KIEW (dpa) — Die Empörung über Gräuel­ta­ten an Zivilis­ten im Kiewer Vorort Butscha lässt nicht nach. Ukrai­ni­sche Behör­den rechnen mit mehr Opfern in anderen Orten. Die Entwick­lun­gen im Überblick.

Der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj will eine lücken­lo­se Aufklä­rung der Verbre­chen gegen Zivilis­ten in Butscha und anderen ukrai­ni­schen Städten.

Dazu arbei­te man unter anderem mit der EU und dem Inter­na­tio­na­len Straf­ge­richts­hof zusam­men, sagte er in einer Video­bot­schaft. Die inter­na­tio­na­le Empörung über die Gräuel­ta­ten im Kiewer Vorort Butscha dauert an. Die CSU fordert angesichts der Massa­ker mehr Waffen für die Ukraine.

Die ukrai­ni­sche General­staats­an­walt­schaft verzeich­ne­te nach eigenen Angaben mehr als 7000 Meldun­gen über russi­sche Kriegs­ver­bre­chen in der Region um die Haupt­stadt Kiew. Die meisten Opfer habe es in Borod­jan­ka gegeben, sagte General­staats­an­wäl­tin Iryna Wenedik­to­wa der Agentur Unian zufol­ge. «Ich denke, wir werden geson­dert über Borod­jan­ka sprechen.» Die General­staats­an­walt­schaft arbei­te an der Aufar­bei­tung von Kriegs­ver­bre­chen in Irpin, Butscha und Worsel.

Entset­zen­de Bilder aus Butscha

Die Bilder aus Butscha, wo nach dem Abzug russi­scher Truppen zahlrei­che Leichen von Bewoh­nern auf den Straßen gefun­den wurden, hatten am Wochen­en­de für Entset­zen gesorgt. Die Ukrai­ne macht für das Massa­ker russi­sche Truppen verant­wort­lich, die die Stadt besetzt hatten. Moskau bestrei­tet das. So sprach Russlands UN-Botschaf­ter Wassi­li Neben­s­ja von einer «insze­nier­ten Provokation».

Russland wolle dem UN-Sicher­heits­rat Bewei­se dafür vorle­gen, dass sein Militär keine Gräuel­ta­ten gegen Zivilis­ten in der Ukrai­ne began­gen habe. Nach Ansicht des US-Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­ums sind die russi­schen Streit­kräf­te für die Gräuel­ta­ten in der ukrai­ni­schen Stadt Butscha verant­wort­lich. «Ich denke, es ist ziemlich offen­sicht­lich — nicht nur für uns, sondern für die Welt — dass russi­sche Kräfte für die Gräuel­ta­ten in Butscha verant­wort­lich sind», sagte der Sprecher des Penta­gons, John Kirby.

Selen­skyj versi­cher­te, dass die Verant­wort­li­chen zur Rechen­schaft gezogen werden. «Die Zeit wird kommen, in der jeder Russe die ganze Wahrheit darüber erfah­ren wird, wer von seinen Mitbür­gern (in der Ukrai­ne) gemor­det hat. Wer Befeh­le gegeben hat. Wer bei den Morden ein Auge zugedrückt hat», sagte der ukrai­ni­sche Präsi­dent. Er lud Journa­lis­ten aus der ganzen Welt ein, sich die zerstör­ten Städte anzuse­hen. «Lassen Sie die Welt sehen, was Russland getan hat!» Selen­skyj, der Butscha am Montag besuch­te, befürch­tet, dass russi­sche Truppen nun versuch­ten, «die Spuren ihrer Verbre­chen zu verwischen».

CSU fordert weite­re Waffen für die Ukraine

CSU-Landes­grup­pen­chef Alexan­der Dobrindt forder­te die Bundes­re­gie­rung auf, die Ukrai­ne mit weite­ren Waffen­lie­fe­run­gen zu unter­stüt­zen. «Die Bilder aus Butscha treffen in Mark und Knochen und zeigen einen unbeschreib­ba­ren Zivili­sa­ti­ons­bruch Russlands», sagte Dobrindt der «Augsbur­ger Allgemeinen».

