Bildungs­exper­ten schla­gen seit Wochen Alarm: Im Distanz­un­ter­richt verlie­ren viele Schüler den Anschluss — und zwar gerade dann, wenn die Eltern wenig Unter­stüt­zung bieten. Ein deutsch­land­wei­tes Nachhil­fe-Projekt von Studie­ren­den springt deshalb in die Bresche.

Die Anwei­sun­gen des Lehrers sind unver­ständ­lich, die Eltern am Arbei­ten, die Kids ratlos: Eine studen­ti­sche Initia­ti­ve greift Kindern und Jugend­li­chen im Distanz­un­ter­richt bundes­weit mit kosten­lo­ser Online-Nachhil­fe unter die Arme. Derzeit stünden rund 1000 halbstün­di­ge Slots zur Verfü­gung, sagte Sebas­ti­an Scott der Deutschen Presse-Agentur in München. Er hat seit dem ersten Lockdown gemein­sam mit Freun­den an der Online-Platt­form www.naklar.io getüf­telt, die Schüle­rin­nen und Schüler mit ehren­amt­li­chen Tutoren zusammenbringt.«Wir hatten gesehen, dass sehr, sehr viele Schüle­rin­nen und Schüler Unter­stüt­zung brauchen und die Eltern nicht immer zur Seite stehen, nicht die Zeit haben oder das auch fachlich nicht können», erläu­ter­te der 23-Jähri­ge. Diese Lücke sollte deshalb von Ehren­amt­li­chen aufge­fan­gen werden. Inzwi­schen engagie­ren sich mehr als 800 Tutoren und betreu­ten bislang 5500 Fragen­de indivi­du­ell in Audio- oder Video-Sitzungen.

«Die Schüler gehen einfach auf die Seite, wählen das Fach aus und werden live mit einem Tutor verknüpft, der online ist», erläu­ter­te Scott das Prinzip. «Zu norma­len Uhrzei­ten ist eigent­lich auch immer jemand da, und wenn gerade niemand online ist, kann man sofort einen Termin auswäh­len. Da herrscht wirklich gerade Wunsch­kon­zert, da kann man sich gleich für den Abend oder den Tag danach einen Termin buchen.»

Die Tutoren, deren Identi­tät zuvor überprüft wird, sind bunt gemischt, von Studie­ren­den über Berufs­tä­ti­ge bis zu Rentnern. «Unser Ziel ist es nicht, den Lehrer an der Schule zu erset­zen, sondern die Eltern zu erset­zen, die gerade nicht unter­stüt­zen können. Das Fachli­che hat deshalb nicht die erste Priori­tät», erläu­ter­te Scott.

Das Konzept hat auch das sächsi­sche Kultus­mi­nis­te­ri­um überzeugt, das in einem Pilot­pro­jekt 5000 Sessi­on-Gutschei­ne an hilfe­be­dürf­ti­ge Schüler vertei­len lässt. Sie werden ausschließ­lich von Lehramts­stu­den­ten betreut, um Wissens­lü­cken möglichst effizi­ent zu schließen.

Scott und sein Team können sich gut vorstel­len, dass das Projekt auch nach dem Ende der akuten Krise fortbe­steht — schließ­lich werde es noch lange dauern, bis gerade benach­tei­lig­te Kinder und Jugend­li­che die Lernrück­stän­de aufge­holt hätten. Doch das Projekt zielt auf die breite Masse: «Wir haben von Grund­schü­lern bis hin zu Abschluss­schü­lern alle mögli­chen Schul­ar­ten dabei, vom Gymna­si­um bis zur Mittel-/Haupt­schu­le.» Am stärks­ten nachge­fragt sind übrigens «die üblichen Verdäch­ti­gen: Mathe, Deutsch, Englisch».