KIEW (dpa) — Die Schlacht um die symbol­träch­ti­ge Stadt Bachmut im Osten der Ukrai­ne wird immer bluti­ger. Derweil wächst bei den westli­chen Partnern die Sorgen um Muniti­ons­re­ser­ven. Die News im Überblick

Der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj hat die Einig­keit der militä­ri­schen Führung in Kiew beim Kampf um die Stadt Bachmut im Osten des Landes bekräf­tigt. Es sei die einhel­li­ge Entschei­dung getrof­fen worden, nicht zu weichen, sondern die Truppen zu verstär­ken, sagte Selen­skyj in seiner gestern Abend verbrei­te­ten Video­bot­schaft. Er infor­mier­te darin über ein Treffen mit Generä­len zur Lage um die symbol­träch­ti­ge Stadt des ukrai­ni­schen Wider­stan­des, die im Gebiet Donezk liegt und bereits weitge­hend zerstört ist.

«Die ukrai­ni­schen Streit­kräf­te vertei­di­gen jeden Teil der Ukrai­ne und werden dies auch weiter­hin tun», sagte Selen­skyj. Es werde die Zeit kommen, da jede Stadt, jedes Dorf des ukrai­ni­schen Staates befreit sein werde.

Warnung vor Desinformation

Selen­skyj versuch­te mit der Botschaft dem Eindruck entge­gen­zu­wir­ken, es gebe in der Führung des Landes unter­schied­li­che Meinun­gen zum Umgang mit der Lage in Bachmut. Es gebe viel Desin­for­ma­ti­on, sagte der Staats­chef. Auch westli­che Exper­ten hatten erklärt, dass es besser sein könnte, die Stadt aufzu­ge­ben, um die Ressour­cen an anderer Stelle einzusetzen.

Der Chef der russi­schen Privat­ar­mee Wagner, Jewge­ni Prigo­schin, sagte, dass die ukrai­ni­schen Streit­kräf­te vier Stellun­gen vor Bachmut verstärkt hätten. Nach Darstel­lung Prigosch­ins haben die Wagner-Kämpfer Bachmut blockiert, nun versuch­ten wieder­um die ukrai­ni­schen Solda­ten, die russi­schen Einhei­ten einzu­kes­seln und die Blocka­de aufzu­lö­sen. «Die ukrai­ni­schen Streit­kräf­te werden um Artjo­mowsk (russi­sche Bezeich­nung für Bachmut) bis zum Ende kämpfen, das ist offen­sicht­lich. Wir sollten unsere Arbeit auch bis zum Ende machen», so Prigo­schin. Er verlang­te erneut mehr Muniti­on von der russi­schen Militärführung.

Nach dem Treffen mit Selen­skyj äußer­te sich in Kiew auch General­oberst Olexan­der Syrskyj, Befehls­ha­ber der ukrai­ni­schen Landstreit­kräf­te, der bereits zum dritten Mal binnen weniger Tage in Bachmut war. «Der Feind hat zusätz­li­che Wagner-Kräfte in den Kampf gewor­fen. Unsere Kämpfer vertei­di­gen tapfer die Positio­nen im Norden von Bachmut und versu­chen dabei, eine Einkrei­sung der Stadt zu verhindern.»

Bachmut, wo nach ukrai­ni­schen Angaben nur noch wenige Tausend der ursprüng­lich einmal 70.000 Einwoh­ner leben, ist seit dem Spätsom­mer umkämpft. Die Stadt ist der Haupt­teil der nach der russi­schen Erobe­rung von Sjewjer­odo­nezk und Lyssytschansk etablier­ten Vertei­di­gungs­li­nie zwischen Siwersk und Bachmut im Donez­ker Gebiet. Bei einem Fall der Stadt eröff­net sich für die russi­schen Truppen der Weg zu den Großstäd­ten Slowjansk und Krama­torsk. Damit würde eine vollstän­di­ge Erobe­rung des Donez­ker Gebiets wahrscheinlicher.

