KIEW/WASHINGTON (dpa) — Zwar bedankt sich die Ukrai­ne bei den Nato-Staaten höflich für die Hilfe bei der Vertei­di­gung gegen Russlands Angriffs­krieg. Aber zufrie­den ist Präsi­dent Selen­skyj noch nicht. Die News im Überblick.

Nach der Ukrai­ne-Konfe­renz im deutschen Ramstein will Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj in Kiew weiter für eine rasche Liefe­rung von deutschen Leopard-2-Panzern an sein Land kämpfen. Er habe bei den Gesprä­chen viel Verständ­nis für die Erfor­der­nis­se der von Russland angegrif­fe­nen Ukrai­ne gehört, sagte Selen­skyj. «Ja, wir werden noch kämpfen müssen um die Liefe­rung moder­ner Panzer, aber mit jedem Tag machen wir es noch offen­kun­di­ger, dass es keine Alter­na­ti­ve gibt zu der Entschei­dung für Panzer.»

Bei der Konfe­renz auf dem US-Luftwaf­fen­stütz­punkt fiel am Freitag noch keine Entschei­dung für die Liefe­rung von Kampf­pan­zern, weil Deutsch­land weiter zögert. Trotz­dem zeigte sich Selen­skyj in seiner in Kiew verbrei­te­ten allabend­li­chen Video­bot­schaft optimis­tisch, dass er die Panzer erhal­ten wird.

Auch der ukrai­ni­sche Vertei­di­gungs­mi­nis­ter Olexij Resni­kow sagte nach einem Treffen mit seinem neuen deutschen Kolle­gen Boris Pisto­ri­us, dass die Gesprä­che über die Leopards 2 fortge­setzt würden. Er dankte der deutschen Regie­rung und der Bevöl­ke­rung für die Militär­hil­fe. Medien in Kiew berich­te­ten nach Resni­kows Angaben, dass eine Reihe Staaten zugestimmt habe, die Ausbil­dung ukrai­ni­scher Solda­ten an den Leopard-2-Panzern zu begin­nen. Insbe­son­de­re dankte er demnach Polen für die Initiative.

Selen­skyj sagte, notwen­dig seien auch Raketen mit größe­ren Reich­wei­ten, um ukrai­ni­sche Gebie­te zu befrei­en. Nicht alles, worüber in Ramstein gespro­chen wurde, sei für die Öffent­lich­keit bestimmt, meinte Selen­skyj. Unterm Strich aber stehe eine Stärkung des ukrai­ni­schen Wider­stan­des gegen die russi­sche Aggression.

Enttäu­schung nach ausge­blie­be­ner Kampfpanzer-Entscheidung

Angesichts der weiter aufge­scho­be­nen Entschei­dung über die Liefe­rung deutscher Kampf­pan­zer an die Ukrai­ne haben sich Politi­ker aus Ampel-Koali­ti­on und Opposi­ti­on enttäuscht gezeigt. Die Vorsit­zen­de des Vertei­di­gungs­aus­schus­ses, Marie-Agnes Strack-Zimmer­mann (FPD), sagte am Freitag­abend im ZDF-«heute journal»: «Zumin­dest wäre ein Signal richtig gewesen, den Partnern schon mal grünes Licht zu geben.» «Die Geschich­te schaut auf uns, und Deutsch­land hat leider gerade versagt», monier­te Strack-Zimmer­mann. Die Union befürch­tet nun einen schwe­ren außen­po­li­ti­schen Schaden. «Deutsch­land hat der Ukrai­ne und sich selbst für die künfti­ge Positi­on einen Bären­dienst erwie­sen», sagte der CDU-Außen­ex­per­te Roderich Kiesewetter.

Trotz Zögern: Penta­gon-Chef lobt Deutsch­land als Partner

US-Vertei­di­gungs­mi­nis­ter Lloyd Austin hat Deutsch­land trotz des Zögerns mit Blick auf eine Liefe­rung von Leopard-2-Kampf­pan­zern an die Ukrai­ne als verläss­li­chen Partner gelobt. «Ja, sie sind ein zuver­läs­si­ger Verbün­de­ter. Das sind sie schon seit sehr, sehr langer Zeit», sagte Austin am Freitag in Ramstein nach dem Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe.

