MOSKAU/KIEW (dpa) — Russland hat inter­na­tio­nal nicht mehr viele Freun­de, aber einen sehr mächti­gen: China. Dessen Staats­chef Xi Jinping macht nun einen wichti­gen Besuch in Moskau. Die News im Überblick.

Der russi­sche Präsi­dent Wladi­mir Putin empfängt Chinas Staats- und Partei­chef Xi Jinping an diesem Montag zu einem dreitä­gi­gen Staats­be­such in Moskau. Der Besuch findet vor dem Hinter­grund des russi­schen Angriffs­krie­ges gegen die Ukrai­ne statt. Bei den bis Mittwoch angesetz­ten Gesprä­chen geht es laut Kreml um die Entwick­lung der Bezie­hun­gen zu einer allum­fas­sen­den Partner­schaft und strate­gi­schen Koope­ra­ti­on zwischen Russland und China. Putin und Xi haben sich über die Jahre schon etwa 40 Mal getroffen.

Für Putin kommt der Gast aus Peking gelegen, weil er so zeigen kann, dass er inter­na­tio­nal nicht isoliert ist. China hat den Krieg gegen die Ukrai­ne nicht verur­teilt und setzt sich für Friedens­ver­hand­lun­gen ein. Es ist auch der erste Besuch, seit gegen Putin ein Haftbe­fehl wegen Kriegs­ver­bre­chen in der Ukrai­ne ergan­gen ist.

Auf diesen Haftbe­fehl des Inter­na­tio­na­len Straf­ge­richts­hofs in Den Haag ging der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj in seiner Video­an­spra­che gestern ein. Er sprach von einem Wende­punkt: Von nun an sei klar, dass Russland sich für seine Verbre­chen werde verant­wor­ten müssen. «Der böse Staat wird für jeden Terror­akt gegen Ukrai­ner zur Rechen­schaft gezogen werden», sagte Selen­skyj. Für sein Land ist heute der 390. Tag im Abwehr­kampf gegen die russi­sche Invasion.

Putin: Danke für «ausge­wo­ge­ne Haltung» Chinas

Vor dem Besuch aus China unter­strich Putin die Bedeu­tung der bilate­ra­len russisch-chine­si­schen Bezie­hun­gen. Sie seien noch nie so eng gewesen wie jetzt, schrieb Putin in einem Artikel für die Zeitung «Renmin Ribao» (Volks­zei­tung). Der Kreml veröf­fent­lich­te die russi­sche Fassung des Textes auf seiner Website.

Der Kreml­chef dankte «für die ausge­wo­ge­ne Haltung Chinas zu den Ereig­nis­sen in der Ukrai­ne». China gilt als enger Verbün­de­ter Russlands. Zugleich hat Peking sich weitge­hend an inter­na­tio­na­le Sanktio­nen gegen Moskau gehal­ten, um nicht selbst Ziel von Straf­maß­nah­men zu werden. Eine von Peking jüngst vorge­stell­te Friedens­in­itia­ti­ve wurde im Westen mit Enttäu­schung aufgenommen.

Xi Jinping schrieb diese chine­si­schen Vorstel­lun­gen in einem Artikel für die russi­sche Regie­rungs­zei­tung «Rossis­j­ka­ja Gaseta» fort. Bei einer Beile­gung des Ukrai­ne-Konflikts müssten die Ziele und Grund­sät­ze der UN-Charta beach­tet werden, erklär­te er. Dazu gehört die terri­to­ria­le Unver­sehrt­heit aller Staaten. Zugleich sagte Xi, den «vernünf­ti­gen Sorgen aller Staaten auf dem Gebiet der Sicher­heit» müsse Rechnung getra­gen werden. Alle Bemühun­gen um eine Lösung der ukrai­ni­schen Krise sollten unter­stützt werden. Wichtig sei, die Stabi­li­tät der globa­len Produk­ti­ons- und Liefer­ket­ten zu wahren.

