KIEW (dpa) — Der Schwer­punkt der Kämpfe in der Ostukrai­ne verla­gert sich auf die Stadt Soledar. Trotz­dem sieht Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj kein Durch­kom­men für die russi­schen Angrei­fer. Die News im Überblick.

Die Kämpfe im Osten der Ukrai­ne haben sich zugespitzt. Spezi­ell im Norden des Gebiets Donezk um die Städte Bachmut und Soledar ist die Lage nach Angaben aus Kiew schwie­rig. Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj gibt sich trotz­dem überzeugt davon, dass die eigenen Truppen durch­hal­ten und verspricht ihnen Verstärkung.

Derweil haben Russland und die Ukrai­ne das erste Mal in diesem Jahr wieder Gefan­ge­ne ausge­tauscht. Heute ist der 320. Tag des russi­schen Angriffs­krie­ges auf das Nachbarland.

Selen­skyj: Ukrai­ner halten schwe­ren Kämpfen im Donbass stand

Trotz schwers­ter Kämpfe im Osten der Ukrai­ne sieht Selen­skyj kein Durch­kom­men für die russi­schen Angrei­fer und verspricht den Vertei­di­gern Verstär­kung. «Bachmut hält durch», sagte der 44-Jähri­ge gestern in seiner tägli­chen Video­an­spra­che. Auch das benach­bar­te Soledar halte durch, obwohl die Lage schwie­rig sei. «Dies ist einer der blutigs­ten Orte an der Front», beschrieb er das Gebiet um die beiden Klein­städ­te, die nur 14 Kilome­ter vonein­an­der entfernt liegen.

Laut Selen­skyj besich­tig­te der Befehls­ha­ber des ukrai­ni­schen Heeres gestern die Truppen in Bachmut und Soledar. Olexan­dr Syrskyj werde die Vertei­di­gung leiten und Verstär­kung sowie größe­re Feuer­kraft gegen den Feind organi­sie­ren. Syrskyj gilt in der Ukrai­ne als Held, dem die Erfol­ge bei der Vertei­di­gung von Kiew und bei der Rückerobe­rung des Gebiets Charkiw zugeschrie­ben werden.

Kiew räumt Proble­me bei Vertei­di­gung von Soledar ein

Bei den Kämpfen im ostukrai­ni­schen Gebiet Donezk sind die Vertei­di­ger im Raum Soledar Kiew zufol­ge in eine schwie­ri­ge Lage geraten. «Derzeit ist es schwer in Soledar», schrieb die stell­ver­tre­ten­de ukrai­ni­sche Vertei­di­gungs­mi­nis­te­rin Hanna Maljar gestern in ihrem Telegram-Kanal. Soledar ist wie das seit Monaten umkämpf­te Bachmut Teil des ukrai­ni­schen Vertei­di­gungs­walls vor dem Ballungs­raum zwischen Slowjansk und Krama­torsk. Die Einnah­me der Agglo­me­ra­ti­on wäre fast gleich­be­deu­tend mit der Erobe­rung des Donbass — eines der öffent­lich genann­ten Ziele Russlands zu Beginn des Krieges.

Vor Soledar hätten die Russen große Kräfte konzen­triert. An den Angrif­fen seien nicht nur regulä­re Einhei­ten der russi­schen Armee, sondern auch Söldner­trup­pen betei­ligt, schrieb Maljar. Tatsäch­lich greifen in dem Raum um Bachmut und Soledar die als gut ausge­rüs­tet gelten­den Söldner der «Wagner»-Truppe an.

Russland und Ukrai­ne tauschen 50 Gefan­ge­ne aus

Russland und die Ukrai­ne haben den ersten Gefan­gen­aus­tausch nach dem Jahres­wech­sel vollzo­gen. «Am 8. Januar wurden im Resul­tat des Verhand­lungs­pro­zes­ses 50 russi­sche Solda­ten, denen in Gefan­gen­schaft tödli­che Gefahr drohte, vom Terri­to­ri­um zurück­ge­holt, das unter Kontrol­le des Kiewer Regimes steht», teilte das russi­sche Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um gestern in seinem Telegram-Kanal mit. Kurz darauf bestä­tig­te die ukrai­ni­sche Seite den Austausch.

