KIEW (dpa) — Schon seit langem stört sich die Führung in Kiew am Einfluss der russisch-ortho­do­xen Kirche des Moskau­er Patri­ar­chats in der Ukrai­ne. Das soll sich nun ändern. Die News im Überblick.

Der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj will den Einfluss der russisch-ortho­do­xen Kirche auf das geist­li­che Leben in seinem Land stoppen. Die Ukrai­ne müsse ihre Unabhän­gig­keit auch auf religiö­sem Gebiet vertei­di­gen, sagte der Staats­chef in einer gestern Abend in Kiew verbrei­te­ten Video­bot­schaft. «Wir werden niemals irgend­je­man­dem erlau­ben, ein Imperi­um inner­halb der ukrai­ni­schen Seele zu bilden.»

Das Moskau­er Patri­ar­chat der russisch-ortho­do­xen Kirche hat tradi­tio­nell starken Einfluss in der Ukrai­ne und beansprucht dort zahlrei­che Heiligtümer.

Auf einer Sitzung des Natio­na­len Sicher­heits­rats seien zahlrei­che Fakten zu Verbin­dun­gen religiö­ser Kreise mit dem Aggres­sor­staat Russland zur Sprache gekom­men, sagte Selen­skyj. Das Parla­ment solle nun ein Gesetz ausar­bei­ten, das religiö­sen Organi­sa­tio­nen Verbin­dun­gen zu Einfluss­zen­tren in der Russi­schen Födera­ti­on verbie­te. Zudem solle die Leitung der ukrai­nisch-ortho­do­xen Kirche durch ein Exper­ten­gut­ach­ten auf Verbin­dun­gen zum Moskau­er Patri­ar­chat überprüft werden.

Der russisch-ortho­do­xe Moskau­er Patri­arch Kirill unter­stützt den Krieg von Kreml­chef Wladi­mir Putin gegen das Nachbar­land. Die Kirche beruft sich auf den Schutz der russisch-ortho­do­xen Chris­ten vor den Übergrif­fen durch ukrai­ni­sche Natio­na­lis­ten. Russland wirft der Ukrai­ne zudem vor, auch die Religi­ons­frei­heit einzuschränken.

Biden: Derzeit keine Pläne für Gespräch mit Putin

Zur Frage mögli­cher Verhand­lun­gen über ein Ende des Konflikts äußer­te sich nun erneut US-Präsi­dent Joe Biden. Er sei nur offen für ein Gespräch mit Kreml­chef Putin, wenn Russland zu einem Ende des Kriegs gegen die Ukrai­ne bereit ist. «Aber Tatsa­che ist, dass ich keine unmit­tel­ba­ren Pläne habe, Herrn Putin zu kontak­tie­ren», sagte Biden gestern im Weißen Haus bei einer Presse­kon­fe­renz mit Frank­reichs Staats­chef Emmanu­el Macron.

«Ich bin bereit, mit Herrn Putin zu sprechen, wenn seiner­seits tatsäch­lich ein Inter­es­se besteht, und er nach einer Möglich­keit sucht, den Krieg zu beenden. Das hat er bisher nicht getan.»

Biden hob bei Macrons Besuch in Washing­ton die gemein­sa­me Front gegen Russland hervor. «Heute bekräf­ti­gen wir, Frank­reich und die Verei­nig­ten Staaten, gemein­sam mit all unseren Verbün­de­ten — unseren Nato-Verbün­de­ten und den G7-Staaten, der Europäi­schen Union — dass wir so stark wie eh und je gegen den bruta­len Krieg Russlands gegen die Ukrai­ne sind», sagte Biden. Die USA und Frank­reich würden weiter zusam­men­ar­bei­ten, um Russland zur Rechen­schaft zu ziehen.

