiz­mi­nis­te­rin Marion Gentges (CDU) verur­teil­te die Aktion: «Wer sich auf eine Autobahn im Berufs­ver­kehr setzt, blockiert Pendler ebenso wie Rettungs­fahr­zeu­ge. Das kann Menschen­le­ben gefähr­den.» Meinungs­frei­heit und fried­li­cher Protest seien wichti­ge Säulen der Demokra­tie, fänden aber Grenzen im gelten­den Recht und den Rechten anderer. Für die Frage, ob Straf­ta­ten verwirk­licht wurden, komme es nicht auf gute oder schlech­te Beweg­grün­de an. «Geset­ze gelten für alle, unabhän­gig von ihrer politi­schen oder gesell­schaft­li­chen Motivation.»

Laut Polizei waren rund 20 Aktivis­ten an der Aktion an der A5-Abfahrt Freiburg-Nord betei­ligt. Von den fünf Demons­tran­ten auf der Fahrbahn hatten sich demnach zwei «an der Fahrbahn festge­klebt». Eine Spreche­rin der Initia­ti­ve «Letzte Genera­ti­on», die die bundes­wei­ten Aktio­nen der Kampa­gne «Essen Retten — Leben Retten» organi­siert, bestä­tig­te auf Nachfra­ge: «Teilwei­se kleben Menschen ihre Hand mit Sekun­den­kle­ber auf die Fahrbahn, um größe­re Verkehrs­stö­run­gen zu verur­sa­chen.» Damit wolle man den Forde­run­gen der Initia­ti­ve Nachdruck verlei­hen. Auf Bildern und einem Twitter-Video sieht man die Aktivis­ten auf der Abfahrt auf Höhe einer Kreuzung mit Ampel sitzen; mit Warnwes­ten, Masken, Mützen und Bannern «Essen Retten — Leben Retten».

Gegen 8.15 Uhr gingen erste Meldun­gen bei der Polizei von der Blocka­de ein. Um 9.25 Uhr war die Fahrbahn wieder frei. Zeitwei­se wurde die Abfahrt Freiburg-Nord voll gesperrt. «Es kam zu einem langen Rückstau auf der Autobahn», so die Polizei. Der Verkehr auf der A5 Karls­ru­he Richtung Basel wurde kurzzei­tig bei Tenin­gen ausge­lei­tet. Die Beamten stell­ten die Perso­na­li­en der Teilneh­mer fest. Gegen sie werde ermit­telt, hieß es.

Demons­tran­ten der Kampa­gne «Essen Retten — Leben Retten» hatten in den vergan­ge­nen Wochen bundes­weit schon öfter Straßen blockiert, darun­ter Ende Januar die Bundes­stra­ße 10 in Stutt­gart. Ebenfalls am Diens­tag gab es der Kampa­gne zufol­ge Aktio­nen an Minis­te­ri­en in Berlin. Die Aktivis­ten fordern ein Gesetz gegen Lebens­mit­tel­ver­schwen­dung und eine sofor­ti­ge Agrar­wen­de, um Treib­haus­gas­emis­sio­nen in der Landwirt­schaft zu senken. Sie bezeich­nen sich als «Aufstand der letzten Genera­ti­on». Dahin­ter stehen einige der jungen Leute, die vor der Bundes­tags­wahl wochen­lang im Hunger­streik waren.