KIEW/BRÜSSEL (dpa) — Selen­skyj dankt den Bürge­rin­nen und Bürgern — Millio­nen hätten einen Orden verdient, so der Präsi­dent. Ukrai­nes Militär nimmt in besetz­ten Gebie­ten russi­sche Ziele ins Visier. Entwick­lun­gen im Überblick.

In der Ukrai­ne wurde in der Nacht weiter gekämpft. Russi­sche Truppen beschos­sen ukrai­ni­schen Angaben zufol­ge militä­ri­sche Ziele bei der Großstadt Dnipro mit Raketen.

Raketen­an­grif­fe bei Dnipro

Ukrai­ni­schen Angaben nach feuer­ten russi­sche Kräfte in der Nacht zu Freitag zweimal Raketen auf eine Militär­ein­heit nahe der Stadt Dnipro ab. Die Gebäu­de der ukrai­ni­schen Einheit seien dabei erheb­lich beschä­digt worden und zwei Brände ausge­bro­chen, teilte die regio­na­le Militär­ver­wal­tung auf Facebook mit. Dnipro liegt im Zentrum der Ukrai­ne und ist bislang von Angrif­fen weitge­hend verschont geblieben.

Im Nordos­ten des Landes sollen sich nach Angaben des ukrai­ni­schen General­stabs russi­sche Truppen nach hohen Verlus­ten teilwei­se zurück­ge­zo­gen haben. Man beobach­te den Rückzug bestimm­ter russi­scher Einhei­ten hinter die russi­sche Grenze nach dem Verlust von mehr als der Hälfte des Perso­nals. Die Angaben sind nicht unabhän­gig zu prüfen.

Nach Einschät­zung briti­scher Geheim­diens­te haben die ukrai­ni­schen Streit­kräf­te damit begon­nen, hochwer­ti­ge Ziele in von Russland besetz­ten Gebie­ten anzugrei­fen. Als Beispiel wurde die Zerstö­rung eines russi­schen Landungs­schiffs in der Hafen­stadt Berdjansk vom Donners­tag genannt.

Auch Vertre­ter der Separa­tis­ten melden Beschuss mit Artil­le­rie durch die ukrai­ni­sche Armee. In der Klein­stadt Solote im Gebiet Luhansk soll ein Wohnhaus beschä­digt und ein Schup­pen zerstört worden sein, wie ein Vertre­ter der «Volks­re­pu­blik» Luhansk am Freitag­mor­gen auf Telegram mitteil­te. Vier Grana­ten des Kalibers 122mm seien auf das Haus abgefeu­ert worden. Die Angaben konnten nicht unabhän­gig geprüft werden.

Selen­skyj: Millio­nen hätten einen Orden verdient

Selen­skyj dankte in einer nächt­li­chen Video­bot­schaft den Bürge­rin­nen und Bürgern der Ukrai­ne für ihren Wider­stand angesichts der vor einem Monat begon­ne­nen russi­schen Invasi­on. Seit dem 24. Febru­ar hätten die ukrai­ni­schen Vertei­di­ger den Feind überall aufge­hal­ten, sagte er. Millio­nen Ukrai­ne­rin­nen und Ukrai­ner, die alles für den Sieg der Ukrai­ne und den Frieden täten, hätten Orden verdient.

Die Nato will die Ukrai­ne weiter mit Boden-Luft-Raketen und Panzer­ab­wehr­waf­fen zu versor­gen. Die 30 Nato-Staaten werden aber trotz eindring­li­cher Appel­le Selen­sky­js keine Panzer oder Flugzeu­ge liefern. «Es gibt eine Grenze, die darin besteht, nicht Kriegs­par­tei zu werden», sagte der franzö­si­sche Präsi­dent Emmanu­el Macron nach dem Sonder­gip­fel der Nato am Donners­tag in Brüssel.

Debat­te über Boykott russi­scher Energie

Der Vorsit­zen­de des Europa-Ausschus­ses im Bundes­tag, Anton Hofrei­ter (Grüne), fordert ein sofor­ti­ges Energie-Embar­go gegen Russland. «Wir überwei­sen Tag für Tag Hunder­te Millio­nen Euro nach Moskau. Damit werden der russi­sche Staat und sein Militär­ap­pa­rat am Laufen gehal­ten», sagte er dem Nachrich­ten­por­tal «The Pioneer».

Eine Absage an russi­sche Energie­lie­fe­run­gen würde zwar zu «einer mittle­ren Rezes­si­on führen». Er teile aber nicht die Einschät­zung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Vizekanz­ler Robert Habeck (Grüne), dass der wirtschaft­li­che und gesell­schaft­li­che Schaden für Deutsch­land zu groß wäre, sagte Hofreiter.

Auch der ukrai­ni­sche Präsi­den­ten­be­ra­ter Alexan­der Rodnyan­sky hält einen Stopp der europäi­schen Impor­te von russi­schem Öl und Gas für unumgäng­lich. Der Westen müsse verhin­dern, dass die Sanktio­nen gegen Russland von Moskau umgan­gen würden, sagte Rodnyan­sky am Donners­tag in der ZDF-Sendung «Maybrit Illner». FDP-Partei­vi­ze Wolfgang Kubicki sagte dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land (RND), Deutsch­land solle wieder stärker auf Braun­koh­le und Kernener­gie setzen, um unabhän­gig von russi­schem Gas zu werden.

Das wird heute wichtig

Zum Abschied aus Brüssel trifft US-Präsi­dent Biden mit der EU-Kommis­si­ons­prä­si­den­tin Ursula von der Leyen zusam­men. Dann fliegt er weiter in das östli­che Nato-Land Polen, das direkt an die Ukrai­ne grenzt. Etwa 2,2 Millio­nen Flücht­lin­ge aus der Ukrai­ne sind bislang nach Polen einge­reist, ein Großteil ist dort geblieben.

Biden will sich erst in der grenz­na­hen Stadt Rzeszow über den humani­tä­ren Einsatz zur Versor­gung der Flücht­lin­ge infor­mie­ren. Außer­dem wird er in Polen statio­nier­te US-Solda­ten treffen und kommt zu Gesprä­chen mit der polni­schen Führung in die Haupt­stadt Warschau.