KIEW (dpa) — Der ukrai­ni­sche Präsi­dent feiert die Rückkeh­rer aus russi­scher Kriegs­ge­fan­gen­schaft. Den Verant­wort­li­chen für den Krieg in Moskau droht er erneut mit einem Sonder­tri­bu­nal. Die News im Überblick.

In einer kurzen Zeremo­nie hat der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj die Rückkehr einiger seiner Solda­ten aus russi­scher Kriegs­ge­fan­gen­schaft gefei­ert. «Es war ein beson­de­rer Tag in einer beson­de­ren Woche», sagte er dazu gestern Abend in seiner tägli­chen Videoansprache.

Zugleich kündig­te er an, weite­re Solda­ten aus russi­schen Gefan­ge­nen­la­gern zurück­zu­ho­len. «Wir werden keinen einzi­gen Ukrai­ner in russi­schen Gefäng­nis­sen, Lagern und “Isola­tio­nen” (Haftan­stal­ten) zurück­las­sen. Wir denken an alle.»

Selen­skyj hatte am Nachmit­tag in Kiew einer Reihe von ehema­li­gen Kriegs­ge­fan­ge­nen Medail­len verlie­hen. In den vergan­ge­nen Tagen hatten Russland und die Ukrai­ne mehrmals Kriegs­ge­fan­ge­ne ausge­tauscht. Nach Selen­sky­js Angaben waren auf diese Art seit Kriegs­be­ginn im Febru­ar insge­samt 1331 ukrai­ni­sche Solda­ten aus russi­scher Gefan­gen­schaft freige­kom­men. Unter­des­sen bemüht sich Kiew weiter um ein Sonder­tri­bu­nal, um russi­sche Kriegs­ver­bre­chen zu verfolgen.

«Solan­ge weiter gekämpft wird, solan­ge in den Schüt­zen­grä­ben unsere Helden sterben und solan­ge auch nur ein Gefan­ge­ner in den Händen des Feindes ist — solan­ge ist dieser Krieg weder für mich noch sicher­lich für jeden von Ihnen beendet», sagte er nach Angaben der Präsi­di­al­kanz­lei während der Zeremo­nie. Heute ist der 283. Tag des russi­schen Angriffs­kriegs gegen sein Nachbarland.

Bemühun­gen um Sonder­tri­bu­nal gehen weiter

Die Bemühun­gen der ukrai­ni­schen Führung, mit westli­cher Unter­stüt­zung ein Sonder­tri­bu­nal zur Verfol­gung russi­scher Kriegs­ver­bre­chen zu bilden, gehen nach den Worten Selen­sky­js weiter. Es werde weiter daran gearbei­tet, eine «kriti­sche Masse» an Unter­stüt­zern zu gewin­nen, dieses Tribu­nal zu bilden.

Nach den Vorstel­lun­gen Kiews sollte es nach dem Vorbild des Nürnber­ger Tribu­nal entste­hen. Waren in Nürnberg die Nazis zur Verant­wor­tung gezogen worden, so soll bei diesem Sonder­tri­bu­nal laut Kiew die politi­sche und militä­ri­sche Führung Russlands für den Angriffs­krieg gegen die Ukrai­ne zur Rechen­schaft gezogen werden.

«London, Paris, Berlin, Warschau und andere Haupt­städ­te — wir stärken unsere Positi­on überall und sammeln die Unter­stüt­zung unserer Partner», sagte Selen­skyj am Freitag­abend. «Ich bin sicher, dass es ein Tribu­nal geben wird, es wird Gerech­tig­keit geben.»

EU, G7 und Austra­li­en wollen Preis für russi­sches Öl deckeln

Die sieben führen­den demokra­ti­schen Wirtschafts­mäch­te (G7) und Austra­li­en wollen in Abspra­che mit der Europäi­schen Union eine Preis­ober­gren­ze für Erdöl aus Russland umset­zen. Das teilten die G7 und Austra­li­en in der Nacht mit. Die Staaten wollen Russland dazu zwingen, Erdöl künftig unter Markt­preis an Abneh­mer in anderen Staaten zu verkaufen.

Die gestern erziel­te Abspra­che sieht vor, zunächst eine Preis­ober­gren­ze von 60 US-Dollar pro Barrel festzu­le­gen. Der Preis soll nach Möglich­keit bereits von Montag an gelten. Zu den G7 gehören neben Deutsch­land auch die USA, Kanada, Frank­reich, Großbri­tan­ni­en, Itali­en und Japan. Deutsch­land hat derzeit den Vorsitz der Gruppe. Zuvor hatten Regie­rungs­ver­tre­ter der EU am Freitag eine entspre­chen­de Abspra­che erzielt.

