KIEW (dpa) — Im zermür­ben­den Abwehr­kampf erlei­det die Ukrai­ne nicht nur unermess­li­che Verlus­te und Zerstö­rung — die Vertei­di­gung ist auch teuer. Umso willkom­me­ner ist da Besuch aus Washing­ton. Die News im Überblick.

In der Schlacht um Bachmut wird die Lage für die ukrai­ni­schen Vertei­di­ger nach Worten von Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj immer schwie­ri­ger. Auch Vize-Vertei­di­gungs­mi­nis­te­rin Hanna Maljar sprach davon, dass Russland in Bachmut eine «Taktik der Zermür­bung und der totalen Zerstö­rung» gegen die ukrai­ni­schen Truppen verfol­ge. Die Ukrai­ner müssten sich eines zahlen­mä­ßig überle­ge­nen Feindes erwehren.

«In Richtung Bachmut wird die Situa­ti­on immer kompli­zier­ter», sagte Selen­skyj in seiner abend­li­chen Video­an­spra­che. Er verknüpf­te damit die Bitte um mehr Waffen­lie­fe­run­gen, auch für eine besse­re Flugab­wehr einschließ­lich Kampfflugzeugen.

Die Ukrai­ne wehrt sich seit über einem Jahr gegen die russi­sche Invasi­on, heute ist der 370. Kriegs­tag. Finanz­hil­fe bekam das angegrif­fe­ne Land bei einem Besuch der US-Finanz­mi­nis­te­rin Janet Yellen in Kiew zugesagt. Auch wenn Bundes­kanz­ler Olaf Scholz (SPD) zum Ende dieser Woche Washing­ton besucht, wird es nach Angaben des Weißen Hauses vor allem um den Krieg in der Ukrai­ne gehen.

Verzwei­fel­te Lage in Bachmut

«Der Feind zerstört ständig alles, was zur Vertei­di­gung unserer Stellun­gen, zu ihrer Befes­ti­gung und Vertei­di­gung dienen kann», sagte Selen­skyj über die Kämpfe in Bachmut. Er nannte die ukrai­ni­schen Solda­ten, die die Stadt im Donbass seit einem halben Jahr vertei­di­gen, «wahre Helden».

Die ukrai­ni­sche Armee vertei­digt Bachmut in einer Abnut­zungs­schlacht, um möglichst viele russi­sche Truppen zu binden und ihnen Verlus­te zuzufü­gen. Aller­dings greifen die Russen nicht nur von Osten an. Sie haben sich auch im Norden und Süden der Stadt vorge­ar­bei­tet, so dass es für die Ukrai­ner nur noch eine freie Straße für einen mögli­chen Rückzug gibt.

Russland setzt in Bachmut neben regulä­ren Solda­ten vor allem die Söldner­trup­pe Wagner ein und setzt darauf, die Ukrai­ner zu zermür­ben. «Die feind­li­che Armee erhöht die Inten­si­tät ihrer Angriffs­ak­ti­vi­tä­ten», schrieb Vizemi­nis­te­rin Maljar auf Telegram. Trotz schwe­rer Verlus­te seien die Feinde in der Überzahl. Die Angaben waren nicht unabhän­gig zu überprüfen.

General­stab bestä­tigt verstärk­te russi­sche Angriffe

Der ukrai­ni­sche General­stab bestä­tig­te verstärk­te russi­sche Angrif­fe auf die Front­städ­te im Donbass. Im Lagebe­richt des General­stabs von gestern Abend wurden neben Bachmut auch Angrif­fe auf Kupjansk, Liman, Awdijiw­ka und Wuhle­dar im Osten des Landes genannt.

Die Attacken bei Awdijiw­ka, das dicht an Donezk liegt, und bei Wuhle­dar seien abgewehrt worden. Zuvor hatte das russi­sche Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um von einer Verstär­kung der Offen­si­ve im Raum Donezk mit Artil­le­rie und Luftan­grif­fen berichtet.

