KIEW (dpa) — Am Jahres­tag der Befrei­ung von Butscha geden­ken die Ukrai­ner der Opfer der kurzen russi­schen Besat­zungs­zeit des Kiewer Voror­tes. Präsi­dent Selen­skyj fordert Gerech­tig­keit. Die Nachrich­ten im Überblick.

Mit Blick auf die durch den russi­schen Angriffs­krieg verur­sach­ten Opfer und Zerstö­run­gen hat der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj für sein Land nachdrück­lich Gerech­tig­keit gefor­dert. «Gerech­tig­keit für unseren Staat, für all unsere Menschen, die wegen der russi­schen Aggres­si­on, wegen des Terrors der Besat­zer ihre Verwand­ten, ihre Freun­de, ihre Gesund­heit, ihr Zuhau­se und ihr norma­les Leben verlo­ren haben», sagte er am Freitag in seiner abend­li­chen Videoansprache

Selen­skyj: Tag der Gerech­tig­keit wird kommen

Selen­skyj hatte am Freitag im Kiewer Vorort Butscha mit inter­na­tio­na­len Gästen der Opfer der kurzen russi­schen Besat­zungs­zeit gedacht. Am Geden­ken nahmen die moldaui­sche Präsi­den­tin Maia Sandu und die Regie­rungs­chefs der Slowa­kei, Slowe­ni­ens und Kroati­ens — Eduard Heger, Robert Golob und Andrej Plenko­vic — teil.

Nach ihrem Einmarsch vor gut 13 Monaten erober­ten russi­sche Truppen Anfang März 2022 die Klein­stadt Butscha bei Kiew. Am 30. März zogen sie wieder ab. Drei Tage später sorgten veröf­fent­lich­te Bilder von gefes­sel­ten Leichen von Zivilis­ten inter­na­tio­nal für Entset­zen. Butscha gilt weltweit als Symbol für russi­sche Kriegsverbrechen.

Mit seinen Gästen hielt Selen­skyj am Nachmit­tag eine Konfe­renz von «United for Justi­ce» (Vereint für Gerech­tig­keit), bei der die Ukrai­ne Unter­stüt­zung für die Verfol­gung russi­scher Kriegs­ver­bre­chen sammeln will. «Und der Tag wird kommen, an dem die Welt hören wird, dass die Gerech­tig­keit für die Ukrai­ne wieder­her­ge­stellt wurde», kündig­te Selen­skyj an.

Selen­skyj über mögli­ches Kriegsende

Bei seinem Treffen mit den auslän­di­schen Staats- und Regie­rungs­chefs bekräf­tig­te Selen­skyj seine Vorstel­lung einer Friedens­lö­sung. Zunächst müsse ein Vertre­ter Russlands — wer auch immer das dann sein möge, wisse er nicht — alle Truppen kampf­los aus allen Gebie­ten der Ukrai­ne abzie­hen. «Dann beginnt das diplo­ma­ti­sche Format», wurde Selen­skyj von den ukrai­ni­schen Medien zitiert. Sollte die Ukrai­ne aber gezwun­gen sein, alle Russen mit Gewalt zu vertrei­ben, dann gebe es angesichts der vielen Opfer nichts zu reden. «Worüber sollte man dann mit solchen Menschen überhaupt sprechen?»

Selen­skyj wirft Russland Reali­täts­ver­lust vor

Die beabsich­tig­te Statio­nie­rung takti­scher Atomwaf­fen Russlands in Belarus ist für Selen­skyj ein Zeichen, dass das Treffen von Kreml­chef Wladi­mir Putin und Chinas Staats­chef Xi Jinping nicht von Erfolg gekrönt war. «Man hätte Russland einen Sinn für Reali­tät aufzei­gen müssen, den das Land unter Präsi­dent Putin völlig verlo­ren hat», zitier­te die «Ukrajins­ka Prawda» Selen­skyj. Putin hatte Xi in der Vorwo­che in Moskau empfan­gen. Zudem habe Belarus’ Macht­ha­ber Alexan­der Lukaschen­ko jede Eigen­stän­dig­keit verlo­ren, meinte Selen­skyj. «Er entschei­det, glaube ich, nicht mehr, welche Waffen sich auf seinem Terri­to­ri­um befinden.»

