DNIPRO/SAPORISCHJA (dpa) — Während immer mehr Waffen in der Ukrai­ne eintref­fen, zieht es den Präsi­den­ten gen Osten — Richtung Front. Nach dem Besuch beschos­se­ner Städte verlegt er auch die Lagebe­spre­chung in die Region. Der Überblick.

Der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj hat seine militä­ri­sche Lagebe­spre­chung mit dem General­stab außer­halb der Haupt­stadt Kiew abgehal­ten — nach eigenen Angaben zum ersten Mal. Die Lagebe­spre­chung fand demnach in der Indus­trie­stadt Dnipro statt, in der es viele Rüstungs­be­trie­be gibt. Unter­des­sen trafen aus dem Westen weite­re Waffen wie deutsche Leopard-Panzer in der Ukrai­ne ein, die das Land zur Rückerobe­rung der von Russen besetz­ten Gebie­te nutzen will.

Selen­skyj lässt sich über Lage an der Front informieren

«Wir haben die allge­mei­ne Situa­ti­on in den Front­ge­bie­ten bespro­chen, die Stärkung und den Schutz unserer Grenzen entlang der gesam­ten Front — vom Gebiet Cherson bis zum Gebiet Charkiw», sagte Selen­skyj am Montag in seiner tägli­chen Video­an­spra­che. Details zu den Ergeb­nis­sen der Sitzung nannte er nicht.

Zudem besich­tig­te der 45-Jähri­ge Saporischschja und die im Gebiet Dnipro­pe­trowsk liegen­den Städte Nikopol und Marha­nets, die häufig russi­schen Raketen­an­grif­fen ausge­setzt sind. «Heute haben in Saporischschja russi­sche Raketen Wohnge­bäu­de getrof­fen», sagte Selen­skyj. Diese seien in Flammen aufge­gan­gen und teilwei­se zerstört worden. Er warf Moskau erneut geziel­ten Terror gegen die Zivil­be­völ­ke­rung vor. «Aber unsere Solda­ten, die wir heute in Saporischschja besucht haben, wissen genau, was sie brauchen, um den Feind aus unserem Land zu vertreiben.»

Leopard-Kampf­pan­zer sind in der Ukraine

Benötigt werden insbe­son­de­re Waffen, wie Selen­skyj nicht müde wird zu betonen. Inzwi­schen haben die ukrai­ni­schen Streit­kräf­te zur Abwehr des russi­schen Angriffs auch 18 moder­ne Kampf­pan­zer Leopard 2A6 aus Deutsch­land erhal­ten. «Ja, wir haben die Leopard-Panzer gelie­fert, wie angekün­digt», sagte Bundes­kanz­ler Olaf Scholz (SPD) in Rotter­dam. Nach Angaben des Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­ums in Berlin kamen auch Muniti­on und Ersatz­tei­le sowie zwei Berge­pan­zer vom Typ Büffel und die in Deutsch­land ausge­bil­de­ten Besat­zun­gen in der Ukrai­ne an. Darüber hinaus sind 40 Marder-Schüt­zen­pan­zer bereits im Land.

«Unsere Panzer sind wie verspro­chen pünkt­lich in den Händen unserer ukrai­ni­schen Freun­de angekom­men. Ich bin mir sicher, dass sie an der Front Entschei­den­des leisten können», erklär­te Vertei­di­gungs­mi­nis­ter Boris Pisto­ri­us (SPD). Gemein­sam mit Schwe­den und Portu­gal habe die Bundes­re­gie­rung einen Gefechts­ver­band zugesagt. Pisto­ri­us sagte: «Um das einzu­lö­sen, hat Deutsch­land sogar vier Panzer mehr gelie­fert als zuerst geplant. Auf uns ist Verlass!»

In einem nächs­ten Schritt werden nach Angaben seines Minis­te­ri­ums nun ältere Kampf­pan­zer vom Typ Leopard 1A5 gelie­fert. Diese werden aktuell noch bei der deutschen Indus­trie instand­ge­setzt. Die Finan­zie­rung der Panzer­instand­set­zung erfolgt demnach durch Deutsch­land, Dänemark und die Nieder­lan­de. Ziel sei es, bis zum Sommer die ersten 25 Panzer bereit­zu­stel­len, bis Jahres­en­de etwa 80 und im Verlauf 2024 auf mindes­tens 100 Leopard 1A5 zu erhöhen.

