KIEW (dpa) — Der ukrai­ni­sche Präsi­dent blickt auf elf Monate Krieg zurück. Über die erhoff­ten Panzer-Liefe­run­gen aus deutscher Produk­ti­on verliert er kein Wort — das erledi­gen andere aus seinem Umfeld. Die News im Überblick.

Elf Monate nach Beginn der russi­schen Invasi­on in die Ukrai­ne hat der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj die Zusam­men­ar­beit mit den Verbün­de­ten hervor­ge­ho­ben. Die elf Monate des «räube­ri­schen umfas­sen­den Kriegs Russlands» hätten die Ukrai­ne, die USA und alle anderen Verbün­de­ten so eng wie nur möglich zusam­men­ge­schweißt, sagte Selen­skyj in seiner tägli­chen Video­an­spra­che. Sein Außen­mi­nis­ter Dmytro Kuleba machte deutlich, dass er auf eine baldi­ge Liefe­rung von Leopard-Kampf­pan­zern setze. Russland hatte die Ukrai­ne am 24. Febru­ar 2022 überfallen.

Selen­skyj: Wir werden dieses Übel überwinden

«Wir kämpfen jeden Tag für den Schutz unserer Menschen, unserer Grenzen und unserer Werte, und wir haben es geschafft, die Ausbrei­tung der russi­schen Aggres­si­on zu stoppen», sagte Selen­skyj. Er könne nun mit Zuver­sicht sagen, dass «dieses Übel auf ukrai­ni­schem Boden» überwun­den werden könne. «Auch wenn Russland im irani­schen Regime, das Waffen an den Kreml liefert, einen terro­ris­ti­schen Kompli­zen gefun­den hat.»

Selen­skyj präzi­sier­te zudem den von ihm verwen­de­ten Begriff eines «räube­ri­schen Kriegs». Er habe diese Worte nicht zufäl­lig gewählt. «Plünde­run­gen herrschen im gesam­ten Gebiet der Ukrai­ne, das vorüber­ge­hend von russi­schen Truppen besetzt war», sagte Selen­skyj. «Alles, was sie nicht zerstö­ren, stehlen sie und bringen sie nach Russland. Alles.» Zudem seien rund zwei Millio­nen Ukrai­ner nach Russland depor­tiert worden. Schließ­lich sei die völker­rechts­wid­ri­ge Annek­tie­rung ukrai­ni­scher Gebie­te durch Russland «die Vollendung seiner räube­ri­schen Politik».

Kuleba: Sind im Endspurt um Leopard-Kampfpanzer

Im inter­na­tio­na­len Tauzie­hen um die Liefe­rung von Leopard- Kampf­pan­zern aus deutscher Produk­ti­on rechne­te der ukrai­ni­sche Außen­mi­nis­ter Dmytro Kuleba mit einer baldi­gen Lösung. «Es fehlen nur noch einige Halbschrit­te», sagte er im ukrai­ni­schen Fernse­hen. Die Briten hätten bereits ihre Kampf­pan­zer gelie­fert, Frank­reich habe leich­te Radpan­zer angebo­ten und denke über die Liefe­rung von Leclerc-Kampf­pan­zern nach. «Ich zweifel nicht daran, dass auch der Leopard zu uns kommt, wir sind schon im Endspurt.»

Präsi­den­ten­bü­ro: Ukrai­ne braucht Hunder­te Kampfpanzer

Die Ukrai­ne braucht nach eigenen Angaben «einige hundert» Kampf­pan­zer für die angestreb­te Rückerobe­rung der von Russland besetz­ten Gebie­te. «Jeder Panzer, der kampf­fä­hig ist, muss heute an unserer Front sein», schrieb Präsi­den­ten­bü­ro­chef Andrij Jermak beim Nachrich­ten­ka­nal Telegram. Zuletzt hatte Kiew aus Tsche­chi­en moder­ni­sier­te Panzer sowje­ti­scher Bauart erhal­ten. Großbri­tan­ni­en, Polen und Finnland stell­ten Kiew westli­che Panzer, darun­ter Leopard aus deutscher Produk­ti­on, in Aussicht. Bundes­kanz­ler Olaf Scholz zögert seit Wochen eine Entschei­dung über die Liefe­rung der Leopard-Kampf­pan­zer hinaus.

