KIEW (dpa) — Zu Weihnach­ten appel­liert Präsi­dent Selen­skyj an seine Lands­leu­te, trotz der Härten des Kriegs kämpfe­risch zu bleiben. Er verspricht, dass alle Ukrai­ner in Freiheit leben werden. Die News im Überblick.

Nach neuen russi­schen Angrif­fen hat der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj in einer emotio­na­len Video­bot­schaft zu Weihnach­ten die Menschen zum Durch­hal­ten aufge­ru­fen. «Wir haben Angrif­fe, Drohun­gen, atoma­re Erpres­sung, Terror und Raketen­schlä­ge ausge­hal­ten. Lasst uns diesen Winter überste­hen, weil wir wissen, wofür wir kämpfen», sagte Selen­skyj in einem am Heilig­abend verbrei­te­ten Video.

Er stand dabei im Dunkeln auf der Straße mit einem Weihnachts­baum und spärli­chem Licht im Hintergrund.

«Allen ukrai­ni­schen Frauen und Männern Freiheit zurückbringen»

«Wir glauben, dass Tränen der Freude weichen werden, dass Hoffnung nach Verzweif­lung kommt und Tod durch Leben besiegt wird», sagte Selen­skyj. Millio­nen Menschen in der Ukrai­ne und in der Welt feier­ten in diesen Tagen Weihnach­ten, sagte er. Der Präsi­dent erinner­te an die Ukrai­ner, die ins Ausland geflo­hen sind oder Weihnach­ten in russi­scher Gefan­gen­schaft verbrin­gen müssen. «Wir werden allen ukrai­ni­schen Frauen und Männern ihre Freiheit zurückbringen.»

Nach den russi­schen Angrif­fen auf die Energie­infra­struk­tur des Landes könnten in diesem Jahr die Straßen und Häuser nicht so hell erstrah­len wie sonst, sagte Selen­skyj. Doch könne keine russi­sche Drohne und keine Rakete den Geist von Weihnach­ten brechen. «Und auch in totaler Finster­nis werden wir einan­der finden, um uns fest zu umarmen. Und wenn es keine Heizung gibt, werden wir uns mit einer großen Umarmung wärmen», sagte Selen­skyj. «Wir werden nicht auf ein Wunder warten, sondern es selbst schaffen.»

In der Ukrai­ne ist sowohl der 25. Dezem­ber ein offizi­el­ler Weihnachts­tag als auch der 7. Januar, an dem die ortho­do­xen Chris­ten feiern.

Auch der Kiewer Bürger­meis­ter Vitali Klitsch­ko schick­te im Nachrich­ten­ka­nal Weihnachts­grü­ße. Das Fest stärke den Glauben in den Herzen, sagte er. «Wir danken beson­ders den Vertei­di­gern, die weit weg sind von ihren Heimat­or­ten und ihren Verwand­ten.» Sie seien dabei, der Ukrai­ne den Sieg immer näher zu bringen.

Tote und Verletz­te bei russi­schem Beschuss von Cherson

Breites Entset­zen lösten neue russi­sche Angrif­fe auf die südukrai­ni­sche Stadt Cherson aus. Dabei wurden 10 Menschen getötet und 55 weite­re verletzt, wie Militär­gou­ver­neur Jaros­law Janusche­witsch gestern Abend im ukrai­ni­schen Fernse­hen mitteil­te. 18 Menschen seien schwer verletzt worden. Der Vizechef des Präsi­di­al­am­tes in Kiew, Kyrylo Tymoschen­ko, veröf­fent­lich­te dazu in seinem Telegram-Kanal Fotos von leblo­sen Menschen im Zentrum der unlängst von der russi­schen Besat­zung befrei­ten Stadt.

Nach ukrai­ni­schen Angaben beschie­ßen russi­sche Truppen die Stadt weiter aus anderen Teilen des besetz­ten Gebiets Cherson. Der Großteil des Gebiets wird weiter­hin von russi­schen Truppen kontrol­liert. Russland hat die Region Cherson völker­rechts­wid­rig annektiert.

Selen­skyj verur­teil­te den Angriff als weite­res Verbre­chen des «Terror­staa­tes» Russland direkt vor Weihnach­ten. Die Fotos der Toten würden von sozia­len Netzwer­ken sicher markiert wegen des Inhalts. «Aber das ist kein sensi­bler Inhalt, das ist das reale Leben der Ukrai­ne und der Ukrai­ner», sagte er. «Das ist Terror, das ist Töten um der Einschüch­te­rung und des Vergnü­gens willen», meinte er. «Die Welt muss sehen und verste­hen, welches absolu­te Böse wir bekämpfen.»