EU bildet bislang 1100 ukrai­ni­sche Solda­ten aus

Zweiein­halb Wochen nach dem Start einer EU-Ausbil­dungs­mis­si­on für die ukrai­ni­sche Armee werden bisher 1100 Solda­ten geschult. Dies teilte der EU-Außen­be­auf­trag­te Josep Borrell gestern beim Besuch eines Ausbil­dungs­camps im polni­schen Brzeg mit. Diese Missi­on zeige Europas Willen, die Ukrai­ne im seit mehr als neun Monaten dauern­den Krieg gegen Russland zu unterstützen.

Die EU-Außen­mi­nis­ter hatten die Missi­on am 14. Novem­ber beschlos­sen. Am Tag danach war offizi­el­ler Beginn. Insge­samt sollen bis zu 15.000 Solda­tin­nen und Solda­ten in 20 Mitglieds­län­dern ausge­bil­det werden, auch in Deutschland.

Ukrai­ne erhält erste Hawk-Flugab­wehr­ra­ke­ten aus Spanien

Die Ukrai­ne hat eine erste Liefe­rung von Hawk-Flugab­wehr­sys­te­men aus Spani­en erhal­ten. Das teilte Vertei­di­gungs­mi­nis­ter Olexij Resni­kow gestern nach einem Treffen mit seiner spani­schen Kolle­gin Marga­ri­ta Robles in Odessa mit. Weite­re Hawk-Flugab­wehr­ra­ke­ten aus spani­schen Bestän­den sollen folgen.

Ukrai­ni­sche Solda­ten werden bereits in Spani­en ausge­bil­det. Das aus den USA stammen­de System zur Flugab­wehr auf mittle­rer Reich­wei­te wurde bereits in den frühen 60er-Jahren in Dienst gestellt und immer wieder moder­ni­siert. In den meisten Nato-Staaten wurde Hawk bereits ausgemustert.

Wirbel um russi­schen Oppositionssender

In Lettland ist der unabhän­gi­ge russi­sche Fernseh­sen­der Doschd wegen seiner Bericht­erstat­tung über den Ukrai­ne-Krieg ins Visier der Behör­den geraten. Der Natio­na­le Rat für elektro­ni­sche Massen­me­di­en (NEPLP) beleg­te den TV-Kanal mit einer Geldstra­fe von 10.000 Euro, weil er eine Karte gezeigt habe, auf der die annek­tier­te ukrai­ni­sche Halbin­sel Krim als Teil Russlands zu sehen war. Die russi­schen Streit­kräf­te seien als «unsere Armee» bezeich­net worden, teilte der NEPLP auf Twitter mit.

Weiter leite­te die Medien­auf­sicht ein Verfah­ren gegen Doschd wegen der Ausstrah­lung von Appel­len zur Unter­stüt­zung der russi­schen Armee ein. Chefre­dak­teur Tichon Dsjad­ko beteu­er­te, dass der opposi­tio­nel­le Kanal keine Hilfe für die russi­sche Armee leiste. Er entschul­dig­te sich auf Twitter für den «fehlin­ter­pre­tier­bar formu­lier­ten» Aufruf des Modera­tors, der nach Sender­an­ga­ben inzwi­schen entlas­sen wurde.

Lettland hatte Doschd im Juni eine Sende­li­zenz erteilt, nachdem der Fernseh­sen­der wegen des harten Vorge­hens des russi­schen Behör­den Anfang März seinen Sende­trieb in Russland einge­stellt hatte.

Lettland fordert von Deutsch­land «mehr Verant­wor­tung in Europa»

Nach Meinung Lettlands sollte Deutsch­land mehr Führungs­stär­ke und Verant­wor­tung in Europa zeigen. Das sagte der Staats­se­kre­tär im Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um in Riga, Janis Garisons, im Gespräch mit dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutschland.

«Wenn wir in die Zukunft schau­en, dann denken wir, dass Deutsch­land mehr Verant­wor­tung inner­halb Europas überneh­men sollte», sagte Garisons. «Jemand muss führen in Europa und die Vertei­di­gungs­fä­hig­keit der einzel­nen Länder bündeln.» Schließ­lich sei Deutsch­land eine große wirtschaft­li­che, militä­ri­sche und politi­sche Macht und liege im Zentrum Europas.