KIEW (dpa) — Der ukrai­ni­sche Präsi­dent kehrt mit Zusagen für mehr Waffen aus Washing­ton zurück. Putin spielt das herun­ter und deutet Gesprächs­be­reit­schaft an — aber zu seinen Bedin­gun­gen. Die News im Überblick.

Wolodym­yr Selen­skyj hat sich zufrie­den über die Ergeb­nis­se seines Besuchs in Washing­ton und seiner Gesprä­che mit US-Präsi­dent Joe Biden geäußert. Dort war dem ukrai­ni­schen Präsi­den­ten ein neues Paket an Militär­hil­fen für die Vertei­di­gung seines Landes im russi­schen Angriffs­krieg zugesagt worden, unter anderem auch die langersehn­ten Patri­ot-Luftab­wehr­ra­ke­ten. Russlands Präsi­dent Wladi­mir Putin sieht darin indes nur eine Verlän­ge­rung des Konflikts. Der Kreml­chef deute­te auch Gesprächs­be­reit­schaft an, ohne jedoch auf den von Kiew gefor­der­ten Rückzug aus der Ukrai­ne als Vorbe­din­gung einzu­ge­hen. Freitag ist Tag 303 des Krieges.

Selen­skyj zeigt sich erfreut über «gute Ergebnisse»

«Ich kehre aus Washing­ton zurück mit guten Ergeb­nis­sen», sagte der ukrai­ni­sche Präsi­dent in seiner tägli­chen Video­an­spra­che am Donners­tag. Die USA wollen als Teil eines neuen Militär­hil­fe-Pakets in Höhe von 1,85 Milli­ar­den US-Dollar (1,74 Mrd Euro) ein Patri­ot-Luftab­wehr­sys­tem in die Ukrai­ne schicken, auch neue Muniti­on wurde verspro­chen. Mit den Patri­ot-Flugab­wehr­waf­fen könnten nunmehr Staat und Volk gleicher­ma­ßen geschützt werden, unter­strich Selenskyj.

Putin: Patri­ot-Liefe­run­gen verlän­gern Konflikt in der Ukraine

Kreml­chef Putin kriti­sier­te die geplan­ten US-Liefe­run­gen von Patri­ot-Flugab­wehr­ra­ke­ten an die Ukrai­ne. «Das bedeu­tet nur eine Verlän­ge­rung des Konflikts», sagte der 70-Jähri­ge am Donners­tag in Jekate­rin­burg. Zugleich bezeich­ne­te er die Waffen als alt und gab sich optimis­tisch, dass Russland die Flugab­wehr überwin­den könne. Die Patri­ot-Flugab­wehr funktio­nie­re nicht so gut wie die russi­sche S‑300, meinte Putin. Russland werde die Patri­ots «knacken».

USA: Haushalts­ent­wurf mit Milli­ar­den­hil­fe für Ukraine

Kurz vor Frist­ab­lauf am Freitag stimm­te der US-Senat einem Haushalts­ent­wurf zu, der unter anderem milli­ar­den­schwe­re Hilfen für die Ukrai­ne vorsieht. Der geplan­te Etat soll ein Volumen von insge­samt 1,7 Billio­nen US-Dollar (1,6 Billio­nen Euro) haben. Für die Ukrai­ne sind Hilfen in Höhe von 44,9 Milli­ar­den US-Dollar vorge­se­hen. Eine Zustim­mung des Reprä­sen­tan­ten­hau­ses, der zweiten Parla­ments­kam­mer, zu dem Entwurf galt als wahrscheinlich.

