KIEW (dpa) — Der ukrai­ni­sche Staats­chef versucht, die Bevöl­ke­rung angesichts des Winters zu motivie­ren. Das UNHCR rechnet mit noch mehr Vertrie­be­nen. Die News im Überblick.

Mit Blick auf den bereits herein­ge­bro­che­nen Winter hat der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­kyj an das Durch­hal­te­ver­mö­gen und die Wider­stands­fä­hig­keit der Bevöl­ke­rung appel­liert. «Der Feind hofft sehr, den Winter gegen uns zu verwen­den: die Winter­käl­te und Not zu einem Teil seines Schre­ckens zu machen», sagte er in seiner tägli­chen Video­an­spra­che. «Wir müssen alles tun, um diesen Winter zu überle­ben, egal wie hart er ist.» Diesen Winter zu ertra­gen bedeu­te, alles zu ertragen.

Russland habe zwar einen Vorteil durch Raketen und Artil­le­rie. «Aber wir haben etwas, was der Besat­zer nicht hat und nicht haben wird. Wir schüt­zen unser Zuhau­se, und das gibt uns die größt­mög­li­che Motiva­ti­on», beton­te Selen­skyj. Das ukrai­ni­sche Volk kämpfe für die Freiheit und vertei­di­ge die Wahrheit.

«Um den Winter zu überste­hen, müssen wir wider­stands­fä­hi­ger und verein­ter denn je sein», appel­lier­te Selenskyj.

UNHCR rechnet mit mehr Vertrie­be­nen in der Ukraine

Das UN-Flücht­lings­hilfs­werk (UNHCR) rechnet wegen des anhal­ten­den russi­schen Angriffs­kriegs eher mit einer Zunah­me der Vertrei­bung inner­halb der Ukrai­ne als mit einer großen Flucht­be­we­gung in Richtung der EU-Staaten. «Das wahrschein­lichs­te Szena­rio ist eine weite­re Vertrei­bung inner­halb der Ukrai­ne», sagte UNHCR-Chef Filip­po Grandi in einem am Sonntag veröf­fent­lich­ten Inter­view mit dem «Spiegel». «Ich hoffe, dass es keine weite­re große Flücht­lings­be­we­gung geben wird.» Gleich­zei­tig schränk­te er ein: «Aber Krieg ist unberechenbar.»

Angesichts des Winter­wet­ters und anhal­ten­der russi­scher Angrif­fe auf die zivile Infra­struk­tur des Landes — insbe­son­de­re auf Einrich­tun­gen der Strom- und Wärme­ver­sor­gung — gab es zuletzt immer wieder Befürch­tun­gen, dass nun viele weite­re Ukrai­ner in die EU fliehen könnten. Dahin­ge­hend äußer­te sich am Sonntag zum Beispiel auch der deutsche Botschaf­ter in London, Miguel Berger. «Wir sind darüber sehr besorgt, denn diese Angrif­fe auf die Energie­infra­struk­tur bedeu­ten, dass viele Menschen in den eiskal­ten Tempe­ra­tu­ren dazu gezwun­gen sein könnten, die Ukrai­ne zu verlassen.»

Russlands Einmarsch in die Ukrai­ne Ende Febru­ar hat nach UNHCR-Angaben zur größten Vertrei­bung von Menschen seit Jahrzehn­ten geführt. Erst Anfang Novem­ber hatte Grandi in New York gesagt, rund 14 Millio­nen Menschen seien seit Kriegs­be­ginn aus ihren Häusern vertrie­ben worden. Knapp acht Millio­nen haben demnach im Ausland Schutz gesucht, davon eine Milli­on in Deutschland.

Russi­sche Raketen treffen Saporischschja

Mehre­re russi­sche Raketen haben in der Nacht zum Montag die Stadt Saporischschja getrof­fen. Ziel der Angrif­fe seien Indus­trie­ge­bäu­de und Objek­te der energe­ti­schen Infra­struk­tur gewesen, berich­te­te die Staats­agen­tur Unian. Über eventu­el­le Opfer oder das Ausmaß der Schäden wurden keine Angaben gemacht.

Ukrai­ni­sche Justiz: Zunah­me sexuel­ler Gewalt durch Russen

Der ukrai­ni­sche General­staats­an­walt Andrij Kostin pranger­te eine «drasti­sche Zunah­me» sexuel­ler Gewalt durch russi­sche Solda­ten an. Infol­ge des russi­schen Angriffs­kriegs seien alle Geschlech­ter und Alters­klas­sen betrof­fen, Kinder ebenso wie Alte, sagte Kostin der Funke Medien­grup­pe und der franzö­si­schen Zeitung «Ouest-France» (Montag). Russi­sche Solda­ten setzten sexuel­le Gewalt gezielt ein — als «Kriegs­me­tho­de, um Ukrai­ne­rin­nen und Ukrai­ner zu demüti­gen», behaup­te­te er.

Vor vier Monaten seien erst 40 Fälle von sexuel­ler Gewalt regis­triert worden, aber mittler­wei­le seien es mehr als 110 Fälle. «Tendenz stark steigend.» Zudem gebe es eine hohe Dunkel­zif­fer. «In vielen Fällen werden Menschen durch russi­sche Solda­ten verge­wal­tigt, gefol­tert und danach getötet. Oft finden Verge­wal­ti­gun­gen vor den Augen von Angehö­ri­gen und Kindern statt», sagte Kostin. Betrof­fen seien vor allem besetz­te Gebie­te. Oft hätten russi­sche Komman­deu­re Verge­wal­ti­gun­gen angeord­net oder zumin­dest unter­stützt, so Kostin. Die Angaben des General­staats­an­walts ließen sich zunächst nicht unabhän­gig überprüfen.

Nach Kostins Worten wurden in der Ukrai­ne seit Kriegs­be­ginn vor gut neun Monaten fast 8500 Zivilis­ten getötet, darun­ter 440 Kinder. Mehr als 11.000 Zivilis­ten seien verletzt worden. Die General­staats­an­walt­schaft habe bislang 50.197 Fälle von Kriegs­ver­bre­chen aufge­nom­men, sagte er den Zeitungen.

Öl-Sanktio­nen gegen Russland treten in Kraft

Rohöl aus Russland darf von diesem Montag an nur noch in Ausnah­me­fäl­len in die Europäi­sche Union impor­tiert werden. Grund­la­ge der Einfuhr­be­schrän­kung ist eine im Juni von den 27 Mitglied­staa­ten beschlos­se­ne Sankti­ons­ver­ord­nung wegen des russi­schen Angriffs­kriegs gegen die Ukrai­ne. Sie trat bereits kurz nach dem Beschluss in Kraft, sah aber für das Öl-Embar­go Übergangs­fris­ten vor. Ebenfalls ab diesem Montag gilt eine Regelung, die Russland dazu zwingen soll, Erdöl künftig für höchs­tens 60 US-Dollar pro Barrel an Abneh­mer in anderen Staaten zu verkau­fen. Russland hat bereits mit Gegen­maß­nah­men gedroht.