Schweiz sperrt mehr als 7,5 Milli­ar­den Euro russi­sche Vermögen

In der Schweiz sind seit Beginn des russi­schen Kriegs gegen die Ukrai­ne im Febru­ar 7,5 Milli­ar­den Franken (etwa 7,6 Mrd Euro) an russi­schen Vermö­gens­wer­ten gesperrt worden. Zudem seien 15 Immobi­li­en blockiert, teilte die Regie­rung gestern in Bern mit.

Insge­samt sind nach Angaben des Staats­se­kre­ta­ri­ats für Wirtschaft 116 Unter­neh­men und mehr als 1200 Einzel­per­so­nen betrof­fen. Im Zuge der Sanktio­nen ist es Schwei­zer Banken verbo­ten, größe­re Summen von russi­schen Staats­an­ge­hö­ri­gen sowie von in Russland nieder­ge­las­se­nen Perso­nen oder Unter­neh­men entgegenzunehmen.

Russland und Ukrai­ne tauschen weite­re 100 Gefan­ge­ne aus

Unter­des­sen haben Russland und die Ukrai­ne mehr als neun Monate nach Kriegs­be­ginn erneut insge­samt 100 Gefan­ge­ne ausge­tauscht. Das Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um in Moskau berich­te­te gestern von 50 russi­schen Solda­ten, die zur medizi­ni­schen Behand­lung in die russi­sche Haupt­stadt geflo­gen werden sollten.

Auch der Chef des ukrai­ni­schen Präsi­den­ten­bü­ros, Andrij Jermak, bestä­tig­te den Austausch: «Wir haben 50 Vertei­di­ger der Ukrai­ne befreit.»

Ukrai­ne auf der Suche nach Trafos für Stromnetz

Zur Repara­tur ihres durch russi­sche Angrif­fe beschä­dig­ten Strom­net­zes sucht die Ukrai­ne dringend Trans­for­ma­to­ren — neu oder gebraucht. Dabei hoffe das Land auch auf Hilfe von Firmen und Gemein­den aus Deutsch­land, sagte die frühe­re Parla­ments­ab­ge­ord­ne­te Vikto­ria Wojziz­ka der Deutschen Presse-Agentur. Wojziz­ka arbei­tet in Warschau für ein Zentrum, das die Regie­rung in Kiew bei der Organi­sa­ti­on auslän­di­scher Hilfe unterstützt.

Die vielen Notstrom­ag­gre­ga­te, die jetzt in die Ukrai­ne geschickt werden, seien eine Hilfe, sagte Wojziz­ka. Sie lösten aber das Problem des Strom­net­zes nicht. Die Ukrai­ne könne allein genügend Strom erzeu­gen. Doch Russland zerstö­re mit Raketen­an­grif­fen gezielt Umspann­wer­ke mit Trans­for­ma­to­ren, so dass Strom nicht mehr verteilt werden könne. Ohne Strom funktio­nie­re auch das Fernwär­me­netz nicht, das Millio­nen Wohnun­gen mit Heizung und Warmwas­ser versorgt. Bei tiefem Frost drohten die Fernwär­me­lei­tun­gen einzu­frie­ren und dann bis zum Frühjahr auszufallen.

Was heute wichtig wird

In Kiew hält heute die Inter­na­tio­na­le UN-Kommis­si­on zur Unter­su­chung von Menschen­rechts­ver­let­zun­gen eine Presse­kon­fe­renz zur Lage im Kriegs­ge­biet ab. Mit weite­ren Beratun­gen zu Russlands Krieg gegen die Ukrai­ne geht zudem in Polen ein Minis­ter­tref­fen der Organi­sa­ti­on für Sicher­heit und Zusam­men­ar­beit in Europa (OSZE) zu Ende. Zu den 57 Mitglieds­staa­ten gehört auch Russland.

Das Treffen der Außen­mi­nis­ter im polni­schen Lodz findet aber ohne Russlands Ressort­chef Sergej Lawrow statt. Polen, das derzeit den Vorsitz innehat, verwei­ger­te ihm die Einrei­se. Russland warf der OSZE Bevor­mun­dung vor und attes­tier­te ihr Bedeu­tungs­ver­lust auf der Weltbühne.