Selen­skyj verur­teilt Video mit Erschie­ßung eines Soldaten

Selen­skyj verur­teil­te in seiner Anspra­che zudem die Tötung eines ukrai­ni­schen Kriegs­ge­fan­ge­nen, der mutmaß­lich von russi­schen Solda­ten mit zahlrei­chen Schüs­sen umgebracht wurde, nachdem er die Worte «Ruhm der Ukrai­ne» gesagt hatte. Die auf einem Video gezeig­te Szene löste in der Ukrai­ne Entset­zen aus. «Heute ist ein Video aufge­taucht dazu, wie die Besat­zer bestia­lisch einen Kämpfer töteten, der mutig die Worte «Ruhm der Ukrai­ne» sagte», meinte Selenskyj.

«Die Beset­zer töten uns für die eigent­li­che Tatsa­che, dass wir Ukrai­ner sind. Für das einfa­che Wort Ukrai­ne. Für unseren Traum einer Ukrai­ne», sagte Selen­skyj, der Russland immer wieder als Terror­staat bezeich­net. Die Mörder würden gefun­den und bestraft, sagte er. Die Identi­tät des Solda­ten, der auf dem Video zu sehen ist, war auch am späten Abend weiter unbekannt.

Briti­scher Ausschuss warnt vor Engpäs­sen in westli­chen Waffendepots

Angesichts steti­ger Waffen­lie­fe­run­gen westli­cher Länder an die Ukrai­ne warnt der Vertei­di­gungs­aus­schuss des briti­schen Parla­ments vor einer zu starken Ausdün­nung der eigenen Muniti­ons­re­ser­ven. «Großbri­tan­ni­en und seine Nato-Verbün­de­ten haben es zugelas­sen, dass die eigenen Bestän­de auf ein gefähr­lich niedri­ges Niveau geschrumpft sind», teilte der Ausschuss heute der Nachrich­ten­agen­tur PA zufol­ge mit.

Dies gefähr­de nicht nur weite­re Waffen­lie­fe­run­gen an die Ukrai­ne, sondern sei auch eine Gefahr für die eigene Sicher­heit, da es viele Jahre dauere, um die Reser­ven wieder aufzustocken.

«Russlands Angriff auf die Ukrai­ne sollte für den Westen ein Weckruf sein», sagte der konser­va­ti­ve Vorsit­zen­de des Ausschus­ses, Tobias Ellwood. Zwar habe auch Russland mit Engpäs­sen zu kämpfen — andere Wider­sa­cher könnten jedoch ihre Reser­ven aufrecht­erhal­ten oder sogar vergrö­ßern, warnte der Ausschuss in seiner Bestands­auf­nah­me. Auch der briti­sche Vertei­di­gungs­mi­nis­ter Ben Wallace beton­te zu Beginn der Woche die dringen­de Notwen­dig­keit von Inves­ti­tio­nen in das Militär. Wallace ringt derzeit, bevor der neue briti­sche Haushalts­plan vorge­stellt wird, um ein möglichst hohes Verteidigungsbudget.

Was heute wichtig wird

Vertei­di­gungs­mi­nis­ter Boris Pisto­ri­us (SPD) will militär­po­li­ti­sche Gesprä­che im EU- und Nato-Land Litau­en führen und die dort einge­setz­ten Solda­ten der Bundes­wehr treffen. Als Reakti­on auf den russi­schen Angriffs­krieg gegen die Ukrai­ne hält Deutsch­land seit Herbst vorigen Jahres eine Kampf­bri­ga­de zur Vertei­di­gung Litau­ens bereit.

Der neue chine­si­sche Außen­mi­nis­ter Qin Gang gibt in Peking seine erste Presse­kon­fe­renz. Erwar­tet wird, dass er sich auch zum russi­schen Angriffs­krieg gegen die Ukrai­ne äußert. China hatte im vergan­ge­nen Monat ein Positi­ons­pa­pier vorge­legt, das vielfach Enttäu­schung hervor­rief, weil es keine Initia­ti­ve zur Beile­gung des Krieges erken­nen ließ. Seit der russi­schen Invasi­on vor einem Jahr gibt China dem russi­schen Präsi­den­ten Wladi­mir Putin Rückendeckung.