Kiew bestä­tigt Eingang deutscher Schüt­zen­pan­zer Marder

Neben den Leopard-Panzern erhielt die Ukrai­ne auch andere Model­le westli­cher Länder. «Heute hatte ich die Ehre, zusam­men mit dem Chef der ukrai­ni­schen Luftlan­de­trup­pen, General­ma­jor Maxim «Mike» Myrho­rod­skyj, und unseren Fallschirm­jä­gern die Neuzu­gän­ge in unseren bewaff­ne­ten Einhei­ten zu testen: Den Challen­ger aus Großbri­tan­ni­en, Stryker und Cougar aus den USA und den Marder aus Deutsch­land», teilte der ukrai­ni­sche Vertei­di­gungs­mi­nis­ter Olexij Resni­kow am Montag auf der Facebook-Seite seiner Behör­de mit. Die neue Technik werde bereits vorher angelie­fer­ten Waffen­sys­te­men «gute Gesell­schaft auf dem Schlacht­feld leisten», zeigte er sich überzeugt.

Resni­kow bedank­te sich für die westli­che Waffen­hil­fe. Vor einem Jahr seien solche Anstren­gun­gen der Partner noch undenk­bar gewesen. Die gesam­te «zivili­sier­te Welt» leiste nun dem russi­schen Aggres­sor Wider­stand und werde der Ukrai­ne zum Sieg verhel­fen, schrieb er.

Selen­skyj und Grossi besuchen Saporischschja in Südukraine

Präsi­dent Selen­skyj und der Chef der Inter­na­tio­na­len Atombe­hör­de (IAEA), Rafael Grossi, besich­tig­ten am Montag ein Wasser­kraft­werk in Saporischschja. «Das Wasser­kraft­werk ist ein wesent­li­cher Bestand­teil des Systems, das die nuklea­re Sicher­heit des Kernkraft­werks Saporischschja aufrecht­erhält», schrieb Grossi auf Twitter. Selen­skyj habe ihm Schäden am Damm gezeigt. Die Männer disku­tier­ten darüber hinaus Maßnah­men zum Schutz des unter russi­scher Kontrol­le stehen­den, etwa 50 Kilome­ter entfern­ten Atomkraft­werks. Grossi will in den nächs­ten Tagen zum zweiten Mal seit dem Herbst in das von Russen besetz­te Gebiet um das herun­ter­ge­fah­re­ne Kernkraft­werk im Südos­ten der Ukrai­ne reisen.

Finnlands Nato-Beitritt rückt näher

Finnlands Regie­rungs­chefin Sanna Marin bedank­te sich am Montag bei Ungarn für die Ratifi­zie­rung des finni­schen Nato-Beitritts und machte sich auch für eine rasche Aufnah­me des Nachbarn Schwe­den stark. «Finnlands und Schwe­dens Nato-Mitglied­schaft stärken die Sicher­heit der ganzen Allianz», schrieb die Minis­ter­prä­si­den­tin kurz nach der Abstim­mung im ungari­schen Parla­ment auf Twitter. Es sei «im Inter­es­se aller», dass Schwe­den vor dem nächs­ten Nato-Gipfel im Juli in Litau­ens Haupt­stadt Vilni­us ebenfalls Mitglied der Allianz werde.

Zuvor hatten am Montag 182 ungari­sche Abgeord­ne­te für die Aufnah­me Finnlands in die Nato gestimmt, sechs dagegen. Damit steht nur noch die Zustim­mung der Türkei aus. Die Regie­rung in Ankara hatte nach langem Zögern jüngst angekün­digt, Finnlands Beitritt nicht länger blockie­ren zu wollen.

Was bringt der Tag

Am Diens­tag beginnt der diesjäh­ri­ge «Gipfel für Demokra­tie», ein von US-Präsi­dent Joe Biden vor zwei Jahren ins Leben gerufe­nes virtu­el­les Gipfel­tref­fen, bei dem auch die ukrai­ni­sche Seite vertre­ten sein wird. Der Krieg ist eines der wichtigs­ten Themen des inter­na­tio­na­len Gipfels.