Estland beschließt weite­re Militär­hil­fe für Ukraine

Auch Estland wird der Ukrai­ne weite­re Militär­hil­fe für den Kampf gegen Russland leisten. Die Regie­rung des balti­schen EU- und Nato-Staates beschloss am Donners­tag die Liefe­rung von Drohnen, persön­li­cher Schutz­aus­rüs­tung und Winter­uni­for­men an das angegrif­fe­ne Land. «Die Ukrai­ne braucht weiter­hin unsere Hilfe und Unter­stüt­zung, um sich der russi­schen Aggres­si­on entge­gen zu stellen», sagte der estni­sche Vertei­di­gungs­mi­nis­ter Hanno Pevkur.

Melnyk: Berlin soll «europäi­sche Panzer­al­li­anz» bilden

Der ukrai­ni­sche Vize-Außen­mi­nis­ter Andrij Melnyk forder­te unter­des­sen von der Bundes­re­gie­rung erneut die Liefe­rung von Kampf- und Schüt­zen­pan­zern für den Abwehr­kampf gegen Russland. Er wünsche sich von Bundes­kanz­ler Olaf Scholz (SPD), «dass er endlich die Zurück­hal­tung zum Beispiel beim Kampf­pan­zer Leopard und beim Schüt­zen­pan­zer Marder überdenkt», sagte der frühe­re Botschaf­ter der Ukrai­ne in Deutsch­land dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land (RND). «Wenn die Bundes­re­gie­rung keinen Allein­gang bei der Liefe­rung will, dann könnte Deutsch­land dabei eine Führungs­rol­le auf dem Konti­nent verfol­gen, eine europäi­sche Panzer­al­li­anz schmieden.»

Putin: Moskau drückt sich nicht vor Verhandlungen

Knapp zehn Monate nach Beginn des Angriffs­kriegs gegen die Ukrai­ne deute­te Kreml­chef Putin Verhand­lungs­be­reit­schaft an. «Alle bewaff­ne­ten Konflik­te enden mit Verhand­lun­gen, und Russland hat sich nie gedrückt, im Gegen­satz zur Ukrai­ne», sagte er am Donners­tag in Jekate­rin­burg. Zudem habe sich die ukrai­ni­sche Führung selbst von Gesprä­chen ausge­schlos­sen. «Je schnel­ler in Kiew die Erkennt­nis einkehrt, dass Gesprä­che notwen­dig sind, umso besser.»

Im Gegen­satz zu Kiew will Moskau über den aktuel­len Stand an den Fronten verhan­deln und betrach­tet die erober­ten Gebie­te — die es bereits völker­rechts­wid­rig annek­tiert hat — als russi­sches Staats­ge­biet. Kiew will jedoch erst Verhand­lun­gen aufneh­men, wenn alle russi­schen Solda­ten aus der Ukrai­ne abgezo­gen sind, inklu­si­ve der Krim, die sich Russland bereits 2014 einver­leibt hatte.

London: Vergrö­ße­rung russi­scher Armee dürfte schwie­rig werden

Pläne zur Vergrö­ße­rung der russi­schen Armee dürften nach Ansicht briti­scher Militär­ex­per­ten eine große Heraus­for­de­rung darstel­len. Das geht aus dem Geheim­dienst-Update des briti­schen Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­ums zum Krieg in der Ukrai­ne am Freitag hervor. Die Pläne, die Russlands Präsi­dent Wladi­mir Putin vorge­legt wurden, sehen demnach vor, die Armee um 30 Prozent auf 1,5 Millio­nen Solda­ten zu vergrö­ßern. «Es bleibt unklar, wie Russland die Rekru­ten finden wird, um eine solche Vergrö­ße­rung zu errei­chen in einer Zeit, wenn seine Streit­kräf­te unter nie da gewese­nem Druck sind in der Ukrai­ne», so die Mittei­lung der Briten.

