KIEW (dpa) — Der ukrai­ni­sche Präsi­dent besucht seine Solda­ten an der Ostfront der Ukrai­ne, macht ihnen Mut und verteilt Orden. Die zweit­größ­te Stadt der Ukrai­ne erfährt eine beson­de­re Ehrung. Die News im Überblick.

Der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj hat nach einem Besuch der Front­ge­bie­te im Osten des Landes von großem Leid, aber auch von Hoffnung, gespro­chen. Er hatte die Region um das umkämpf­te Bachmut und die Großstadt Charkiw besucht, um sich ein Bild von der Lage zu machen. An diesem Donners­tag soll Selen­skyj per Video zu einem EU-Gipfel, bei dem auch über den Ukrai­ne-Krieg beraten wird, zugeschal­tet werden.

Selen­skyj nach Front­be­such: Hoffnung ist zu spüren

«Es ist schmerz­haft, die Städte im Donbass zu sehen, über die Russland schreck­li­ches Leid und Ruinen gebracht hat», sagte Selen­skyj in seiner abend­li­chen Video­an­spra­che. Dort gebe es «stünd­li­che Luftan­griffs­si­re­nen, ständi­ge Bedro­hung durch Beschuss, eine ständi­ge Bedro­hung des Lebens». Doch trotz der schwe­ren Zerstö­run­gen und des Leids gebe es in diesen Gebie­ten Hoffnung. «Man kann sie spüren», sagte Selenskyj.

«Wir werden alles tun, damit die blauen und gelben Farben ihre Befrei­ungs­be­we­gung fortset­zen und das norma­le Leben in unser ganzes Land zurück­keh­ren kann, von Donezk bis zur Grenze», sagte er weiter unter Anspie­lung auf die Farben der ukrai­ni­schen Flagge.

Zugleich kündig­te Selen­skyj eine Antwort Kiews auf die jüngs­ten Angrif­fe Russlands auf ukrai­ni­sche Städte mit Kampf­droh­nen an. «Wir werden defini­tiv auf jeden Angriff der Besat­zer auf unsere Städte reagie­ren», sagte Selen­skyj. «Auf alle russi­schen Angrif­fe werden wir militä­risch, politisch und recht­lich reagieren.»

Bei russi­schen Angrif­fen in diver­sen Teilen der Ukrai­ne wurden am Mittwoch nach Angaben aus Kiew mindes­tens 14 Menschen getötet. Der Presse­dienst der ukrai­ni­schen Armee berich­te­te zudem von 24 Verletzten.

Selen­skyj besucht und ehrt «Helden-Stadt» Charkiw

Selen­skyj besuch­te am Mittwoch die Großstadt Charkiw im Nordos­ten des Landes und überreich­te Bürger­meis­ter Ihor Terechow die Insigni­en einer «Helden-Stadt der Ukrai­ne». Mit der Ehrung würdig­te Selen­skyj den Wider­stand der Bewoh­ner gegen russi­sche Angrif­fe im Vorjahr. «Charkiw ist eine echte Helden-Stadt», sagte Selen­skyj nach Angaben der Nachrich­ten­agen­tur Unian. «Dank der Bürger vertei­digt diese schöne Stadt zusam­men mit anderen Städten unsere Unabhängigkeit.»

Charkiw hatte gewis­ser­ma­ßen als Wellen­bre­cher die russi­schen Angrif­fe im äußers­ten Osten der Ukrai­ne in für beide Seiten verlust­rei­chen Kämpfen gestoppt. Im Mai wurden die russi­schen Verbän­de bei einer ukrai­ni­schen Gegen­of­fen­si­ve aus der unmit­tel­ba­ren Nähe der Stadt verdrängt. Während seines Besuchs verlieh Selen­skyj eine Reihe von Orden an die Vertei­di­ger der zweit­größ­ten Stadt der Ukrai­ne. Wenige Stunden zuvor hatte der ukrai­ni­sche Staats­chef in der Nähe der schwer umkämpf­ten Stadt Bachmut Orden an die dorti­gen Vertei­di­ger verteilt.

Kiew: Russi­sche Angrif­fe bei Bachmut abgewehrt

In Bachmut wehrten die Vertei­di­ger nach eigener Darstel­lung neue Angrif­fe russi­scher Truppen ab. Wie der General­stab in Kiew erklär­te, hatten russi­sche Einhei­ten versucht, die Zange um die Stadt von Norden und Süden zu schlie­ßen. «Der Gegner setzte seine Bemühun­gen fort, die Stadt zu erobern, und das mit erheb­li­chen Verlus­ten an Truppen und Waffen», schrieb der General­stab in Kiew auf Facebook in seinem tägli­chen Lagebe­richt. Inzwi­schen sei ein «Nachlas­sen des Angriffs­schwungs» der russi­schen Kräfte erkenn­bar gewor­den. Die Angaben konnten nicht unabhän­gig überprüft werden.