Putin hatte zuletzt vor dem Hinter­grund starker Spannun­gen mit dem Westen infol­ge des Ukrai­ne-Kriegs angekün­digt, takti­sche Atomwaf­fen in der benach­bar­ten Ex-Sowjet­re­pu­blik Belarus zu statio­nie­ren. Er begrün­de­te die Statio­nie­rung damit, dass die USA seit Jahren Ähnli­ches in Europa täten.

UN warnen vor atoma­rer Eskalation

Nach der russi­schen Ankün­di­gung zur Statio­nie­rung von Atomwaf­fen in Belarus warnten die Verein­ten Natio­nen vor einer Eskala­ti­on. «Alle Staaten müssen Maßnah­men vermei­den, die zu Eskala­tio­nen, Fehlern oder Fehlein­schät­zun­gen führen könnten», sagte die UN-Beauf­trag­te für Abrüs­tungs­fra­gen, Izumi Nakamit­su, am Freitag vor dem UN-Sicher­heits­rat in New York. Auch müsse der Vertrag über die Nicht­ver­brei­tung von Kernwaf­fen einge­hal­ten werden.

Kiew: Russland greift erneut zivile Ziele an

Die ukrai­ni­sche Militär­füh­rung warf den russi­schen Streit­kräf­ten vor, sich erneut auf zivile Ziele zu konzen­trie­ren. «Nachdem der Feind auf dem Schlacht­feld nicht die gewünsch­ten Ergeb­nis­se erzielt hat, fährt er fort, die Zivil­be­völ­ke­rung unseres Landes zynisch zu terro­ri­sie­ren», hieß es im abend­li­chen Lagebe­richt des ukrai­ni­schen General­stabs am Freitag. Unter anderem seien die Stadt Saporischschja sowie andere Orte mit ballis­ti­schen Raketen angegrif­fen worden. Mindes­tens sechs sogenann­te Kamika­ze-Drohnen seien von der ukrai­ni­schen Flugab­wehr abgeschos­sen worden. Die Angaben konnten nicht unabhän­gig geprüft werden.

Die russi­schen Boden­trup­pen setzten nach Angaben der Genera­li­tät in Kiew ihre Angrif­fe bei Awdijiw­ka, Marjin­ka und Bachmut im Osten des Landes fort. Russi­sche Truppen versuch­ten demnach weiter, die seit Monaten schwer umkämpf­te Stadt Bachmut vollstän­dig unter ihre Kontrol­le zu bringen.

Ukrai­ne setzt «intel­li­gen­te» Bomben ein

Als Teil der Militär­hil­fe aus dem Westen stehen der ukrai­ni­schen Luftwaf­fe jetzt sogenann­te intel­li­gen­te Bomben zur Verfü­gung. «Wir haben jetzt Bomben, die sich JDAM nennen», sagte Luftwaf­fen­spre­cher Juri Ihnat am Freitag im Fernse­hen. JDAM (Joint Direct Attack Muniti­on) sind im Prinzip in den USA entwi­ckel­te Rüstsät­ze für herkömm­li­che Bomben, die durch ein Naviga­ti­ons­sys­tem zu hochprä­zi­sen Waffen werden. «Diese Bomben sind zwar etwas weniger leistungs­fä­hig, dafür aber außer­or­dent­lich treff­si­cher», sagte Ihnat. «Wir hätten gerne mehr von diesen Bomben, um an der Front erfolg­reich zu sein.»

Das wird am Samstag wichtig

Im Osten der Ukrai­ne sind neue Kämpfe zu erwarten.