Yellen bringt zehn Milli­ar­den US-Dollar mit

US-Finanz­mi­nis­te­rin Yellen traf sich bei ihrem unange­kün­dig­ten Besuch in Kiew mit Selen­skyj und sicher­te ihm weite­ren Beistand der USA zu. Sie kündig­te an, eine erste Tranche von 1,2 Milli­ar­den US-Dollar (mehr als 1,1 Milli­ar­den Euro) Wirtschafts­hil­fe freizu­ge­ben. Die USA wollen der der Ukrai­ne in diesem Jahr insge­samt mit 10 Milli­ar­den Dollar helfen. 2022 hatte Washing­ton 13 Milli­ar­den Dollar gegeben. In den Zahlen ist die militä­ri­sche Unter­stüt­zung nicht mit einberechnet.

Selen­skyj bedank­te sich für die Unter­stüt­zung der USA seit Beginn des russi­schen Angriffs­krie­ges. Auslän­di­sche Hilfe deckt in diesem Jahr mehr als die Hälfte des ukrai­ni­schen Staats­haus­hal­tes. Die USA begrüß­ten auch, dass Saudi-Arabi­en bei einem Besuch seines Außen­mi­nis­ters in Kiew 400 Millio­nen US-Dollar Hilfe zugesagt habe.

Kanzler Scholz vor Reise in die USA

Bei dem anste­hen­den Treffen von Bundes­kanz­ler Scholz mit US-Präsi­dent Joe Biden in Washing­ton am Freitag wird der Krieg in der Ukrai­ne nach Angaben aus dem Weißen Haus zentra­les Thema sein. «Ich denke, ich kann Ihnen guten Gewis­sens sagen, dass der Krieg in der Ukrai­ne ohne Frage ein Haupt­the­ma der Diskus­si­on sein wird», sagte der Kommu­ni­ka­ti­ons­di­rek­tor des Natio­na­len Sicher­heits­rats, John Kirby. Deutsch­land habe sich stark engagiert und seine Unter­stüt­zung sinnvoll ausge­baut, wie jüngst etwa die Zusage von Leopard-2-Panzern gezeigt habe.

Aller­dings gab es zuletzt wider­sprüch­li­che Darstel­lun­gen aus dem Weißen Haus und dem Kanzler­amt, wie die Zusage von Kampf­pan­zer-Liefe­run­gen an die Ukrai­ne zustan­de gekom­men war. Ein Sprecher der Bundes­re­gie­rung demen­tier­te, Scholz habe die Liefe­rung deutscher Leopard-Panzer von der Bereit­stel­lung von Abrams-Panzern durch die USA abhän­gig gemacht. Dies hatte Bidens Sicher­heits­be­ra­ter Jake Sulli­van gesagt.

Das bringt der Tag

In Helsin­ki beginnt das finni­sche Parla­ment heute mit der abschlie­ßen­den Debat­te über den Beitritt des EU-Landes zur Nato. Abgestimmt wird vermut­lich am Mittwoch. Unter dem Eindruck des russi­schen Angriffs hatten die lange Jahrzehn­te neutra­len Nachbarn Finnland und Schwe­den entschlos­sen, sich dem Vertei­di­gungs­bünd­nis anzuschlie­ßen. Entschei­dend dafür ist die Zustim­mung aller Nato-Mitglied­staa­ten — nur die Türkei und Ungarn haben den Anträ­gen beider Länder noch nicht zugestimmt.

Der belarus­si­sche Präsi­dent Alexan­der Lukaschen­ko, ein Verbün­de­ter Russlands, besucht am Mittwoch Peking. Auch China gibt Moskau Rücken­de­ckung im Krieg gegen die Ukrai­ne, hat zuletzt aber eine Art Friedens­plan vorge­legt. Dieser wurde von Russland begrüßt, von der Ukrai­ne und ihren westli­chen Verbün­de­ten indes skeptisch aufgenommen.