Trotz erheb­li­chen Drucks aus der Ukrai­ne und von verbün­de­ten Staaten hat die Bundes­re­gie­rung noch keine Entschei­dung über die Liefe­rung der Panzer getrof­fen. Die Ukrai­ne hatte Deutsch­land bereits am 3. März 2022 — gut eine Woche nach dem russi­schen Angriff — erstmals offizi­ell um die Kampf­pan­zer gebeten und diese Forde­rung danach immer wieder­holt. Deutsch­land nimmt als Produk­ti­ons­land in der Frage eine Schlüs­sel­rol­le ein. Eine Weiter­ga­be an die Ukrai­ne auch durch andere Länder muss von der Bundes­re­gie­rung geneh­migt werden.

Die US-Regie­rung beton­te, dass jedes Land souve­rä­ne Entschei­dun­gen treffe, was die Liefe­rung von Waffen angehe. «Wir drängen nieman­den zu etwas und lassen uns auch von nieman­dem zu etwas drängen», sagte der Kommu­ni­ka­ti­ons­di­rek­tor des Natio­na­len Sicher­heits­ra­tes, John Kirby, am Freitag in Washington.

Austin beton­te, für den militä­ri­schen Erfolg der Ukrai­ne sei nicht ein einzel­nes Waffen­sys­tem entschei­dend. Die Ukrai­ner hätten ein Paket mit großen militä­ri­schen Fähig­kei­ten bekom­men — darun­ter seien Schüt­zen­pan­zer aus den USA und anderen Ländern. Wenn diese Mittel richtig einge­setzt würden, könnten sie zum Erfolg führen.

USA: Russi­sche Söldner zur krimi­nel­len Organi­sa­ti­on erklären

Die US-Regie­rung kündig­te außer­dem an, die neben den Kreml­trup­pen in der Ukrai­ne kämpfen­de russi­sche Privat­ar­mee Wagner zur trans­na­tio­na­len krimi­nel­len Organi­sa­ti­on zu erklä­ren. Die Einstu­fung erlau­be es den USA und anderen Ländern, die inter­na­tio­na­len Geschäf­te der Söldner­grup­pe und ihres weltwei­ten Unter­stüt­zer­netz­werks einzu­schrän­ken, teilte Kirby mit.

Die US-Regie­rung werde kommen­de Woche konkre­te Sanktio­nen gegen die Wagner-Gruppe verhän­gen. Einzel­hei­ten zu den Sanktio­nen nannte Kirby noch nicht. Wagner sei eine krimi­nel­le Organi­sa­ti­on, die für Gräuel­ta­ten und Menschen­rechts­ver­stö­ße in der Ukrai­ne und weltweit verant­wort­lich sei.

Die Gruppe gehört Jewge­ni Prigo­schin, einem engen Vertrau­ten des russi­schen Präsi­den­ten Wladi­mir Putin. In den Reihen der Privat­ar­mee seien derzeit rund 50 000 Kämpfer in der Ukrai­ne im Einsatz, sagte Kirby. Darun­ter seien 10 000 Söldner und 40 000 Straf­ge­fan­ge­ne, die Prigo­schin in russi­schen Gefäng­nis­sen angewor­ben hatte. Der Wagner-Chef warf den USA in einer Reakti­on auf die angekün­dig­ten Sanktio­nen vor, selbst krimi­nell zu sein. Nun seien Wagner und die USA Kolle­gen, sie würden daher wie «Verbre­cher­klans» gegen­ein­an­der kämpfen, meinte Prigoschin.

Was heute wichtig wird

Die Ukrai­ne will weiter Druck machen auf Deutsch­land, Kampf­pan­zer zu liefern. Die russi­schen Truppen hinge­gen setzen ihre Angrif­fe in den Regio­nen Donezk und Saporischschja fort, um die von der Ukrai­ne kontrol­lier­ten Teile der Gebie­te zu beset­zen. Die russi­schen Truppen hatten dort nach eigenen Angaben zuletzt erstmals seit dem Sommer und nach vielen Nieder­la­gen wieder von Erobe­run­gen gesprochen.