KIEW (dpa) — Leopard-Panzer aus Polen: Kiew ist begeis­tert und hofft insge­heim auf mehr. Derweil dauern die Kämpfe um das ostukrai­ni­sche Soledar an, russi­sche Sieges­mel­dun­gen wirken fabri­ziert. Die News im Überblick.

Der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj hat die Initia­ti­ve Polens, seinem Land Leopard-Kampf­pan­zer zur Verfü­gung zu stellen, freudig begrüßt. «Vielen Dank an Präsi­dent Duda, die polni­sche Regie­rung und alle unsere polni­schen Freun­de», sagte Selen­skyj gestern Abend in seiner tägli­chen Video­an­spra­che zu den Ergeb­nis­sen seines Treffens mit seinem polni­schen Kolle­gen Andrzej Duda und dem litaui­schen Staats­chef Gitanas Nause­da in Lwiw.

Panzer aus westli­cher Produk­ti­on seien «das Werk unserer gesam­ten Antikriegs­ko­ali­ti­on und eine neue Ebene unseres Potenzials».

Duda hatte nach dem Treffen erklärt, sein Land habe die Entschei­dung getrof­fen, im Rahmen einer Koali­ti­on mit Verbün­de­ten den Ukrai­nern Leopard-Kampf­pan­zer für eine Kompa­nie zu überlas­sen. Eine Leopard-Kompa­nie ist in Polen wie in Deutsch­land üblicher­wei­se mit 14 Kampf­pan­zern ausge­rüs­tet. Duda sagte weiter, Voraus­set­zung sei zum einen «eine ganze Reihe von forma­len Anfor­de­run­gen und Geneh­mi­gun­gen». Zum anderen wolle Polen, dass sich dafür eine inter­na­tio­na­le Koali­ti­on bilde, bei der auch andere Länder Kampf­pan­zer beisteu­ern würden. Nause­da hatte seiner­seits erklärt, dass Litau­en weite­re Flugab­wehr­waf­fen an die Ukrai­ne liefern wolle.

Medwe­dew: Westli­che Panzer bald rosti­ges Altmetall

Die westli­chen Panzer in der Ukrai­ne werden nach Meinung des frühe­ren russi­schen Präsi­den­ten Dmitri Medwe­dew bald «rosti­ges Altme­tall» sein. Die Kampf­wa­gen würden den zerfal­len­den «künst­li­chen Staat» Ukrai­ne nicht retten, kommen­tier­te der Vize-Vorsit­zen­de des Natio­na­len Sicher­heits­rats Russlands. Bei dem Treffen in Lwiw, das nach Medwe­dews Meinung bald als Lemberg nach Polen zurück­keh­ren werde, seien Panzer wie der Leopard, moder­ni­sier­te T‑72 oder auch briti­sche Panzer «angebe­tet» worden. «Aber all dieses Eisen wird auf jeden Fall in Kürze zu rosti­gem Altme­tall», sagte Medwedew.

Medwe­dew galt in seiner Zeit als Präsi­dent Russlands als modera­ter Politi­ker. Seit Beginn des russi­schen Angriffs­kriegs in der Ukrai­ne versucht er sich mit extre­men Positio­nen zu profilieren.

Selen­skyj: Russi­sche Propa­gan­da­ak­ti­on bei Soledar

Die von russi­scher Seite verkün­de­te Einnah­me der schwer umkämpf­ten ostukrai­ni­schen Klein­stadt Soledar ist nach den Worten des ukrai­ni­schen Präsi­den­ten Selen­skyj ein Propa­gan­da­ma­nö­ver. «Die Front im Donezk-Gebiet hält», sagte Selen­skyj in seiner tägli­chen Video­an­spra­che. «Die Kämpfe gehen weiter, und wir unter­neh­men alles, um die ukrai­ni­sche Vertei­di­gung zu stärken.»