Putin begrüß­te in seinem Artikel die Bereit­schaft Pekings, eine konstruk­ti­ve Rolle bei der Beile­gung des Konflikts zu spielen. Die beiden Staats­chefs sprachen sich für eine multi­po­la­re Weltord­nung aus, die nicht von einer Macht dominiert werde.

Selen­skyj: Russland wird sich verant­wor­ten müssen

Russland wird sich nach Worten Selen­sky­js für alle Verbre­chen im Krieg gegen die Ukrai­ne verant­wor­ten müssen. Es gehe um «Verant­wor­tung für jeden Angriff auf die Ukrai­ne, für jedes zerstör­te Leben, für jedes depor­tier­te ukrai­ni­sche Kind.» Der inter­na­tio­na­le Haftbe­fehl gegen Putin wegen der Verschlep­pung ukrai­ni­scher Kinder sei «ein wirklich bedeu­ten­des völker­recht­li­ches Ergeb­nis für die Ukrai­ne»: Von nun an sei klar, dass am Ende des Krieges Russland «die volle Bandbrei­te seiner Verant­wor­tung» überneh­men müsse, sagte der ukrai­ni­sche Präsident.

Die Kämpfe im Osten der Ukrai­ne gingen nach Angaben des ukrai­ni­schen General­stabs unver­än­dert heftig weiter. Die Stadt Bachmut im Donbass werde weiter vertei­digt. Dort seien mehre­re Sturm­an­grif­fe des Gegners abgewehrt worden.

Durch einen russi­schen Artil­le­rie­an­griff wurden nach Angaben ukrai­ni­scher Behör­den drei Zivilis­ten in einem front­na­hen Dorf im Gebiet Saporischschja getötet. Zwei Menschen seien verletzt worden. Den Angaben nach wurde das Wohnhaus im Dorf Kamjans­ke von Geschos­sen eines Mehrfach­ra­ke­ten­wer­fers Grad (Hagel) getrof­fen. Bei einem Unfall auf einem militä­ri­schen Übungs­ge­län­de nördlich von Kiew wurden vier ukrai­ni­sche Solda­ten getötet. Das teilte die Armee ohne Details mit.

Baerbock: Wir helfen mit Waffen, Geld und Wiederaufbauleistungen

Die deutsche Außen­mi­nis­te­rin Annale­na Baerbock sagte der Ukrai­ne unter­des­sen Unter­stüt­zung zu, solan­ge dies nötig sei. «Solan­ge Putin unschul­di­ge Menschen bombar­diert, die UN-Charta bricht und seine Truppen nicht zurück­zieht, versu­chen wir zu helfen, durch Unter­stüt­zung der Ukrai­ne Menschen­le­ben zu retten», sagte sie der Zeitung «Die Welt». Dies gesche­he «mit Waffen­lie­fe­run­gen, aber auch mit finan­zi­el­ler Hilfe, mit Medika­men­ten, beim Wieder­auf­bau etwa von Schul­ge­bäu­den oder der Wasser- und Strom­ver­sor­gung». Zwar sei klar, dass sich rein militä­risch auf Dauer kein Frieden und keine Freiheit schaf­fen lasse. «Aber solan­ge der russi­sche Präsi­dent der Ukrai­ne die Waffe an den Kopf hält, wären Verhand­lun­gen Erpres­sung», sagte sie.

Das wird heute wichtig

Der Besuch von Xi Jinping beginnt in der zweiten Tages­hälf­te. Laut Kreml­spre­cher Dmitri Peskow ist zunächst ein infor­mel­les Treffen und ein Essen der Staats­chefs im Format Tête-à-Tête vorge­se­hen. Am Diens­tag seien die offizi­el­len Gesprä­che der Delega­tio­nen geplant.

Die Außen- und Vertei­di­gungs­mi­nis­ter der EU-Staaten wollen über die weite­re Unter­stüt­zung der Ukrai­ne beraten. Bei dem Treffen in Brüssel soll es vor allem um die Beschaf­fung von Muniti­on gehen. Hinter­grund sind Sorgen, dass der Ukrai­ne bald Artil­le­rie­ge­schos­se und andere wichti­ge Muniti­ons­ty­pen fehlen könnten.