Bereits zuvor hatte das briti­sche Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um unter Berufung auf Geheim­dienst­er­kennt­nis­se von einer nachlas­sen­den Dynamik russi­scher Angrif­fe bei Bachmut berich­tet. Zudem hätten ukrai­ni­sche Truppen mit eigenen Vorstö­ßen für Entlas­tung gesorgt, hieß es.

Russland führt seit mehr als einem Jahr Krieg gegen das Nachbar­land Ukrai­ne. Zusam­men mit der bereits 2014 einver­leib­ten Schwarz­meer-Halbin­sel Krim hat Moskau insge­samt fünf ukrai­ni­sche Regio­nen völker­rechts­wid­rig annektiert.

Stolten­berg: Waffen­lie­fe­run­gen an die Ukrai­ne noch lange nötig

Nato-General­se­kre­tär Jens Stolten­berg schwor den Westen darauf ein, die Ukrai­ne noch lange mit Waffen für den Kampf gegen die russi­sche Invasi­on ausrüs­ten zu müssen. Der russi­sche Präsi­dent Wladi­mir Putin habe keine unmit­tel­ba­re Pläne für einen Frieden in der Ukrai­ne, sagte er der briti­schen Zeitung «Guardi­an». «Präsi­dent Putin plant nicht für den Frieden, er plant für mehr Krieg.» Deshalb müsse sich der Westen darauf einstel­len, Kiew noch lange Zeit mit Waffen zu versorgen.

IAEA alarmiert wegen Sicher­heit im AKW Saporischschja

Die Inter­na­tio­na­le Atomener­gie­be­hör­de (IAEA) warnt weiter vor einer gefähr­li­chen Lage im von russi­schen Truppen besetz­ten Atomkraft­werk Saporischschja in der Südukrai­ne. «Die nuklea­re Sicher­heit im Atomkraft­werk Saporischschja bleibt in einem prekä­ren Zustand», sagte IAEA-Chef Rafael Grossi am Mittwoch laut Mittei­lung seiner Organi­sa­ti­on. Er fügte hinzu: «Ich forde­re erneut ein Engage­ment aller Seiten, um die nuklea­re Sicher­heit und den Schutz des Kraft­werks zu gewährleisten.»

Das mit sechs Blöcken und einer Leistung von 6000 Megawatt größte Atomkraft­werk Europas steht nach dem russi­schen Einmarsch seit gut einem Jahr unter russi­scher Kontrol­le. Alle Reakto­ren sind inzwi­schen abgestellt und werden nur noch gekühlt und überwacht. Vorfäl­le mit Artil­le­rie­be­schuss hatten inter­na­tio­nal die Sorge vor einer Atomka­ta­stro­phe genährt.

Medwe­dew: Festnah­me Putins käme Kriegs­er­klä­rung gleich

Für Russlands frühe­ren Präsi­den­ten Dmitri Medwe­dew wäre eine Festnah­me von Wladi­mir Putin im Ausland infol­ge des Haftbe­fehls des Inter­na­tio­na­len Straf­ge­richts­hofs eine Kriegs­er­klä­rung an sein Land. Das sagte er in einem veröf­fent­lich­ten Inter­view der staat­li­chen Nachrich­ten­agen­tur Tass. «Stellen wir uns vor — natür­lich ist dies eine Situa­ti­on, die nie eintre­ten wird, ja — aber stellen wir uns vor, dass sie tatsäch­lich passiert ist. Ein amtie­ren­der Präsi­dent einer Atommacht kommt zum Beispiel nach Deutsch­land und wird verhaf­tet. Was ist das? Eine Kriegs­er­klä­rung an die Russi­sche Födera­ti­on», sagte Medwedew.

Gegen den Kreml­chef Putin besteht seit vergan­ge­ner Woche ein inter­na­tio­na­ler Haftbe­fehl wegen Kriegs­ver­bre­chen in der Ukrai­ne. Russland — und auch China — erken­nen die Zustän­dig­keit des Inter­na­tio­na­len Straf­ge­richts­hofs aber nicht an.

Prinz William besucht Solda­ten nahe Grenze zur Ukraine

Der briti­sche Thron­fol­ger Prinz William traf am Mittwoch zu einem Besuch in Polen ein. Er wolle dort briti­schen und polni­schen Militär­an­ge­hö­ri­gen danken, die an der Unter­stüt­zung für die Ukrai­ne betei­ligt seien, hieß es in einer Mittei­lung des Kensing­ton-Palasts am Abend. Der 40-Jähri­ge habe am ersten Tag des zweitä­gi­gen Besuchs einen briti­schen Militär­stütz­punkt in der Stadt Rzeszow nahe der Grenze zur Ukrai­ne besucht.

Was am Donners­tag wichtig wird

Die Staats- und Regie­rungs­chefs der EU-Staaten beraten an diesem Donners­tag über die weite­re Hilfe für die von Russland angegrif­fe­ne Ukrai­ne. Zum Auftakt des zweitä­gi­gen Gipfels in Brüssel soll es zudem einen Austausch mit UN-General­se­kre­tär António Guter­res geben.