Abgeord­ne­ter will Putin wegen Wort «Krieg» verklagen

Ein Opposi­ti­ons­po­li­ti­ker aus St. Peters­burg hat Russlands Präsi­dent Wladi­mir Putin wegen Diskre­di­tie­rung der Armee angezeigt — weil er das Wort «Krieg» für Russlands Invasi­on in die Ukrai­ne benutzt hat. «Er hat den Krieg Krieg genannt», twitter­te der lokale Abgeord­ne­te Nikita Juferew am späten Donners­tag­abend. Zur gleichen Zeit seien bereits Tausen­de Menschen im Land eben dafür verur­teilt worden. Offizi­ell wird in Russland der Krieg gegen die Ukrai­ne nur «militä­ri­sche Spezi­al­ope­ra­ti­on» genannt.

Russi­scher General­stabs­chef: Lage an der Front stabil

Trotz mehre­rer Nieder­la­gen im Angriffs­krieg gegen die Ukrai­ne sieht die Militär­füh­rung in Moskau nach der jüngs­ten Mobil­ma­chung die eigenen Stellun­gen in den besetz­ten Gebie­ten als gefes­tigt an. «Unter Berück­sich­ti­gung der durch­ge­führ­ten Maßnah­men zur Stärkung der Kampf­kraft der Truppen hat sich die Lage entlang der Front­li­nie stabi­li­siert», sagte General­stabs­chef Waleri Geras­si­mow. Die Haupt­an­stren­gun­gen Moskaus richten sich demnach auf die «Befrei­ung» des Gebiets Donezk im Osten des Landes.

USA: Zehntau­sen­de «Wagner»-Söldner in Ukrai­ne stationiert

In der Ukrai­ne sind nach Angaben der US-Regie­rung Zehntau­sen­de Söldner der russi­schen «Wagner»-Kampfgruppe statio­niert. Man schät­ze, dass derzeit 50.000 Söldner in der Ukrai­ne im Einsatz seien, sagte der Kommu­ni­ka­ti­ons­di­rek­tor des Weißen Hauses, John Kirby. Der russi­sche Geschäfts­mann Jewge­ni Prigo­schin hatte im Septem­ber erstmals direkt öffent­lich einge­räumt, die berüch­tig­te Söldner­trup­pe gegrün­det zu haben. Er habe die Einheit 2014 für den Einsatz auf russi­scher Seite im ukrai­ni­schen Donbass gebil­det. Putin hatte stets bestrit­ten, dass die Söldner­grup­pe auf Geheiß des Kremls gebil­det und zur Unter­stüt­zung der russi­schen Armee einge­setzt worden sei.

Bericht: Russi­sche Divisi­on an Massa­ker in Butscha beteiligt

Nach einer monate­lan­gen Recher­che zum Massa­ker in der Kiewer Vorstadt Butscha erhebt die «New York Times» schwe­re Vorwür­fe gegen eine Einheit der russi­schen Armee. Die US-Zeitung veröf­fent­lich­te am Donners­tag ein Video mit Hinter­grün­den und den Ergeb­nis­sen ihrer Nachfor­schun­gen, wonach Fallschirm­jä­ger der 234. Luftlan­de­di­vi­si­on Schuld am Tod Dutzen­der Zivilis­ten in der Jablunska-Straße in Butscha sein sollen. In Butscha waren im April nach dem Abzug des russi­schen Militärs laut ukrai­ni­schen Angaben mehr als 460 Leichen gefun­den worden. Russland strei­tet eine Verant­wor­tung für die Taten ab und behaup­tet, Aufnah­men von Toten seien fingiert gewesen.

Das wird heute wichtig

Das Augen­merk bleibt heute auf der Lage im Gebiet Donezk im Osten der Ukrai­ne, wo mehre­re Voror­te der Indus­trie­stadt Donezk und die kleine Indus­trie­stadt Bachmut hart umkämpft sind. Russi­sche Truppen hatten am Donners­tag ihre Angrif­fe auf Bachmut fortge­setzt. Die Angrei­fer seien dabei mehre­re Male bis an den Rand der Front­stadt vorge­drun­gen, teilte der General­stab in Kiew mit. Die Angrei­fer seien jedoch wieder­holt zurück­ge­schla­gen worden.