«Jetzt versu­chen der Terror-Staat und seine Propa­gan­dis­ten so zu tun, als sei ein Teil unserer Stadt Soledar — einer Stadt, die von den Invaso­ren fast vollstän­dig zerstört wurde — eine Art Eigen­tum Russlands», sagte Selen­skyj. Mit diesen Behaup­tun­gen über vermeint­li­che Erfol­ge versu­che Russland, seine Bevöl­ke­rung zu täuschen und «die Mobili­sie­rung zu unter­stüt­zen». Zudem sollten die «Befür­wor­ter der Aggres­si­on» weite­re Hoffnung erhalten.

Auch der ukrai­ni­sche General­stab hatte russi­sche Berich­te über die Erobe­rung von Soledar demen­tiert. «Die Kämpfe dauern an», hieß es in einer Mitteilung.

Kreml­spre­cher: «positi­ve Dynamik beim Vorankommen»

Am Diens­tag hatte der Chef der russi­schen Söldner­trup­pe Wagner, Jewge­ni Prigo­schin, behaup­tet, dass die Klein­stadt im Gebiet Donezk fast erobert und etwa 500 ukrai­ni­sche Solda­ten einge­schlos­sen seien. Die russi­sche Militär­füh­rung schwieg dazu. Kreml­spre­cher Dmitri Peskow erwähn­te im Gespräch mit der Nachrich­ten­agen­tur Inter­fax ledig­lich eine «positi­ve Dynamik beim Vorankommen».

Die Ukrai­ne vertei­digt sich seit Ende Febru­ar 2022 gegen den russi­schen Angriffs­krieg. Zuletzt erziel­ten Moskaus Truppen bei Soledar und dem benach­bar­ten Bachmut Berich­ten zufol­ge Gelän­de­ge­win­ne. Beide Städte sind von strate­gi­scher Bedeu­tung, weil sie Teil des ukrai­ni­schen Vertei­di­gungs­walls vor dem Ballungs­raum zwischen Slowjansk und Krama­torsk sind.

Russland wechselt erneut Komman­deur aus

Rund zehnein­halb Monate nach Kriegs­be­ginn hat Russlands Vertei­di­gungs­mi­nis­ter Sergej Schoi­gu General­stabs­chef Waleri Geras­si­mow zum neuen Komman­deur der russi­schen Truppen in der Ukrai­ne ernannt. Der bishe­ri­ge Komman­deur Sergej Surowi­kin, der den Posten erst im vergan­ge­nen Oktober übernom­men hatte, solle Geras­si­mows Stell­ver­tre­ter werden, teilte das Minis­te­ri­um gestern in Moskau mit.

Schoi­gu ernann­te mit General Oleg Salju­kow und General­oberst Alexej Kim zudem noch zwei weite­re Stell­ver­tre­ter. Moskau begrün­de­te die Neuauf­stel­lung mit einer «Auswei­tung des Ausma­ßes der zu lösen­den Aufga­ben» sowie der Notwen­dig­keit einer engeren Koope­ra­ti­on der einzel­nen Armeeteile.

SPD im Bundes­tag setzt auf Diplomatie

Die SPD-Frakti­on setzt auf diplo­ma­ti­sche Initia­ti­ven, um zu einem Friedens­schluss im Ukrai­ne-Krieg zu kommen. «Denn wir wissen: Kriege werden in der Regel nicht auf dem Schlacht­feld beendet», heißt es in einem Entwurf für ein Positi­ons­pa­pier der größten Regie­rungs­frak­ti­on, das auf der heute begin­nen­den Jahres­auf­takt-Klausur beschlos­sen werden soll.

«Auch wenn es aus nachvoll­zieh­ba­ren Gründen keiner­lei Vertrau­en mehr zur gegen­wär­ti­gen russi­schen Führung gibt, müssen diplo­ma­ti­sche Gesprä­che möglich bleiben.» Deswe­gen seien auch die Telefo­na­te von Kanzler Olaf Scholz mit dem russi­schen Präsi­den­ten Wladi­mir Putin richtig und notwendig.

Was heute wichtig wird

Nach dem Vorstoß Polens wird die inter­na­tio­na­le Diskus­si­on um Liefe­rung schwe­rer Kampf­pan­zer an die Ukrai­ne sicher­lich auch heute fortgesetzt.