KIEW/MOSKAU (dpa) — Steht der Krieg vor einem entschei­den­den Augen­blick? Das sagt der ukrai­ni­sche Präsi­dent — dank westli­cher Hilfe sei Russlands Angriff kurz vor dem Schei­tern. Die News im Überblick.

Der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj geht davon aus, dass Russland in seinem Krieg gegen die Ukrai­ne nicht mehr viel zuzuset­zen hat. Waffen­lie­fe­run­gen und andere Hilfe «sind jetzt beson­ders wichtig, wo man spürt, dass die russi­sche Aggres­si­on sich dem Moment nähert, wo sie zerbre­chen kann», sagte der 45-Jähri­ge gestern Abend in seiner tägli­chen Videoansprache.

Derweil wies Moskau US-Vorwür­fe nach dem Absturz einer Militär­droh­ne im Schwar­zen Meer zurück und erhob gegen Washing­ton selbst Anschul­di­gun­gen. Morali­schen Beistand erhielt Kreml­chef Wladi­mir Putin in Moskau von Syriens Macht­ha­ber Baschar al-Assad, der sich im Krieg auf Russlands Seite positioniert.

Selen­skyj: Ständi­ger Druck auf Russland nötig

Dank westli­cher Hilfe steht Russlands Angriff nach Ansicht Selen­sky­js kurz vor dem Moment des Schei­terns. Es sei aber ständi­ger Druck auf Russland nötig, forder­te er. Selen­skyj ging in seiner Video­an­spra­che auch auf die Entschei­dun­gen ein, die gestern bei einer weite­ren Sitzung des sogenann­ten Ramstein-Formats getrof­fen wurden.

Über dieses Format — benannt nach dem US-Luftwaf­fen­stütz­punkt Ramstein in Rhein­land-Pfalz als Ort mehre­rer Ukrai­ne-Treffen — werden Waffen­lie­fe­run­gen an Kiew koordi­niert. Es sei die Liefe­rung von Muniti­on und Flugab­wehr­mit­teln beschlos­sen worden, sagte er. Berich­te über Muniti­ons­man­gel auf beiden Seiten hatten sich zuletzt gehäuft.

Militä­ri­scher Zwischen­fall zieht Kreise

Der Absturz der US-Militär­droh­ne über dem Schwar­zen Meer schlägt derweil immer größe­re Wellen. Gestern Abend melde­te sich auch der Kreml in der Affäre zu Wort und schon Washing­ton die Schuld für den Absturz zu. «Vielleicht hätten dieje­ni­gen, denen es nicht zusteht, dort nicht fliegen sollen, dann wäre alles sauber gewesen», sagte Kreml­spre­cher Dmitri Peskow im russi­schen Staats­fern­se­hen. Zuvor hatten die USA unter anderem Vorwür­fe erhoben, dass russi­sche Kampf­flug­zeu­ge Treib­stoff auf die Drohne abgelas­sen hätten. Laut Penta­gon war die Drohne im inter­na­tio­na­len Luftraum unterwegs.

Der militä­ri­sche Zwischen­fall verstärk­te weltweit Sorgen um eine Eskala­ti­on des Kriegs und ein Hinein­zie­hen weite­rer Staaten in den Konflikt. «Alle Vorfäl­le, die einen Zusam­men­stoß der zwei Super­mäch­te, der zwei größten Atommäch­te provo­zie­ren, führen zu großen Risiken», kommen­tier­te Russlands Außen­mi­nis­ter Sergej Lawrow diese Befürch­tun­gen im Staats­fern­se­hen. Das russi­sche Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um teilte derweil mit, dass auf Bitten Washing­tons die Vertei­di­gungs­mi­nis­ter Sergej Schoi­gu und Lloyd Austin mitein­an­der telefo­niert hätten. Dabei sprach Schoi­gu von einer Provo­ka­ti­on des US-Militärs.

US-General­stabs­chef: Wollen keinen bewaff­ne­ten Konflikt mit Russland

US-General­stabs­chef Mark Milley beton­te, die Verei­nig­ten Staaten wollten nach dem Vorfall über dem Schwar­zen Meer keine Eskala­ti­on. «Zwischen­fäl­le kommen vor. Und wir wollen eindeu­tig keinen bewaff­ne­ten Konflikt mit Russland», sagte Milley gestern in Washing­ton. Er reagier­te damit auf die Frage, ob es sich bei dem Vorfall um einen kriege­ri­schen Akt handele.

Ukrai­ne: Selen­skyj entlässt drei Gebietsgouverneure

Selen­skyj entließ die Gouver­neu­re der Gebie­te Luhansk, Odessa und Chmel­nyz­kyj. Die Entlas­sun­gen von Serhij Hajdaj, Maxym Martschen­ko und Serhij Hamalij seien auf eigenen Wunsch erfolgt, war den gestern veröf­fent­lich­ten Dekre­ten zu entneh­men. Gerüch­ten zufol­ge soll Hajdaj demnächst Botschaf­ter in Kasach­stan werden.

Der 47-Jähri­ge war seit Oktober 2019 Verwal­tungs­chef des schwie­ri­gen ostukrai­ni­schen Gebie­tes Luhansk. Nach dem russi­schen Einmarsch vor gut einem Jahr geriet es weitge­hend unter Moskau­er Kontrol­le. Martschen­ko will derweil wieder in die Armee zurück­keh­ren, wo er vor seiner Ernen­nung zum Gouver­neur als Oberst eine Briga­de führte.

Syriens Macht­ha­ber unter­stützt russi­schen Krieg

Bei seinem ersten Besuch in Moskau seit Beginn des Kriegs sprach Syriens Macht­ha­ber Assad Putin Beistand aus. Er wolle den Moment nutzen, um die syrische Positi­on zur Unter­stüt­zung der «Spezi­al­ope­ra­ti­on» zu wieder­ho­len, sagte Assad der Nachrich­ten­agen­tur Inter­fax zufol­ge gestern im Kreml. In Russland wird der Krieg gegen die Ukrai­ne als Spezi­al­ope­ra­ti­on bezeichnet.

Assad war am Diens­tag­abend zu einem unange­kün­dig­ten Besuch in der russi­schen Haupt­stadt einge­trof­fen. Nach der Kranz­nie­der­le­gung am Grab des Unbekann­ten Solda­ten an der Kreml­mau­er traf er gestern auch Putin zu Gesprä­chen. Dabei bedank­te er sich unter anderem für die Hilfe Russlands nach den Erdbe­ben in Syrien und in der Türkei im Febru­ar. Zuvor hatten sich Putin und Assad im Septem­ber 2021 getrof­fen, als der Syrer ebenfalls nach Moskau reiste.

Was heute wichtig wird

Putin nimmt an der Jahres­ver­samm­lung des russi­schen Unter­neh­mer- und Indus­tri­el­len­ver­bands teil. Bei dem Treffen spielen die Auswir­kun­gen des Kriegs und der Sanktio­nen auf die russi­sche Wirtschaft eine bedeu­ten­de Rolle. Es wird zudem darüber speku­liert, ob Putin Andeu­tun­gen über die Ausrich­tung des Landes auf eine Kriegs- und Komman­do­wirt­schaft macht.