«Es braucht jetzt eine weite­re Stärkung der Vertei­di­gungs­fä­hig­keit der Ukrai­ne mit Waffen, geschütz­ten Fahrzeu­gen und Aufklä­rungs­tech­nik mit Drohnen, die nicht nur von der Bundes­wehr, sondern auch aus der Indus­trie heraus gelie­fert werden müssen.»

Baerbock vertei­digt Kurs bei russi­schen Energielieferungen

Bundes­au­ßen­mi­nis­te­rin Annale­na Baerbock warnte vor überzo­ge­nen Erwar­tun­gen an ein sofor­ti­ges Embar­go gegen Energie aus Russland. «Wenn man morgen komplett ein Embar­go hätte, wenn das diesen Krieg stoppen würde, dann würden wir das unver­züg­lich tun», sagte die Grünen-Politi­ke­rin in den ARD-«Tagesthemen».

Ein solcher Ausstieg würde den Preis dieses Krieges zwar hochtrei­ben. «Er würde aber nicht dazu führen, dass morgen dieses Morden zu Ende ist.» Man werde jedoch einen Komplett­aus­stieg aus fossi­ler Energie aus Russland nicht nur vorbe­rei­ten, sondern «massiv in die Wege leiten», sagte Baerbock.

Ukrai­ne erwar­tet schwe­re Angrif­fe auf Charkiw

Das ukrai­ni­sche Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um rechnet mit weite­ren russi­schen Angrif­fen auf die die belager­te Millio­nen­stadt Charkiw im Osten der Ukrai­ne. Russi­sche Truppen berei­te­ten sich darauf vor, die Stadt zu erobern, sagte der Sprecher des Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­ums in Kiew, Olexan­der Motus­janyk, nach Angaben der «Ukrajins­ka Prawda». Auch in anderen Gebie­ten im Osten der Ukrai­ne erhiel­ten russi­sche Truppen Verstärkung.

Bei russi­schen Angrif­fen auf die südukrai­ni­sche Stadt Mykola­jiw wurden nach ukrai­ni­schen Angaben mehre­re Menschen getötet und verletzt. Der Gouver­neur des Gebie­tes, Witalij Kim, berich­te­te von 11 Getöte­ten und 62 Verletz­ten. In der Nacht gab es Luftalarm auch in den Gebie­ten Polta­wa, Charkiw, Dnipro­pe­trowsk sowie in den Gebie­ten Sumy, Tscher­ni­hiw, Luhansk, Donezk und Saporischschja.

Ukrai­ne: Derzeit rund 600 russi­sche Kriegsgefangene

Etwa 600 russi­sche Solda­ten befin­den sich in Kriegs­ge­fan­gen­schaft der Ukrai­ne, wie Vize-Regie­rungs­chefin Iryna Werescht­schuk nach Angaben der «Ukrajins­ka Prawda» im Einheits­pro­gramm des ukrai­ni­schen Fernse­hens sagte. Man suche nach Wegen, über das Rote Kreuz Ukrai­ner in russi­scher Kriegs­ge­fan­gen­schaft zu errei­chen, und wolle Russland dazu bringen, sie freizulassen.

Ukrai­ne: Wieder­auf­bau von Brücken dauert zwei bis drei Monate

Der Wieder­auf­bau während des Kriegs zerstör­ter Brücken in der Region Kiew werde etwa zwei bis drei Monate dauern, teilte das ukrai­ni­sche Infra­struk­tur­mi­nis­te­ri­um nach Angaben der Agentur Unian mit. Die Arbei­ten sollen demnach in den kommen­den Tagen beginnen.

Das wird am Diens­tag wichtig

Mit einer Unter­stüt­zer-Konfe­renz in Berlin will Außen­mi­nis­te­rin Baerbock die inter­na­tio­na­le Hilfe für die von vielen ukrai­ni­schen Kriegs­flücht­lin­gen aufge­such­te Republik Moldau ankur­beln. Dabei sollen etwa die Versor­gung der Flücht­lin­ge sowie die gestie­ge­nen Energie­prei­se eine Rolle spielen.

Präsi­dent Selen­skyj will sich per Video­schal­te an die Mitglie­der des Weltsi­cher­heits­ra­tes der Verein­ten Ntionen wenden.