KIEW/MOSKAU (dpa) ‑Der ukrai­ni­sche Präsi­dent Selen­skyj kündigt seine Rede zur Lage der Nation als Dialog an. Kreml­chef Wladi­mir Putin gibt unter­des­sen ein Export­ver­bot von Öl an seine Wider­sa­cher bekannt. Die News im Überblick.

Die politi­sche Führung in Kiew hat der ukrai­nisch-ortho­do­xen Kirche und auch dem ungari­schen Regie­rungs­chef Viktor Orbán eine zu große Nähe zu Russland vorgeworfen.

Der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj versprach seinem Volk, den vor dem Parla­ment demnächst geplan­ten Jahres­aus­blick als Dialog zu gestal­ten, um gemein­sam die Aufga­ben für die Zukunft zu formu­lie­ren. Derweil verbot Russlands Präsi­dent Wladi­mir Putin den Verkauf von Öl an Länder, die einen Preis­de­ckel auf den Rohstoff beschlos­sen haben.

Selen­skyj will Dialog mit ukrai­ni­schem Volk

Selen­skyj kündig­te seine jährli­che Rede zur Lage der Nation vor dem ukrai­ni­schen Parla­ment, der Rada, an. «Ich möchte, dass diese Botschaft kein Bericht ist, sondern unser Dialog mit Ihnen über das kommen­de Jahr», sagte der 44-Jähri­ge gestern in seiner tägli­chen Video­an­spra­che. Es gehe darum, die Aufga­ben für die Zukunft zu formu­lie­ren. Die Rede wird bis zum Ende der Woche erwar­tet, ein genau­es Datum nannte Selen­skyj nicht.

Der ukrai­ni­sche Präsi­dent berich­te­te zudem über sein Treffen mit dem General­stab. Dabei sei die Lage im ostukrai­ni­schen Donbass und spezi­ell um die Klein­städ­te Kremin­na und Bachmut bespro­chen worden. Die Indus­trie­stadt Bachmut im Norden des Gebiets Donezk ist seit Monaten umkämpft. Vor Kremin­na, einer Klein­stadt nördlich davon im Gebiet Luhansk, hat sich die Lage jüngst zugespitzt.

Putin verbie­tet Ölver­kauf an Länder mit Preisdeckel

In einem gestern veröf­fent­lich­ten Dokument heißt es zum Export­ver­bot von Öl: «Die Liefe­run­gen von russi­schem Öl und Ölpro­duk­ten an auslän­di­sche Firmen und Perso­nen sind verbo­ten, wenn in diesen Verträ­gen direkt oder indirekt der Mecha­nis­mus zur Fixie­rung einer Preis­ober­gren­ze einge­baut ist.»

Das Verbot für Öltrans­por­te tritt am 1. Febru­ar in Kraft. Bei Ölpro­duk­ten wie Benzin und Diesel soll die russi­sche Regie­rung das genaue Datum festle­gen, wobei es nicht vor dem 1. Febru­ar liegen dürfe, heißt es in dem Dekret. Zunächst gilt das Dekret bis zum 1. Juli 2023.

Der Preis­de­ckel für russi­sches Öl wurde Anfang Dezem­ber von der EU beschlos­sen und liegt derzeit bei 60 US-Dollar (57 Euro) pro Barrel (159 Liter). Die G7-Staaten, Austra­li­en und Norwe­gen haben sich der Maßnah­me angeschlos­sen. Der Preis­de­ckel ist eine der Sanktio­nen, mit denen der Westen auf den von Putin begon­ne­nen Angriffs­krieg gegen die Ukrai­ne reagiert.

Kiew muss ganzen Winter mit plötz­li­chen Strom­aus­fäl­len rechnen

Die Bewoh­ner Kiews müssen laut Stadt­ver­wal­tung bis zum Ende des Winters immer wieder mit plötz­li­chen Notab­schal­tun­gen rechnen. «Unter diesen Gegeben­hei­ten werden wir den ganzen Winter leben müssen», sagte der Vizechef der Stadt­ver­wal­tung, Petro Pantel­je­jew, gestern im ukrai­ni­schen Fernse­hen. Die Strom­ver­sor­gung in Kiew ist wie in anderen ukrai­ni­schen Städten auch nach den russi­schen Raketen­an­grif­fen massiv beeinträchtigt.

