KIEW (dpa) — In München versi­chern Vertre­ter westli­cher Regie­run­gen Kiew ihre Unter­stüt­zung. Selen­skyj erwar­tet Raketen mit größe­rer Reich­wei­te. Das Land steht durch russi­sche Angrif­fe unter Druck. Der Überblick.

Der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj erwar­tet von der Münch­ner Sicher­heits­kon­fe­renz weite­re militä­ri­sche Hilfe für die Ukrai­ne in ihrem Abwehr­kampf gegen Russland. «Es gibt wichti­ge Erklä­run­gen von den Führern der Welt zur Unter­stüt­zung unseres Staates, und es gibt Signa­le zur Stärkung der Waffen für unsere Vertei­di­gung», sagte Selen­skyj in seiner tägli­chen Video­an­spra­che. Dies gelte insbe­son­de­re für Raketen mit größe­rer Reichweite.

Die Erklä­run­gen von München machten deutlich, dass der von Kreml­chef Wladi­mir Putin befoh­le­ne Angriffs­krieg gegen die Ukrai­ne nur mit einer Nieder­la­ge für den Aggres­sor enden könne. Man habe zudem konkre­te Verein­ba­run­gen mit den Partnern darüber erzielt, dass Russland für die Invasi­on zur Rechen­schaft gezogen werde.

Selen­sky­js Äußerun­gen waren vor allem eine Reakti­on auf ein Verspre­chen des briti­schen Premier­mi­nis­ters Rishi Sunak. Sunak hat in München weite­re Waffen­hil­fe für die Ukrai­ne zugesagt. «Jetzt ist der Moment gekom­men, unsere militä­ri­sche Unter­stüt­zung zu inten­si­vie­ren», sagte Sunak. «Gemein­sam müssen wir der Ukrai­ne helfen, ihre Städte vor russi­schen Bomben und irani­schen Drohnen zu schüt­zen. Und deshalb wird Großbri­tan­ni­en das erste Land sein, das der Ukrai­ne Waffen mit größe­rer Reich­wei­te zur Verfü­gung stellt.» Details nannte er nicht.

Russi­scher Raketen­an­griff auf die Ukraine

Selen­skyj ging in seiner Rede auch auf die russi­schen Raketen­an­grif­fe am Morgen ein. Diese hätten nur zu einem kurzfris­ti­gen Ausfall des Strom­net­zes geführt. Derzeit seien fast alle Regio­nen der Ukrai­ne wieder am Netz, beton­te Selen­skyj. Für Kiew ist das ein symbo­li­scher Erfolg, da die russi­schen Raketen­an­grif­fe seit Oktober auf die Zerstö­rung der ukrai­ni­schen Energie-Infra­struk­tur zielen. Kälte und Dunkel­heit mitten im Winter sollten die Ukrai­ner demoti­vie­ren, den Krieg weiter zu führen.

Russland hatte am Samstag erneut mit Raketen, darun­ter auch mit Lenkwaf­fen vom Typ Kalibr, auf die Ukrai­ne geschos­sen. In der westukrai­ni­schen Stadt Chmel­nyz­kyj wurden Einschlä­ge gemel­det. Zwei Perso­nen wurden Behör­den­an­ga­ben zufol­ge verletzt, mehre­re Wohnhäu­ser beschädigt.

Ukrai­ni­scher Parla­ments­chef hofft auf Nato-Einladung

Die Ukrai­ne hofft Parla­ments­prä­si­dent Ruslan Stefant­schuk zufol­ge bereits im Sommer auf ein Beitritts­an­ge­bot der Nato. «Wir erwar­ten, dass die Ukrai­ne beim Gipfel in Vilni­us eine Einla­dung bekommt und ihren Weg in die Allianz beginnt», sagte Stefant­schuk im ukrai­ni­schen Fernse­hen. Stefant­schuk verwies darauf, dass am Rande der Münch­ner Sicher­heits­kon­fe­renz bereits «über Fragen im Zusam­men­hang mit einer Einla­dung an die Ukrai­ne in die Nato disku­tiert» werde. Der von Stefant­schuk genann­te Nato-Gipfel tagt am 11. und 12. Juli in der litaui­schen Haupt­stadt Vilnius.

