KIEW (dpa) — Mit einer Ölpreis­brem­se wollen die EU und andere westli­che Staaten Russlands Kriegs­kas­se austrock­nen. Aus Kiewer Sicht ist die Umset­zung aller­dings nicht entschlos­sen genug. Die News im Überblick.

Der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj hat den von westli­chen Staaten beschlos­se­nen Preis­de­ckel für russi­sches Öl als zu hoch kriti­siert. Mit der verein­bar­ten Obergren­ze von 60 US-Dollar pro Barrel (je 159 Liter) fließe weiter­hin zu viel Geld in Russlands Haushalt und damit in den Krieg gegen sein Land, sagte Selen­skyj in seiner tägli­chen Videoansprache.

Mehr als neun Monate nach Kriegs­be­ginn besuch­te unter­des­sen der russi­sche Vertei­di­gungs­mi­nis­ter Sergej Schoi­gu das verbün­de­te Nachbar­land Belarus. Und das balti­sche Nato-Mitglied Estland infor­miert über ein Rekord-Rüstungsgeschäft.

Selen­skyj: «Schade, dass Zeit verlo­ren geht»

Es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis die Welt zu noch härte­ren Sankti­ons­in­stru­men­ten gegen Moskau greifen müsse, meinte Selen­skyj zudem mit Blick auf den Preis­de­ckel für russi­sches Öl. «Schade, dass diese Zeit nun verlo­ren geht.» Zuvor hatte bereits der Chef des ukrai­ni­schen Präsi­den­ten­bü­ros, Andrij Jermak, einen Preis­de­ckel von 30 Dollar pro Barrel gefordert.

Die EU-Staaten haben sich kürzlich nach langen Verhand­lun­gen auf die Höhe eines Preis­de­ckels für russi­sches Öl geeinigt, die G7 und Austra­li­en schlos­sen sich an. Die Staaten wollen Russland dazu zwingen, Erdöl künftig unter dem Markt­preis an Abneh­mer in anderen Staaten zu verkau­fen. Ziel ist es, die Kriegs­kas­se des Kreml auszu­trock­nen. Die am Freitag erziel­te Abspra­che sieht vor, zunächst eine Preis­ober­gren­ze von 60 US-Dollar pro Barrel festzulegen.

Frakti­ons­chef der Selen­skyj-Partei nennt Bedingungen

Nach einem Gedan­ken­spiel des franzö­si­schen Staats­chefs Emmanu­el Macron, Russland mit Sicher­heits­ga­ran­tien an den Verhand­lungs­tisch zu bringen, hat auch Kiew seinen Vorschlag zu diesen Garan­tien unter­brei­tet. Die Ukrai­ne sei bereit, mit Russland darüber Gesprä­che unter vier Bedin­gun­gen aufzu­neh­men, sagte David Aracha­mi­ja, Frakti­ons­chef der Selen­skyj-Partei «Diener des Volkes». Dies seien der vollstän­di­ge Abzug aus der Ukrai­ne, Repara­ti­ons­zah­lun­gen, Bestra­fung aller Kriegs­ver­bre­cher sowie die «freiwil­li­ge Abgabe aller Nukle­ar­waf­fen». «Danach sind wir bereit, uns an den Verhand­lungs­tisch zu setzen und über Sicher­heits­ga­ran­tien zu reden», schrieb Aracha­mi­ja am Samstag­abend auf Telegram.

Nasa: Russland erntet ukrai­ni­schen Weizen in Milliardenwert

Russland hat nach Angaben der US-Raumfahrt­be­hör­de Nasa in diesem Jahr wohl Weizen im Wert von rund einer Milli­ar­de Dollar (rund 950 Millio­nen Euro) von ukrai­ni­schen Feldern geern­tet. Rund 5,8 Millio­nen Tonnen Weizen seien von Feldern in der Ukrai­ne geern­tet worden, die nicht unter der Kontrol­le des Landes lägen, teilte Nasa Harve­st mit, das Ernäh­rungs­si­cher­heits- und Landwirt­schafts­pro­gramm der US-Raumfahrt­be­hör­de. Für die Erhebung nutzt Nasa Harve­st gemein­sam mit mehre­ren Partner­insti­tu­tio­nen Satel­li­ten­da­ten und Modellierungen.

Insge­samt seien auf ukrai­ni­schem Gebiet in diesem Jahr rund 26,6 Millio­nen Tonnen geern­tet worden, schät­zen die an dem Forschungs­pro­jekt betei­lig­ten Wissen­schaft­ler. Das sei zwar weniger als die Rekord­ern­te von 33 Millio­nen Tonnen im Vorjahr, aber nahe am Durch­schnitt. Zu 22 Prozent des Weizens im östli­chen Teil des Landes habe die Ukrai­ne aber wegen des Krieges keinen Zugang gehabt. Insge­samt seien rund 88 Prozent der Saat geern­tet worden, bei vielen Feldern an den Front­li­ni­en sei das schein­bar nicht der Fall gewesen.

Russlands Vertei­di­gungs­mi­nis­ter besucht Verbün­de­ten Belarus

Russlands Vertei­di­gungs­mi­nis­ter Schoi­gu besuch­te derweil das verbün­de­te Nachbar­land Belarus. Bei einem Treffen mit dem autori­tä­ren Langzeit-Macht­ha­ber Alexan­der Lukaschen­ko bedank­te sich Schoi­gu für die Unter­stüt­zung der in Belarus statio­nier­ten russi­schen Solda­ten. «Sie fühlen sich hier wirklich wie zuhau­se», zitier­te ihn die staat­li­che belarus­si­sche Nachrich­ten­agen­tur Belta.

Gemein­sam mit seinem Amtskol­le­gen Viktor Chrenin unter­zeich­ne­te Schoi­gu demnach auch ein Dokument über Änderun­gen an einem Sicher­heits­ab­kom­men zwischen beiden Ländern. Inhalt­li­che Details wurden zunächst nicht bekannt.

Lukaschen­ko bekräf­tig­te darüber hinaus, dass die Vorbe­rei­tun­gen für die Bildung einer gemein­sa­men regio­na­len Militär­ein­heit der russi­schen und belarus­si­schen Streit­kräf­te liefen. Über entspre­chen­de Pläne hatte der oft als «letzte Dikta­tor Europas» kriti­sier­te 68-Jähri­ge bereits im Oktober infor­miert. Belarus unter­stützt Russlands Krieg gegen die Ukrai­ne — etwa, indem es den Abschuss russi­scher Raketen von seinem Staats­ge­biet aus zulässt.

Estland kauft Mehrfach­ra­ke­ten­wer­fer in USA

Estland rüstet vor dem Hinter­grund des russi­schen Angriffs­kriegs gegen die Ukrai­ne auf: Im bislang größten Rüstungs­ge­schäft seiner Geschich­te erwirbt das balti­sche Nato-Mitglied sechs US-Mehrfach­ra­ke­ten­wer­fer vom Typ Himars. Der Kaufver­trag im Wert von mehr als 200 Millio­nen US-Dollar (etwa 190 Millio­nen Euro) sei am Freitag unter­zeich­net worden, wie das Estni­sche Zentrum für Vertei­di­gungs­in­ves­ti­tio­nen in Tallinn mitteilte.

Die Auslie­fe­rung der ersten Raketen­sys­te­me soll 2024 erfol­gen. Der Krieg in der Ukrai­ne wird in dem an Russland grenzen­den Estland als direk­te Gefahr für die natio­na­le Sicher­heit gesehen.