KIEW (dpa) — Allein mit den ermun­tern­den Worten aus dem Westen kann die Ukrai­ne die russi­schen Truppen nicht schla­gen. Präsi­dent Selen­skyj fordert einmal mehr schwe­re Waffen. Die Entwick­lun­gen im Überblick.

Der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj hat die inter­na­tio­na­le Gemein­schaft erneut zur Liefe­rung schwe­rer Waffen aufgerufen.

Sowohl in einer Video­kon­fe­renz mit dem polni­schen Staats­chef Andrzej Duda als auch in einer Video­bot­schaft forder­te er Kampf­flug­zeu­ge und Panzer für die ukrai­ni­schen Streit­kräf­te. «Die Ukrai­ne kann russi­sche Raketen nicht mit Schrot­flin­ten und Maschi­nen­ge­weh­ren abschie­ßen», unter­strich Selen­skyj die Forde­rung nach schwe­ren Waffen. Er warnte, dass ansons­ten das russi­sche Militär eine späte­re Bedro­hung für die Nato-Nachbar­staa­ten darstel­len könnte. «Um im Luftraum auf Augen­hö­he mit den Kräften des Gegners zu kämpfen, braucht es sowohl mengen­mä­ßig als auch techno­lo­gisch Aufrüs­tung», unter­mau­er­te die ukrai­ni­sche Luftwaf­fen­füh­rung die Forde­rung nach Kampf­jets. «Wir sperren den Luftraum selber, gebt uns nur ein paar Waffen.»

Selen­skyj: Moskau betreibt «Entrus­si­fi­zie­rung»

Mit seiner gegen die Zivil­be­völ­ke­rung gerich­te­ten Kriegs­füh­rung tut Russland nach Meinung des ukrai­ni­schen Präsi­den­ten Selen­skyj alles für eine «Entrus­si­fi­zie­rung» der Ukrai­ne für diese und alle folgen­den Genera­tio­nen. «Dort, wo das Russi­sche immer ein Teil des Alltags neben dem Ukrai­ni­schen war, im Osten unseres Landes, wo sie (die Russen) gerade fried­li­che Städte in Ruinen verwan­deln, unter­nimmt Russland alles, um auf unserem Staats­ge­biet eine Entrus­si­fi­zie­rung durch­zu­füh­ren», sagte Selen­skyj nach Angaben der «Ukrajins­ka Prawda». Zu Sowjet­zei­ten war Russisch in der Ukrai­ne dominie­rend. Mit der sogenann­ten Orangen Revolu­ti­on 2004 besan­nen sich die Ukrai­ner auf ihre eigene Sprache, die sich deutlich vom Russi­schen unterscheidet.

Briti­sche Außen­mi­nis­te­rin will Druck auf Putin erhöhen

Die briti­sche Außen­mi­nis­te­rin Liz Truss will mehr Druck auf Russland und Präsi­dent Wladi­mir Putin ausüben, um das Land an den Verhand­lungs­tisch zu bringen. «Wir müssen unsere Sanktio­nen verstär­ken. Wir müssen der Ukrai­ne verstärkt Waffen senden», sagte Truss in einem Inter­view der briti­schen Sonntags­zei­tung «Sunday Telegraph». Wenn dann die Zeit für Verhand­lun­gen gekom­men sei, solle das Verei­nig­te König­reich eine entschei­den­de Rolle bei der Unter­stüt­zung der Ukrai­ne spielen. «Putin muss noch mehr unter Druck gesetzt werden», sagte sie.

London: Russland verlässt sich weiter auf Abstandsmunition

Russi­sche Luft- und Raketen­streit­kräf­te beschie­ßen nach briti­schen Angaben weiter­hin Ziele in der gesam­ten Ukrai­ne, darun­ter auch in dicht besie­del­ten Gebie­ten. Dabei verlas­se sich Russland weiter­hin auf sogenann­te Abstands­mu­ni­ti­on, die aus dem russi­schen Luftraum abgefeu­ert werde, um die eigenen Flugzeu­ge nicht der ukrai­ni­schen Luftab­wehr auszu­set­zen, heißt es in einem Update des briti­schen Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­ums unter Berufung auf Geheim­dienst­in­for­ma­tio­nen, das in der Nacht zum Sonntag veröf­fent­licht wurde.

