LINDAU – Ziel der Bayerischen Staatsregierung ist, dass zu Beginn des neuen Schuljahres alle Klassenzimmer und Räume in Kindertagesstätten mit Luftreinigungsgeräten ausgestattet sein sollen. Umsetzen müssen dies die Kommunen. Die kommunalen Spitzenverbände hatten diese Entscheidung bereits kritisiert.
Landrat Elmar Stegmann ist Vorsitzender der schwäbischen Landräte und legt mit seiner Kritik über diese Entscheidung nun nochmals nach: „Wenn die Luftreinigungsgeräte einen hohen Schutz für die Schüler und Lehrer bieten, so darf über eine Anschaffung nicht diskutiert werden. Für meine schwäbischen Landratskolleginnen und ‑kollegen und mich sind aber noch viele Fragen offen und bei einem so hohen Einsatz von Steuergeldern müssen diese vorab geklärt sein. Allein im Landkreis Lindau kostet die weitere Ausstattung der Klassenzimmer mit Luftreinigungsgeräten etwa 800.000 Euro und ich befürchte, dass der flächendeckende Einsatz solcher Geräte nur Kosmetik ist, die fast nichts bringt.“
Zu wenig hinterfragt ist nach derzeitigem Untersuchungsstand der tatsächliche Nutzen von Luftreinigungsgeräten bei der Pandemiebekämpfung. Denn der Einsatz solcher Geräte verhindert nicht per se eine Infektion oder Quarantäne. Vielmehr muss jeder Einzelfall vom zuständigen Gesundheitsamt genau geprüft werden. Die Erfahrung der letzten Monate zeigt, dass ein Luftreinigungsgerät Lehrern, Eltern und Schülern eher ein falsches Gefühl von Sicherheit vermittelt als tatsächlichen Nutzen zu bringen. „Die Frage ist, ob die Geräte in einem voll besetzten Klassenzimmer Viren in einem Umfang filtern, der wirklichen Schutz für die Kinder und Lehrkräfte bietet“, meint Stegmann. Denn laut Untersuchungen sind ein regelmäßiges Lüften und der Einsatz von CO2-Messgeräten weitaus Ziel führender, da die mobilen Luftreinigungsgeräte die Luft lediglich umwälzen.
Sie sind darüber hinaus wenig klimafreundlich, laut und die Luftfilter, die regelmäßig gewechselt werden müssen, produzieren nicht nur Wartungs- und Folgekosten, sondern gelten auch als Sondermüll. Außerdem müssten Kommunen mit vielen Schulen in ihrer Trägerschaft einen so großen Auftrag europaweit ausschreiben und eine solche Ausschreibung kann aufgrund der vorgegebenen Fristen nicht in der Kürze der Zeit umgesetzt werden. 30 solcher mobiler Luftreinigungsgeräte sind in den Schulen bereits im Einsatz und zwar dort, wo aufgrund der baulichen Gegebenheiten Unterrichtsräume nicht ausreichend durchlüftet werden können. Sie sind dort aber lediglich eine Ergänzung zum vorhandenen Corona-Hygienekonzept der Schulen.
„Wirklich wichtig wäre meines Erachtens nach ein sinnvolles Test- und Unterrichtskonzept für die Zeit nach den Sommerferien“, erklärt Landrat Stegmann. „Ein einheitliches Konzept für Fern- oder Wechselunterricht sowie eine gute Online-Plattform würde es den Lehrkräften und Schülern erheblich erleichtern.“ Und natürlich spielen auch die Impfungen eine große Rolle: Im Landkreis Lindau können seit letzter Woche in den Impfzentren auch Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren geimpft werden. Sollten viele Eltern dieses Impfangebot für sich und ihre Kinder annehmen, so wäre dies das beste Mittel im Kampf gegen eine mögliche vierte Welle im Herbst.