Angst vor mögli­chem russi­schen Angriff von Belarus

Angesichts einer russi­schen Truppen­kon­zen­tra­ti­on in Belarus halten sich Ängste in Kiew vor einem mögli­chen neuen Angriff von dort aus auf den Norden der Ukrai­ne. Russland schafft nach Einschät­zung des US-Insti­tuts für Kriegs­stu­di­en (ISW) in Belarus weiter die Voraus­set­zun­gen für einen mögli­chen Angriff. Die ISW-Exper­ten meinten zwar, dass ein solcher Angriff weiter unwahr­schein­lich, aber möglich sei. Als Indiz dafür sehe man die Einrich­tung eines Feldla­za­retts. «Feldhos­pi­tä­ler sind nicht notwen­dig für Übungen und können ein Hinweis auf die Vorbe­rei­tung von Kampf­hand­lun­gen sein», hieß es.

In Belarus hat der von Moskau politisch und finan­zi­ell abhän­gi­ge Macht­ha­ber Alexan­der Lukaschen­ko seine Militär­ba­sen für Angrif­fe auf die Ukrai­ne zur Verfü­gung gestellt. Die Ukrai­ne sieht Belarus als Kriegs­par­tei. Dagegen betont Lukaschen­ko, der gestern zu einem neuen Besuch in Moskau eintraf, sich nicht an dem Krieg zu betei­li­gen. Lukaschen­ko und Putin treffen sich am 26. und 27. Dezem­ber zu einem weite­ren infor­mel­len Gipfel der Gemein­schaft Unabhän­gi­ger Staaten (GUS).

Kampf­pan­zer-Liefe­rung wird skeptisch gesehen

In einer Umfra­ge des Meinungs­for­schungs­in­sti­tuts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur sprechen sich 45 Prozent der Befrag­ten gegen eine Liefe­rung deutscher Kampf­pan­zer des Typs Leopard 2 in die Ukrai­ne aus. Nur 33 Prozent sind dafür, 22 Prozent machen keine Angaben.

Die Ukrai­ne fordert seit Monaten Leopard-2-Panzer von Deutsch­land. Bundes­kanz­ler Olaf Scholz (SPD) will sie aber nicht im Allein­gang liefern und verweist darauf, dass bisher auch kein anderes Landes ähnli­che Waffen­sys­te­me bereit­ge­stellt hat. Aus den Reihen seiner beiden kleine­ren Koali­ti­ons­part­ner Grüne und FDP gibt es aber immer wieder Forde­run­gen, die Leopard 2 trotz­dem in die Ukrai­ne zu schicken. Auch die größte Opposi­ti­ons­frak­ti­on CDU/CSU ist dafür.

Spani­ens König Felipe prangert Krieg in der Ukrai­ne an

Der spani­sche König pranger­te unter­des­sen den russi­schen Angriffs­krieg gegen die Ukrai­ne und dessen Folgen an. Der Konflikt habe «bereits ein Ausmaß an Zerstö­rung und Ruin verur­sacht, das man sich nur schwer vorstel­len kann», sagte Felipe VI. in seiner gestern Abend in TV und Radio ausge­strahl­ten Weihnachts­an­spra­che. Er warnte vor den Folgen eines Kriegs von «globa­ler Bedeu­tung», der «unsere Sicher­heit beein­träch­tigt hat».

Bei der Christ­met­te im Peters­dom in Rom nutzte Papst Franzis­kus die Predigt, um Kriege zu verur­tei­len: «Wie viele Kriege gibt es! Und an wie vielen Orten werden auch heute noch Würde und Freiheit mit Füßen getre­ten!» Den Ukrai­ne-Krieg benann­te er aber nicht direkt.

Was heute wichtig wird

In der Ukrai­ne feiern viele Menschen den Weihnachts­tag. Wie eine vor wenigen Tagen veröf­fent­lich­te Umfra­ge zeigte, wenden sich immer mehr Menschen ab von der ortho­do­xen Tradi­ti­on, am 7. Januar Weihnach­ten zu feiern. Viele richten sich vielmehr inzwi­schen nach dem Kalen­der der Westkir­chen. Unbeein­druckt davon dürfte Russland auch an Weihnach­ten seine Angrif­fe auf die Ukrai­ne fortsetzen.