Ukrai­ne lehnt Gebiets­ver­lus­te an Russland für Frieden ab

Nach der Ankün­di­gung eines chine­si­schen Friedens­plans hat der ukrai­ni­sche Außen­mi­nis­ter Dmytro Kuleba für sein Land jegli­che Gebiets­ver­lus­te katego­risch ausge­schlos­sen. Es sei auch im Inter­es­se der Ukrai­ne, dass China eine Rolle bei der Suche nach Frieden spiele, die terri­to­ria­le Integri­tät der Ukrai­ne sei aber nicht verhan­del­bar, sagte Kuleba am Rande der Münch­ner Sicher­heits­kon­fe­renz. «Es sind keine Kompro­mis­se möglich, nicht über den gerings­ten Quadratmeter.»

Zuvor hatte bei der Tagung in München Chinas obers­ter Außen­po­li­ti­ker Wang Yi eine eigene Initia­ti­ve für ein Ende des russi­schen Angriffs­kriegs gegen die Ukrai­ne angekün­digt. «Wir werden etwas vorle­gen. Und zwar die chine­si­sche Positi­on zur politi­schen Beile­gung der Ukrai­ne-Krise», sagte Wang Yi laut offizi­el­ler Überset­zung. «Wir werden auf der Seite des Friedens und des Dialo­ges stand­fest stehen.» Der chine­si­sche Diplo­mat will nach der Konfe­renz in München direkt nach Moskau reisen.

Macron: «Keine der Seiten kann vollstän­dig siegen»

Nach Meinung von Frank­reichs Präsi­dent Emmanu­el Macron kann der russi­sche Angriffs­krieg gegen die Ukrai­ne nur durch Verhand­lun­gen ein Ende finden. «Ich will die Nieder­la­ge Russlands in der Ukrai­ne und ich will, dass die Ukrai­ne ihre Positi­on vertei­di­gen kann, aber ich bin überzeugt, dass das letzt­lich nicht militä­risch abgeschlos­sen wird», sagte Macron franzö­si­schen Medien. In dem Inter­view der Zeitun­gen «Le Figaro» und «Le Journal du Diman­che» sowie des Senders France Inter führte Macron aus: «Keine der zwei Seiten kann vollstän­dig siegen.» Macron bekräf­tig­te, dass es nun eine Militär­of­fen­si­ve der Ukrai­ne brauche, um Russland an den Verhand­lungs­tisch zurückzuholen.

Russi­sches Militär meldet Einnah­me von Ortschaft in Charkiw

Derweil gehen die Kämpfe im Osten der Ukrai­ne weiter. Das russi­sche Militär hat nach eigenen Angaben eine weite­re Ortschaft im Gebiet Charkiw im Nordos­ten der Ukrai­ne einge­nom­men. «Im Raum Kupjansk wurde die Ortschaft Hrjany­kiw­ka im Gebiet Charkiw durch Angriffs­hand­lun­gen der Heeres­grup­pe «West» vollstän­dig befreit», sagte der Sprecher des Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­ums in Moskau, Igor Konaschen­kow, am Samstag.

Russland steigert Produk­ti­on von Hyperschallraketen

Die russi­sche Rüstungs­in­dus­trie hat nach eigenen Angaben die Produk­ti­on von Hyper­schall­ra­ke­ten des Typs Kinschal (Dolch) deutlich gestei­gert. «Auf’s Fließ­band gebracht wurde sie schon lange, zunächst war keine große Anzahl erfor­der­lich. Jetzt steigern wir», sagte der Chef der russi­schen Rüstungs­hol­ding Rostec, Sergej Tsche­me­sow, im russi­schen Fernsehen.

Das wird am Sonntag wichtig

Am letzten Tag der Münch­ner Sicher­heits­kon­fe­renz geht es erneut auch um den russi­schen Angriffs­krieg in der Ukrai­ne. Als Redner werden unter anderen der Hohe Vertre­ter der EU für Außen- und Sicher­heits­po­li­tik, Josep Borrell, und Kiews Bürger­meis­ter Vitali Klitsch­ko erwartet.

In der Ukrai­ne versu­chen weiter­hin Kräfte der russi­schen Söldner­grup­pe Wagner, die Stadt Bachmut im Gebiet Donezk einzunehmen.