Laut dem russi­schen Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um wurden die eigenen Kriegs­ge­fan­ge­nen bereits mit einem Militär­flug­zeug nach Moskau zur Behand­lung und Rehabi­li­ta­ti­on ausge­flo­gen. Nähere Angaben zu den russi­schen Solda­ten gibt es nicht.

Kiew hinge­gen berich­te­te, dass auf eigener Seite 33 Offizie­re und 17 Mannschafts­dienst­gra­de befreit wurden. «Wir holen Leute zurück, die beim AKW Tscher­no­byl in Gefan­gen­schaft geraten sind, unsere Vertei­di­ger aus Mariu­pol, unsere Jungs aus der Region Donezk im Raum Bachmut, sowie aus dem Kiewer Gebiet, Tscher­nihow, Cherson und anderen Regio­nen, wo es Kämpfe gab», kommen­tier­te der Leiter des Präsi­di­al­amts, Andrij Jermak, den Austausch.

Belarus kündigt gemein­sa­mes Luftwaf­fen­ma­nö­ver mit Russland an

Belarus will nach offizi­el­len Angaben vor dem Hinter­grund des Ukrai­ne­kriegs ab Mitte Januar ein zweiwö­chi­ges Luftwaf­fen­ma­nö­ver mit den russi­schen Streit­kräf­ten abhal­ten. «Vom 16. Januar bis 1. Febru­ar 2023 finden kollek­ti­ve lufttak­ti­sche Übungen der Streit­kräf­te von Belarus und Russland statt», teilte das belarus­si­sche Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um gestern in seinem Telegram-Kanal mit.

Die gemein­sa­me Einsatz­trup­pe haben die beiden Länder im Herbst gebil­det — offizi­ell zum Schutz der Außen­gren­zen der russisch-belarus­si­schen Union. Auf dieser Basis sind rund 9000 russi­sche Solda­ten in Belarus statio­niert. Macht­ha­ber Alexan­der Lukaschen­ko hatte erst am Freitag der Truppe einen Besuch abgestat­tet. Laut dem Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um in Minsk sind gestern die russi­schen Luftwaf­fen­ein­hei­ten einge­trof­fen. An den zweiwö­chi­gen Übungen sollen alle Flugplät­ze und Truppen­übungs­plät­ze der Luftwaf­fe und Flugab­wehr in Belarus betei­ligt werden, heißt es.

Jüngst gab es immer wieder Speku­la­tio­nen über einen erneu­ten russi­schen Angriff auf die Ukrai­ne von belarus­si­schem Gebiet aus.

OSZE-General­se­kre­tä­rin gegen Ausschluss Moskaus aus der Organisation

Die General­se­kre­tä­rin der Organi­sa­ti­on für Sicher­heit und Zusam­men­ar­beit in Europa (OSZE), Helga Maria Schmid, hat sich gegen einen Ausschluss Russlands aus der Gruppe ausge­spro­chen. Diplo­ma­ti­sche Kanäle offen zu halten, heiße nicht, dass man sich einig sei, sagte Schmid der «Welt». «Ich halte es jeden­falls aus heuti­ger Sicht für sinnvoll, dass Russland weiter­hin Mitglied in der OSZE bleibt.»

Der ukrai­ni­sche Außen­mi­nis­ter Dmytro Kuleba hatte angesichts des russi­schen Angriffs­kriegs gegen sein Land einen Ausschluss Moskaus gefor­dert. «Eines Tages werden wir auch wieder Gesprächs­ka­nä­le brauchen», sagte die deutsche Spitzendiplomatin.

Das wird heute wichtig

In Russland enden die Feier­ta­ge nach dem Jahres­wech­sel und auch die Politik kehrt zum Alltag zurück. An der Front dürften die russi­schen Truppen wohl ihre Angrif­fe auf Bachmut und Soledar in der Hoffnung auf einen Durch­bruch fortsetzen.