Stolten­berg bekräf­tigt Ruf nach Waffenlieferungen

Nato-General­se­kre­tär Jens Stolten­berg beton­te in der Debat­te über eine Liefe­rung von Kampf­pan­zern westli­cher Bauart an die Ukrai­ne die Einheit der Nato und warb erneut für mehr Waffen­lie­fe­run­gen. Seit Beginn des Krieges vor knapp einem Jahr habe es in der Allianz, inklu­si­ve Deutsch­lands, «ein noch nie da gewese­nes Level an Unter­stüt­zung» gegeben, sagte Stolten­berg im TV-Sender Welt. Es gebe jetzt einen Konsul­ta­ti­ons­pro­zess, welche Art Ausrüs­tung man der Ukrai­ne liefern sollte. «Meine Botschaft ist, dass die Alliier­ten mehr liefern müssen, schwe­re­res Gerät liefern müssen, Ausrüs­tung, Kampf­sys­te­me für die Ukrai­ne. Und das ist absolut dring­lich notwendig.»

Kiew: Schwe­re Kämpfe bei Bachmut und Awdijiwka

Russi­sche Besat­zungs­trup­pen und ukrai­ni­sche Vertei­di­ger liefer­ten sich erneut schwe­re Kämpfe um Bachmut und Awdijiw­ka im Osten der Ukrai­ne. Die russi­schen Angrif­fe seien unter schwe­ren Verlus­ten abgeschla­gen worden, teilte der ukrai­ni­sche General­stab in Kiew am Abend mit. Um das gesam­te Gebiet Donezk zu erobern, greife die russi­sche Armee «ohne Rücksicht auf eigene Verlus­te» an. Die Darstel­lung ließ sich zunächst nicht unabhän­gig überprüfen.

Das russi­sche Militär sprach unter­des­sen von einer Inten­si­vie­rung der Kämpfe in der zentra­len Region Saporischschja. Nach Vorstö­ßen der russi­schen Einhei­ten in den vergan­ge­nen Tagen sei inzwi­schen eine Umgrup­pie­rung und Neuauf­stel­lung von Einhei­ten auf ukrai­ni­scher Seite beobach­tet worden, berich­te­te die Staats­agen­tur Tass.

Prigo­schin dankt Soledar-Kämpfern: Schwe­rer als Stalingrad

Der Chef der berüch­tig­ten Söldner­trup­pe Wagner, Jewge­ni Prigo­schin, dankte seinen Kämpfern für ihren Einsatz beim Kampf um die ostukrai­ni­sche Stadt Soledar. In einem Video­aus­schnitt erinner­te er an die vergan­ge­nen Monate im Kriegs­ein­satz. «Wir haben jetzt ein halbes Jahr Krieg hinter uns, wie ihn weder eure Großvä­ter oder Urgroß­vä­ter erlebt haben», sagte Prigo­schin. Im Vergleich zu den Kämpfen um Soledar sei die Schlacht der Roten Armee um Stalin­grad im Jahr 1942 gegen die deutsche Wehrmacht «eher ein Urlaub» gewesen. Auf Beschwer­den aus Wolgo­grad, wie Stalin­grad heute heißt, erklär­te Prigo­schin später, er respek­tie­re die Geschich­te der Vorfahren.

Bei den wochen­lan­gen erbit­ter­ten Kämpfen um die ostukrai­ni­sche Klein­stadt Soledar hatten Söldner der Wagner-Truppe die Speer­spit­ze der russi­schen Angrif­fe gebil­det. Die Söldner erlit­ten bei der Erobe­rung des Ortes schwe­re Verlus­te. Prigo­schin, ein Vertrau­ter des russi­schen Präsi­den­ten Wladi­mir Putin, hatte für den Einsatz in der Ukrai­ne in Russland Tausen­de von Häftlin­gen rekrutiert.

Was heute wichtig wird

Die inter­na­tio­na­le Debat­te um die mögli­che Liefe­rung von schwe­ren Kampf­pan­zern an Kiew geht in einen neuen Tag.