Seit Oktober greift Russland die ukrai­ni­sche Infra­struk­tur für die Energie­ver­sor­gung immer wieder mit Raketen an. Die Gefahr weite­rer Angrif­fe bleibe akut, warnte der ukrai­ni­sche General­stab gestern in seinem Lagebe­richt. Premier­mi­nis­ter Denys Schmyhal hatte zuvor erklärt, dass die Ukrai­ne die Silves­ter­nacht ohne Notab­schal­tun­gen verbrin­gen könne, wenn es keinen weite­ren Beschuss gebe. Die Gefahr, dass das russi­sche Militär erneut Objek­te der Strom­ver­sor­gung in der Ukrai­ne ins Visier nehme, sei aller­dings groß, räumte er ein.

Kiew wirft Orban Respekt­lo­sig­keit vor

Die ukrai­ni­sche Führung kriti­sier­te Ungarns Premier Orban für dessen Haltung im Ukrai­ne­krieg. «Die Äußerun­gen von Ungarns Premier­mi­nis­ter demons­trie­ren eine patho­lo­gi­sche Verach­tung der Ukrai­ne und des ukrai­ni­schen Volkes, das sich der russi­schen Aggres­si­on wider­setzt, und eine politi­sche Kurzsich­tig­keit», teilte das ukrai­ni­sche Außen­mi­nis­te­ri­um gestern auf seiner Homepage mit.

Auslö­ser war eine Äußerung Orbans, wonach der Krieg beendet werden könne, wenn die USA ihre Waffen­hil­fe für Kiew einstellten.

Streit über Verhält­nis der ukrai­nisch-ortho­do­xen Kirche zu Moskau

Im Streit über einen Verbleib der ortho­do­xen Kirche im weltbe­kann­ten Kiewer Höhlen­klos­ter forder­te die ukrai­ni­sche Führung die Kirche mit Nachdruck auf, sich von Moskau zu distan­zie­ren. «Wenn ihr keine Bezie­hun­gen zu Russland habt, dann sagt Euch offizi­ell los, sagt, dass (Wladi­mir) Putin der Satan ist», forder­te der Sekre­tär des Natio­na­len Sicher­heits­rats, Olexij Danilow, gestern im Fernse­hen. Auch der Moskau­er Patri­arch Kirill sei ein Teufel, fügte Danilow hinzu. Bis Mai war die ukrai­nisch-ortho­do­xe Kirche dem Moskau­er Patri­ar­chat unterstellt.

Der Vorste­her des weltbe­rühm­ten Höhlen­klos­ters in Kiew, Pawel Lebed, hatte zuvor Selen­skyj Druck auf die ortho­do­xen Chris­ten vorge­wor­fen. «Uns reicht es, dass der Feind gegen unsere Leute schlägt, uns reicht das Elend und die Trauer, wenn die Menschen in der Kälte und ohne Licht hungern», sagte Lebed in einer an Selen­skyj gerich­te­ten Video­bot­schaft. Er appel­lier­te an ihn, der ukrai­nisch-ortho­do­xen Kirche nicht zum Monats­en­de ihre zwei Gottes­häu­ser in der zum Weltkul­tur­er­be der Unesco zählen­den Anlage wegzunehmen.

UN haben fast 6900 getöte­te Zivilis­ten registriert

In dem Angriffs­krieg Russlands auf sein Nachbar­land hat das UN-Menschen­rechts­bü­ro inzwi­schen 6884 getöte­te Zivilis­ten regis­triert, darun­ter 429 Kinder. Mindes­tens 10 947 Menschen seien verletzt worden, zumeist durch Beschuss und Luftan­grif­fe, hieß es. Die tatsäch­li­che Opfer­zahl sei weit höher.

Was heute wichtig werden kann

Die Rada, das Parla­ment der Ukrai­ne, erwar­tet noch in dieser Woche die jährli­che Anspra­che Selen­sky­js vor den Abgeord­ne­ten. Der genaue Termin wird aus Sicher­heits­grün­den nicht genannt.