KIEW (dpa) — Der Weg in die EU-Mitglied­schaft dauert oft Jahre. Angesichts des russi­schen Angriffs­kriegs erhofft sich die Ukrai­ne aber schon heute von einem Gipfel klare­re Perspek­ti­ven. Die News im Überblick.

Von einem EU-Ukrai­ne-Gipfel erhofft sich Kiew heute konkre­te­re Beitritts­per­spek­ti­ven. «Ich glaube, dass es die Ukrai­ne verdient hat, bereits in diesem Jahr Verhand­lun­gen über die EU-Mitglied­schaft aufzu­neh­men», sagte Selen­skyj gestern in seiner abend­li­chen Anspra­che. Eine weite­re Integra­ti­on in die Europäi­sche Union würde den Ukrai­nern «Energie und Motiva­ti­on geben, trotz aller Hinder­nis­se und Bedro­hun­gen zu kämpfen».

EU-Kommis­si­ons­prä­si­den­tin Ursula von der Leyen und Ratsprä­si­dent Charles Michel wollen in Kiew mit Selen­skyj zusam­men­kom­men. Während die Ukrai­ne sich weiter gegen schwe­re russi­sche Angrif­fe wehrt, nutzte Kreml­chef Wladi­mir Putin das Geden­ken an die Schlacht von Stalin­grad im Zweiten Weltkrieg, um seinen Angriffs­krieg gegen das Nachbar­land einmal mehr zu verteidigen.

EU-Spitze trifft Selenskyj

Ein weite­res Thema des heuti­gen Gipfels, der unter stren­gen Sicher­heits­vor­keh­run­gen statt­fin­det, ist zusätz­li­che europäi­sche Unter­stüt­zung im Krieg gegen Russland. Von der Leyen, die seit gestern in Kiew ist, kündig­te bereits weite­re finan­zi­el­le, militä­ri­sche und humani­tä­re Hilfe an. So sollen 150 Millio­nen Euro für den Wieder­auf­bau der von Russland zerstör­ten Energie-Infra­struk­tur bereit­ge­stellt werden. Bis zum ersten Jahres­tag des Kriegs­be­ginns am 24. Febru­ar soll auch ein neues Paket mit Russland-Sanktio­nen beschlos­sen werden.

Die Ukrai­ne hat seit Juni bereits den Status eines Beitritts­kan­di­da­ten. Bis zu einer Mitglied­schaft dauert es in der Regel dann aber noch viele Jahre. Die 27 EU-Staaten haben sich aller­dings darauf verstän­digt, dass zuvor Reform­ver­spre­chen einge­löst werden müssen.

Dabei es geht unter anderem um das Auswahl­ver­fah­ren von Verfas­sungs­rich­tern und die Bekämp­fung von Korrup­ti­on — insbe­son­de­re auf hoher Ebene. Auch fordert die EU, dass Standards im Kampf gegen Geldwä­sche einge­hal­ten werden und ein Gesetz gegen den übermä­ßi­gen Einfluss von Oligar­chen umgesetzt wird.

2023 über 15 Milli­ar­den Euro für Wiederaufbau

Die Ukrai­ne forder­te bei der Europäi­schen Union zudem konkre­te Finanz­mit­tel für den angelau­fe­nen Wieder­auf­bau der zerstör­ten Infra­struk­tur an. «In diesem Jahr beträgt der Bedarf 17 Milli­ar­den US-Dollar (rund 15,6 Milli­ar­den Euro)», sagte Regie­rungs­chef Denys Schmyhal. Dafür sollten vor allem die im Zuge der Sanktio­nen gegen Moskau einge­fro­re­nen russi­schen Gelder verwen­det werden.

Kiew fordert weiter Raketen mit größe­rer Reichweite

Vertei­di­gungs­mi­nis­ter Olexij Resni­kow forder­te nach einem Bericht der Agentur Ukrin­form einmal mehr Raketen mit größe­rer Reich­wei­te für sein Land. Die Ukrai­ne sei auch bereit zu Garan­tien, dass damit keine Angrif­fe auf russi­sches Staats­ge­biet ausge­führt würden. Der Krieg dauert inzwi­schen schon mehr als elf Monate.

Putin droht Deutschland

80 Jahre nach dem Sieg der Roten Armee über die Wehrmacht in der Schlacht um Stalin­grad hat Kreml­chef Wladi­mir Putin Deutsch­land vorge­wor­fen, sich nun in einen Krieg mit Russland hinein­zie­hen zu lassen. «Es ist unfass­bar, aber eine Tatsa­che: Wir werden erneut mit dem deutschen Panzer Leopard bedroht», sagte Putin bei einem Festakt in Wolgo­grad (früher: Stalingrad).

Die Wehrmacht hatte keine Panzer mit der Typen­be­zeich­nung Leopard in ihrem Bestand. Wie im Zweiten Weltkrieg werde wieder auf dem Boden der Ukrai­ne mit deutschen Waffen gegen Russland gekämpft, sagte der Kreml­chef. Deutsch­land betont, trotz der Militär­hil­fe für die Ukrai­ne keine Kriegs­par­tei zu sein oder werden zu wollen.

Russland werde sich auch diesmal wehren, sagte Putin mit Blick auf den Krieg gegen die Ukrai­ne, den er selbst angeord­net hat: «Wir haben etwas, womit wir antwor­ten. Und mit der Anwen­dung von Panzer­tech­nik ist die Sache nicht erledigt. Das sollte jeder verste­hen», sagte der Präsi­dent der Atommacht.

Kriti­ker werfen Putin immer wieder vor, die für viele Russen wichti­gen Gedenk­ta­ge zur Erinne­rung an den Sieg über Hitler-Deutsch­land im Zweiten Weltkrieg für Propa­gan­da zu missbrauchen.