KIEW/MOSKAU (dpa) — In der Region um das Atomkraft­werk Saporischschja wurde am Donners­tag weiter gekämpft. Trotz­dem kam ein Exper­ten­team sicher an. Jetzt soll die Gefah­ren analy­siert werden. Die Ereig­nis­se im Überblick.

Aus Sorge vor einem atoma­ren Unglück durch den Krieg in der Ukrai­ne wird Europas größtes Atomkraft­werk Saporischschja jetzt erstmals von einem Team inter­na­tio­na­ler Exper­ten überprüft. Die Missi­on der Inter­na­tio­na­len Atomener­gie­be­hör­de (IAEA) traf am Donners­tag nach wochen­lan­gen Vorbe­rei­tun­gen in dem AKW ein.

Das Kraft­werk im Süden der Ukrai­ne ist schon seit einem halben Jahr von russi­schen Truppen besetzt. Immer wieder steht es unter Beschuss — auch am Donners­tag wieder. Beide Kriegs­par­tei­en machen sich gegen­sei­tig dafür verantwortlich.

Die 14-köpfi­ge Missi­on unter Leitung von IAEA-Chef Rafael Grossi erreich­te erst nach gefähr­li­cher Anrei­se das Kraft­werk. Der Konvoi musste mehrfach stoppen, um nicht selbst unter Beschuss zu geraten. «Wir haben eine sehr wichti­ge Missi­on zu erfül­len», sagte Grossi. Die Ukrai­ne setzte unter­des­sen ihre Versu­che fort, Gelän­de von den russi­schen Besat­zern zurück­zu­ge­win­nen. Moskau empör­te sich über Reise-Restrik­tio­nen für Russen durch die EU. In der Ukrai­ne begann ein neues Schul­jahr — unter beson­de­ren Umständen.

IAEA-Missi­on kann Arbeit in AKW aufnehmen

Das IAEA-Team traf gegen 13.15 Uhr MESZ in Saporischschja ein. Kurz zuvor sei das Kraft­werk noch beschos­sen worden, berich­te­te der ukrai­ni­sche Betrei­ber­kon­zern Enerhoatom. Grossi hatte bei der Abfahrt betont, er sei sich der Gefah­ren bewusst. Die Missi­on sei aber zu wichtig, um sie im letzten Moment abzubla­sen. Russlands Außen­mi­nis­ter Sergej Lawrow versprach Unter­stüt­zung, forder­te von dem Team aber «Objek­ti­vi­tät». Im Gespräch ist auch eine dauer­haf­te Präsenz der IAEA in dem Kraft­werk. Mit sechs Reakto­ren — von denen derzeit zwei in Betrieb sind — und einer Kapazi­tät von 5700 Megawatt ist es die leistungs­stärks­te Nukle­ar­an­la­ge in Europa.

Ukrai­ni­sche Streit­kräf­te setzen Offen­si­ve fort

Die ukrai­ni­schen Streit­kräf­te setzten ihre Offen­si­ve gegen die russi­sche Besat­zung im Süden des Landes fort. Briti­schen Geheim­diens­ten zufol­ge griffen sie mit Langstre­cken­ra­ke­ten russi­sche Logis­tik­stand­or­te an. Auf Aufnah­men sei auch der Einsatz von Raketen zu erken­nen, mit denen Radar­sys­te­me lokali­siert und zerstört werden können, hieß es. Aus Sicht der briti­schen Geheim­diens­te sind die russi­schen Radar­sys­te­me ein entschei­den­der Faktor für Russlands Positi­on im Ukraine-Krieg.

EU richtet Drehkreuz für Verletz­te ein

Die EU richte­te in Polen ein Drehkreuz für die Evaku­ie­rung von Patien­ten aus der Ukrai­ne ein. Sie sollen dort versorgt werden, bevor sie in Kranken­häu­ser anderer EU-Länder gebracht werden, wie die EU-Kommis­si­on in Brüssel mitteil­te. Das Zentrum befin­det sich nahe der Stadt Rzeszow unweit der Grenze, die auch einen Flugha­fen hat. Die Einrich­tung ist Teil eines EU-Programms, das seit März mehr als 1100 ukrai­ni­sche Patien­ten zur Behand­lung in 18 europäi­sche Staaten gebracht hat, auch nach Deutschland.

Moskau empört über Hürden für Reisen von Russen in die EU

Das russi­sche Außen­mi­nis­te­ri­um kündig­te Maßnah­men gegen die von der EU angekün­dig­te Ausset­zung des Visa-Abkom­mens an. «Wir haben nicht vor, uns der Europäi­schen Union bei der unsin­ni­gen Politik des «Brücken­ab­rei­ßens» zwischen den Menschen anzupas­sen, aber behal­ten uns gleich­zei­tig das Recht auf Gegen­maß­nah­men zum Schutz der Inter­es­sen unserer Bürger und unserer natio­na­len Inter­es­sen vor», erklär­te Minis­te­ri­ums­spre­che­rin Maria Sacha­rowa. Die EU will das 2006 geschlos­se­ne Abkom­men mit Russland zur Erleich­te­rung der Visa-Verga­be vollstän­dig aussetzen.

Chef des Ölkon­zerns Lukoil stirbt nach Sturz aus dem Fenster

Der Vorstands­chef des russi­schen Ölkon­zerns Lukoil, Rawil Maganow, ist beim Sturz aus dem Fenster eines Moskau­er Kranken­hau­ses ums Leben gekom­men. Als wahrschein­lichs­te Ursache gilt nach Medien­be­rich­ten Suizid. Bei Maganow sei neben Herzpro­ble­men eine Depres­si­on diagnos­ti­ziert worden, hieß es. Es ist nicht der erste Todes­fall unter Top-Managern seit Kriegs­be­ginn: Im Mai kam der Lukoil-Manager Alexan­der Subbo­tin angeb­lich bei einer okkul­ten Behand­lung gegen Alkohol­sucht ums Leben. Zudem wurden mehre­re Manager von Energie­kon­zer­nen tot gefun­den. Auch sie sollen sich das Leben genom­men haben.

Neues Schul­jahr in der Ukrai­ne hat begonnen

Mitten im russi­schen Angriffs­krieg begann in der Ukrai­ne für Hundert­tau­sen­de ein neues Schul­jahr. Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj sagte in einer Video­bot­schaft, der Tag unter­schei­de sich wegen des Kriegs von allen frühe­ren ersten Schul­ta­gen. «Die einen sind weit weg von zu Hause — in anderen Regio­nen der Ukrai­ne, andere in anderen Ländern.» Aufgrund des Kriegs hat das Bildungs­mi­nis­te­ri­um nur bei vorhan­de­nen Luftschutz­kel­lern einen Präsenz­un­ter­richt gestat­tet. So werden viele Schüler nur per Inter­net unter­rich­tet, andere Schulen bieten eine Misch­form von Präsenz- und Online-Unter­richt an.