KIEW/NEW YORK (dpa) — Die russi­sche Schwarz­meer­flot­te ist massiv mit fernge­steu­er­ten Flugzeu­gen und Booten angegrif­fen worden. Moskau spricht von gerin­gen Schäden, doch ein genau­es Bild steht noch aus. Die News im Überblick.

Russland blockiert Getrei­de­ex­por­te aus der Ukrai­ne wieder, doch die Verein­ten Natio­nen geben die Hoffnung auf einen Erhalt der Verein­ba­rung über die Schiffs­trans­por­te nicht auf. «Wir stehen mit den russi­schen Behör­den in dieser Sache in Kontakt», sagte ein UN-Sprecher gestern in New York.

Die Getrei­de­aus­fuhr über die ukrai­ni­schen Schwarz­meer­hä­fen siche­re Millio­nen von Menschen weltweit den Zugang zu Brot. «Es ist unerläss­lich, dass alle Seiten jegli­che Handlun­gen unter­las­sen, die das Getrei­de­ab­kom­men gefährden.»

Moskau setzte seine Zustim­mung zu den Expor­ten gestern aus nach Drohnen­an­grif­fen auf Schif­fe der Schwarz­meer­flot­te in Sewas­to­pol. Moskau verschär­fe damit den Hunger in Welt, sagte der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj. Er forder­te einen Ausschluss Russlands aus der Zwanzi­ger­grup­pe großer Indus­trie- und Schwel­len­län­der (G20).

UN-General­se­kre­tär Guter­res bekommt Post aus Moskau

Über die Ausset­zung des Getrei­de­ab­kom­mens infor­mier­te Russland offizi­ell UN-General­se­kre­tär António Guter­res. Wegen Drohnen­an­grif­fen auf russi­sche Schif­fe aus dem geschütz­ten Korri­dor im Schwar­zen Meer könne Russland «die Sicher­heit von zivilen Schif­fen, die im Rahmen der oben genann­ten Initia­ti­ve reisen, nicht garan­tie­ren», schrieb der russi­sche UN-Botschaf­ter Wassi­li Neben­s­ja an Guterres.

Das Schrei­ben lag der Deutschen Presse-Agentur vor. Auch Amir Abdul­la, der UN-Koordi­na­tor für die Ausfuhr des ukrai­ni­schen Getrei­des, wurde von russi­scher Seite infor­miert. Nach seinen Angaben durch­quer­ten gestern neun Schif­fe den am Rahmen des Deals einge­rich­te­ten Seekorridor.

Wegen der Angrif­fe setze Moskau das Abkom­men vom Juli «auf unbestimm­te Zeit» aus. Zudem beantrag­te Russland in der Angele­gen­heit eine Sitzung des UN-Sicher­heits­ra­tes für Montag, wie aus Kreisen des mächtigs­ten Gremi­ums der Verein­ten Natio­nen verlau­te­te. Der Getrei­de­deal war zunächst für vier Monate bis Novem­ber geschlos­sen worden. Moskau hatte das Abkom­men zuletzt immer wieder kriti­siert, weil es sich durch Sanktio­nen des Westens im Zuge seines Krieges gegen die Ukrai­ne bei den eigenen Getrei­de­ex­por­ten ausge­bremst sieht.

Selen­skyj: Der Kreml entschei­det über Hunger in der Welt

Schon seit Septem­ber verzö­ge­re Russland die gemein­sam mit den UN, der Türkei und der Ukrai­ne durch­ge­führ­ten Kontrol­len von Schif­fen vor Durch­fahrt durch den Bospo­rus, sagte Selen­skyj. Dort steck­ten 176 Schif­fen mit etwa zwei Millio­nen Tonnen Getrei­de im Stau. «Warum kann eine Handvoll Perso­nen irgend­wo im Kreml entschei­den, ob es Essen auf den Tischen der Menschen in Ägypten oder in Bangla­desch geben wird?»

Nötig sei eine starke Reakti­on der Verein­ten Natio­nen, aber auch der G20. «Russland gehört nicht in die G20», sagte Selen­skyj in seiner abend­li­chen Video­an­spra­che. Moskau blockie­re unter einem Vorwand die Trans­por­te, «die Lebens­mit­tel­si­cher­heit für Millio­nen Menschen bedeu­ten», kriti­sier­te der ukrai­ni­sche Außen­mi­nis­ter Dmytro Kuleba.