Forschungs­re­ak­tor in Charkiw erneut unter Beschuss

Der nuklea­re Forschungs­re­ak­tor «Neutro­nen­quel­le» in der ostukrai­ni­schen Stadt Charkiw ist nach lokalen Medien­be­rich­ten erneut unter Artil­le­rie­be­schuss geraten. «Eine Überprü­fung des Ausma­ßes der Schäden ist wegen der ununter­bro­che­nen Kampf­hand­lun­gen in der Umgebung der nuklea­ren Anlage unmög­lich», teilte die staat­li­che Atomauf­sicht mit. Die Anlage war vor knapp zwei Wochen bei einer Bombar­die­rung beschä­digt und von der Energie­ver­sor­gung abgeschnit­ten worden. Aller­dings war der Reaktor schon zu Kriegs­be­ginn in einen sogenann­ten unter­kri­ti­schen Zustand herun­ter­ge­fah­ren worden.

Bereits zwölf Journa­lis­ten getötet

In der Ukrai­ne sind seit Kriegs­aus­bruch vor einem Monat bereits zwölf Journa­lis­ten ums Leben gekom­men. Weite­re zehn Repor­ter seien im Verlauf der Kämpfe teils schwer verletzt worden, teilte General­staats­an­wäl­tin Iryna Wenedik­to­wa auf ihrer Facebook-Seite mit. «Der Welt die Wahrheit über Putins Aggres­si­on zu berich­ten, ist tödlich — im Krieg sind schon zwölf Journa­lis­ten gestor­ben», schrieb sie. Nach ihrer Lesart wurden die Repor­ter von russi­schen Militärs getötet. Diese Angaben ließen sich nicht unabhän­gig überprü­fen. Insge­samt seien nach den bishe­ri­gen Ermitt­lun­gen mindes­tens 56 Medien­ver­tre­ter angegrif­fen worden, darun­ter 15 Ausländer.

2,3 Millio­nen Menschen in Polen in Sicherheit

Seit dem russi­schen Angriff auf die Ukrai­ne brach­ten sich 2,3 Millio­nen Menschen in Polen in Sicher­heit. Das teilte der polni­sche Grenz­schutz am Sonntag beim Kurznach­rich­ten­dienst Twitter mit. Allein am Samstag waren es demnach rund 31 100 Menschen. Dies sei ein Anstieg um 2,2 Prozent im Vergleich zum Vortag.

Aus Polen in die Ukrai­ne hätten seit Kriegs­be­ginn am 24. Febru­ar rund 339.000 Menschen die Grenze überquert. Bei diesen Reisen­den handelt es sich nach frühe­ren Angaben des Grenz­schut­zes zum überwie­gen­den Teil um ukrai­ni­sche Staats­bür­ger, die in ihr Heimat­land zurück­keh­ren. Viele Männer, aber auch Frauen, wollen sich dort den ukrai­ni­schen Truppen anschlie­ßen und gegen die russi­schen Beset­zer kämpfen. Andere kehren zurück, um sich um Kinder oder hilfs­be­dürf­ti­ge Angehö­ri­ge zu kümmern.

Es gibt derzeit keine offizi­el­len Angaben dazu, wie viele der Kriegs­flücht­lin­ge in Polen geblie­ben und wie viele bereits in andere EU-Staaten weiter­ge­reist sind. Die Ukrai­ne — flächen­mä­ßig das größte Land in Europa — hatte vor Beginn des russi­schen Angriffs mehr als 44 Millio­nen Einwoh­ner. Polen und die Ukrai­ne verbin­det eine mehr als 500 Kilome­ter lange Staatsgrenze.

Das wird heute wichtig

Der norwe­gi­sche Minis­ter­prä­si­dent Jonas Gahr Støre reist in den Norden seines Landes, um norwe­gi­sche und auslän­di­sche Solda­ten zu treffen, die ein großes Manöver abhal­ten. Am Abend wird Bundes­kanz­ler Olaf Scholz in der ARD-Sendung «Anne Will» erwartet.