US-Präsi­dent Joe Biden nannte das russi­sche Vorge­hen gestern empörend und beton­te, dass es für mehr Hunger auf der Welt sorgen werde. «Russland setzt Nahrungs­mit­tel erneut als Waffe in dem Krieg, den es begon­nen hat, ein», kriti­sier­te US-Außen­mi­nis­ter Antony Blinken. Er rief die russi­sche Regie­rung dazu auf, wieder die Verein­ba­rung zur siche­ren Passa­ge ukrai­ni­scher Getrei­de­trans­por­te einzuhalten.

Angriff auf russi­sche Schif­fe in Sewastopol

Für die nächt­li­chen Angrif­fe auf Schif­fe der Schwarz­meer­flot­te in Sewas­to­pol auf der Krim machte Russland die Ukrai­ne verant­wort­lich. Sie sei dabei von briti­schen Instruk­teu­ren unter­stützt worden, teilte das russi­sche Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um in Moskau mit.

Bei dem Angriff wurden nach Moskau­er neun fliegen­de Drohnen einge­setzt und sieben Schwimm­droh­nen — unbemann­te fernge­steu­er­te Boote. Sie seien alle abgeschos­sen worden. Den offizi­el­len Angaben nach wurden das Minen­räum­boot «Iwan Golubez» und einige Hafen­an­la­gen beschä­digt. Video­auf­nah­men, die angeb­lich den Angriff zeigen, legen aber nahe, dass noch mehr Schif­fe getrof­fen worden sein könnten.

Ungeach­tet der Kämpfe tausch­ten beide Seiten gestern erneut jeweils 50 Kriegs­ge­fan­ge­ne aus. Damit seien seit Kriegs­be­ginn mehr als 1000 ukrai­ni­sche Gefan­ge­ne heimge­holt worden, sagte Selenskyj.

Slowe­ni­en liefert Panzer an die Ukraine

Slowe­ni­en hat nach Medien­be­rich­ten in Ljublja­na 28 moder­ni­sier­te Panzer des sowje­ti­schen Bautyps M55S an die Ukrai­ne überge­ben. Dafür soll das EU- und Nato-Mitglied 35 starke Militär­last­wa­gen und 5 Tankwa­gen aus Deutsch­land bekom­men. Es ist eines der sogenann­ten Ringtausch-Projek­te, bei denen Deutsch­land der Ukrai­ne nicht direkt hilft, sondern den Nato-Partnern, die Technik an Kiew abgeben.

Als zivile Hilfe übergab Deutsch­land 16 Genera­to­ren zur Strom­erzeu­gung, wie die deutsche Botschaft in Kiew mitteil­te. Am Strom­netz der Ukrai­ne gibt es wegen fortdau­ern­der russi­scher Luftan­grif­fe große Schäden. Landes­weit kommt es immer wieder zu Strom­sper­ren, um Energie zu sparen und das Netz zu stabilisieren.

Ukrai­ni­scher Botschaf­ter gegen Asyl für Kriegsdienstverweigerer

Der neue ukrai­ni­sche Botschaf­ter in Berlin, Oleksii Makeiev, hat vor der Aufnah­me russi­scher Kriegs­dienst­ver­wei­ge­rer gewarnt. «Es wäre falsch von Deutsch­land, russi­sche Deser­teu­re aufzu­neh­men», sagte der der «Bild am Sonntag». Er nannte diese Russen ein Sicherheitsrisiko.

Die Flücht­lin­ge vor der vom russi­schen Präsi­den­ten Wladi­mir Putin angeord­ne­ten Teilmo­bil­ma­chung seien «junge Männer, die nichts bereu­en», sich aber vor dem Militär­dienst drücken wollten, sagte der Makeiev. Die Bundes­re­gie­rung hatte Mitte Oktober erklärt, die Entschei­dungs­pra­xis des Bundes­am­tes für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge zur Aufnah­me russi­scher Kriegs­dienst­ver­wei­ge­rer werde aktuell überprüft.

Makeiev ist seit Montag offizi­ell neuer Botschaf­ter seines Landes in Deutsch­land und Nachfol­ger von Andrij Melnyk.